Jede zweite Operation wird verschoben

„Bedankt euch bei den Impfgegnern“

Donnerstag, 13. Januar 2022 | 11:15 Uhr

Bozen – Reinhold Perkmann, Primar der Abteilung für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Krankenhaus in Bozen, ist verbittert. „Wir sind es, die jeden Tagen Patienten mitteilen müssen, dass die Operation verschoben wurde – und wir sind nicht einmal in der Lage, einen zweiten Termin zu bestimmen“, erklärt der Arzt gegenüber der italienischen Tageszeitung Alto Adige.

Laut Perkmann finden derzeit 40 bis 50 Prozent der Eingriffe nicht am geplanten Termin statt. Chirurgen müssten oftmals in die Rolle des Psychologen schlüpfen und hätten die unangenehme Aufgabe, die Patienten zu beruhigen. Oft verschiebt sich eine OP um fünf bis sieben Wochen.

Die Reaktionen der Patienten fallen unterschiedlich aus. Einige verstehen, dass Corona immer noch oberste Priorität hat. Andere beschweren sich.

Sämtliche chirurgischen Abteilungen leiden unter der Situation – von der Gynäkologie bis hin zur Neurochirurgie. Von 13 OP-Sälen am Bozner Spital sind laut Perkmann nur mehr sieben in Betrieb.

Schuld an der Situation sind die Covid-19-Patienten, die Betten blockieren. Außerdem sind bislang 541 Mitarbeiter wegen des Verstoßes gegen die Impfpflicht suspendiert. Die Omikron-Variante erschwert die Situation zusätzlich: 250 weitere Mitarbeiter haben sich mit dem Coronavirus infiziert.

Der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs, Florian Zerzer, sieht es ähnlich wie der italienische Premier Mario Draghi: Durch die Zirkulation des Virus geraten die Krankenhäuser erneut unter Druck – vor allem wegen der ungeimpften Bevölkerung. „Diejenigen, deren lang erwarteter Eingriff verschoben wird, können sich bei den Impfgegnern bedanken“, erklärt Zerzer.

Auch landesweit wird im Schnitt eine Operation von zwei verschoben. Dringende Fälle werden zwar vorgezogen, trotzdem gibt es Schwierigkeiten, Eingriffe noch am selben Tag durchzuführen. Laut Perkmann funktioniert die Organisation der OPs glücklicherweise gut. „Unter den Kollegen herrscht große Zusammenarbeit und wir unterstützen uns gegenseitig“, berichtet Perkmann. Jeder lege große Flexibilität an den Tag.

Bereits die Eingriffe für die Einheimischen bedeuten eine große Herausforderung. Für zusätzliche Belastung sorgen die Touristen, die sich bei einem Skiunfall verletzt haben oder plötzlich an einer anderen Erkrankung leiden.

Zwar ist es zu kurzen Verschnaufpausen gekommen, doch auch nach zwei Jahren zehrt die Pandemie nach wie vor an den Kräften der Mitarbeiter im Sanitätsbetrieb – und vorerst scheint es, kein Licht am Ende des Tunnels zu geben.


Datenquelle: Commissario straordinario per l'emergenza Covid-19 del Governo Italiano | Open Data su consegna e somministrazione dei vaccini anti COVID-19 in Italia.
Der Prozentwert der Geimpften bezieht sich auf die Gesamtbevölkerung. Die Boosterimpfung wird getrennt angezeigt.

Von: mk

Bezirk: Bozen