Wenn Paare Eltern werden

Die frühe Elternschaft: Glück und Tränen rund um die Geburt

Mittwoch, 19. Oktober 2016 | 14:16 Uhr

Bozen – Wenn Paare Eltern werden ist das fast immer oder sehr häufig ein sehnsüchtig erwartetes Ereignis. Mütter und Väter entwickeln ihre Träume über ihre Zukunft als Familie. Sie stellen sich vor, wie sie als Mutter und Vater sein werden. Jeder entwickelt sich sein individuelles Bild zum erwartenden Baby. Als Fachpersonen werden die Mitarbeiter der Familienberatung fabe (in Bozen, Meran, Schlanders, Bruneck und St. Ulrich) häufig damit konfrontiert, wie sensibel, krisen- und konflikthaft die Zeit der frühen Elternschaft sein kann.

Die Geburt des Kindes ist einerseits für viele Paare ein heiß ersehntes Ereignis und doch passiert es, dass sich dann das Gefühl des Glücks einfach nicht einstellen will. Mütter verzweifeln an ihre Lieblosigkeit ihrem Kind gegenüber und Väter können nur mit Unverständnis daneben stehen. Es gibt viele junge Eltern, die diese Zeit gut überstehen und sicher in die neue Identität hineinwachsen. Es gibt aber auch Paare, die Begleitung brauchen.

Ehen und Beziehungen scheitern, weil sie genau an diesem Schnittpunkt zerbrechen, und Kinder sind in Not und fallen in der Gesellschaft auf, weil diese erste Phase des Lebens leidvoll war und in ihnen nicht das Gefühl entstehen konnte, willkommen zu sein – obwohl seine Eltern sich so gefreut haben auf sie. Die postpartale Krise zum Beispiel (darunter auch die die postpartale Depression der Mütter) trifft junge Familien und ist eine tiefe Not für alle Beteiligten. Sie ist nicht nur hormonell abhängig, sondern auch von psychosozialen Faktoren.

Elternschaft ist zunehmend eine private Angelegenheit geworden und es wird nicht dem Rechnung getragen, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Eltern werden oftmals alleingelassen. Die Gesellschaft verlangt, dass Mütter und Väter in diesem Prozess „ihrer Geburt als Mutter oder Vater“ keine Hilfe benötigen. Dass die Geburt glücklich macht, wird vorausgesetzt. Über erlebte Erschöpfung, Traurigkeit, Angst, Unsicherheit, für das Baby nicht sorgen zu können, wird tabuisiert.

Es ist ein großer Druck für Eltern, wenn sie merken den gesellschaftlichen Erwartungen nicht gerecht zu werden. Eltern müssen sich mit der neuen Identität als Mutter und Vater auseinandersetzen. Dabei brauchen sie ab und zu auch Beratung und Begleitung von Psychologinnen und Psychologen oder Psychotherapeutinnen und -therapeuten.

In der psychologischen Arbeit mit neugeborenen Müttern und auch Vätern kann die Frage sein: Wie kann ich mich als Mutter wirksam erleben, wie kann ich mich gewachsen fühlen, das Baby zu versorgen, es zu füttern, dass es wachsen und gedeihen kann? Kann ich mich dem Baby emotional zuwenden, wie kann ich mein Baby beruhigen, wie kann ich es verstehen lernen? Was kann ich meinem Kind geben? Warum freue ich mich nicht über mein Baby? Wie kann ich das Baby in seiner Bedürftigkeit und Befindlichkeit wahrnehmen und beantworten? Wenn die Mitarbeiter sich diesen Themen zuwenden, erfüllen sie als Beratungsstelle einen wichtigen klinisch und therapeutischen Auftrag für die jungen Familien.

Der präventive Aspekt in dieser Arbeit mit Familien in Krise ist hier wesentlich. Eine nicht verarbeitete Krise in dieser sensiblen Zeit stört eine gesunde Entwicklung des Kindes, weil nicht wirkliche Bindung angeboten werden kann.

Von: mk

Bezirk: Bozen