Aiut Alpin über zunehmende Einsätze wegen mangelnder Vorbereitung

In Sandalen auf den Berg: Leichtsinnigkeit in den Alpen nimmt zu

Mittwoch, 10. Juli 2024 | 09:39 Uhr

Von: luk

Bozen – „Ehrlich gesagt, hat es mich nicht überrascht, die Bilder eines Vaters mit seinem Kind im Arm und einer Mutter, die ein weiteres Kind an der Hand hält, ohne Sicherheitsausrüstung auf einem Klettersteig zu sehen. Heutzutage erlebt man alles Mögliche.“ Hubert Moroder, technischer Direktor des Aiut Alpin Dolomites, kommentiert so das seit zwei Tagen kursierende Video von einem ausgesetzten Klettersteig in den Dolomiten im Fassatal. Es zeigt ein Paar auf dem anspruchsvollen Klettersteig “Bepi Zac” in Trentino, ohne die nötige Ausrüstung. Glücklicherweise kam es zu keinem Unfall, doch das leichtsinnige Verhalten sorgt für Diskussionen.

1.100 Einsätze pro Jahr

„Wir führen im Durchschnitt etwa 1.100 Einsätze pro Jahr durch, gleichmäßig verteilt auf Sommer und Winter“, erklärt Moroder gegenüber der Zeitung Alto Adige. „In der Hochsaison kommen wir auf acht bis zehn Einsätze pro Tag, vermehrt auch durch Unfälle mit Motorrädern und Fahrrädern. Für unser Team ist das sehr stressig.“ Trotz sorgfältiger Abwägung der Notwendigkeit eines Hubschraubereinsatzes entscheidet sich der Aiut Alpin Dolomites meist für sofortige Hilfe, um Leben zu retten. „Viele steigen in Turnschuhen und T-Shirts auf 3.000 Meter, obwohl schlechtes Wetter vorhergesagt wurde, oder starten eine Skitour am späten Nachmittag, ohne die einbrechende Dunkelheit zu beachten”, bemängelt der erfahrene Retter.

Moroder nennt zwei jüngste Beispiele: „Am Sorapiss haben wir zwei Filipinos aus einer tiefen Schlucht gerettet, weil sie vom Weg abgekommen waren. Ein komplizierter Einsatz mit einer 70-Meter-Winde. Am Boè haben wir zwei deutsche Mädchen gerettet, die bei ihrem Trekking von München nach Venedig in ein heftiges Gewitter geraten waren. Wir mussten die Rettung in der Nacht abbrechen und konnten sie erst am nächsten Tag sicher bergen.“

Die Kosten der Rettungseinsätze

„Es gibt viele Fälle“, sagt Giorgio Gajer, Präsident des Bergrettungsdienstes CNSAS, „in denen wir gesetzlich verpflichtet sind, bei jedem Wetter und zu jeder Zeit zu helfen – auch wenn die Wanderer in Sandalen aufgestiegen sind. Die Rettungskräfte riskieren oft ihr Leben, um Menschen, die unvorbereitet und ohne Ausrüstung in die Berge gehen, zu retten.“ Die Kosten sind erheblich: Eine Minute Hubschraubereinsatz kostet 140 Euro, ein Einsatz dauert durchschnittlich 35 Minuten und kostet somit 4.900 Euro. Diese Kosten trägt der nationale Gesundheitsdienst für italienische Staatsbürger; für Ausländer übernehmen das die Versicherungen. Es wird oft gefordert, dass die Betroffenen selbst zahlen sollten, doch dies wird selten umgesetzt.”

Moroder und Gajer betonen die Wichtigkeit, dass sich Touristen besser auf die Herausforderungen der Bergwelt vorbereiten, um Unfälle und riskante Rettungsaktionen zu vermeiden.

Bezirk: Bozen