Vollständiger Bericht liegt vor

Jugend, Corona und Psyche in Südtirol 2025: Pandemie wirkt nach

Dienstag, 09. September 2025 | 13:48 Uhr

Von: mk

Bozen – Mehr als 9.000 Eltern und über 2.500 Jugendliche haben im Frühjahr 2025 an der vierten COP-S-Erhebung („Corona und Psyche in Südtirol“) des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen teilgenommen. Jetzt liegt der vollständige Bericht vor. Globale Krisen, schulischer Druck und die exzessive Nutzung von Digital Media sind die prägenden Faktoren, die das psychische Befinden junger Menschen in Südtirol beeinflussen.

Aussagekraft der Daten

Im März und April 2025 nahmen mehr als 9.000 Eltern von Schülerinnen und Schüler zwischen sechs und 19 Jahren und über 2.500 Jugendliche im Alter von elf bis 19 Jahren anonym und online an der vierten COP-S-Umfrage des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen teil.

Die Datengrundlage ist breit und repräsentativ für die Situation an Südtirols Schulen.

Prägende Einflussfaktoren

Laut Studie bestimmten im Schuljahr 2024/25 drei Faktoren das psychische Befinden von Kindern und Jugendlichen: die Wahrnehmung globaler Probleme, schulischer Druck und die exzessive Nutzung von Digital Media.

Ist Corona noch relevant?

Die COVID-19-Pandemie wirkt nach – wenngleich in abgeschwächter Form. Rund 13 Prozent der Jugendlichen geben an, dass Corona noch immer eine Rolle für sie spielt. Eltern berichten zu 34 Prozent von eigener anhaltender Belastung. „Corona ist nicht mehr das beherrschende Thema, aber für eine Minderheit nach wie vor ein Belastungsfaktor“, unterstreicht Dr. Verena Barbieri, Biostatistikerin und Leiterin der COP-S-Erhebungen des Instituts.

Insgesamt zeigt die Studie Positives: Die allgemeine mentale Belastung ist seit 2021 zurückgegangen, depressive Symptome treten seltener auf.

Anzeichen für psychische Probleme

Fast 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen zeigen laut COP-S-Studie 2025 Hinweise auf seelische Belastungen. Stark betroffen sind Kinder von Alleinerziehenden, Jugendliche mit Migrationshintergrund und jene, die sich durch globale Krisen belastet fühlen. Hinweise auf Angststörungen und psychosomatische Beschwerden bleiben konstant hoch.

Hinweise auf Angststörungen

Seit der COP-S-Erhebung im Jahr 2021 liegt der Anteil Jugendlicher mit Anzeichen von Angststörungen bei rund 28 Prozent. Einen Rückgang im Vergleich zu 2021 gibt es nicht.

Digital Media als Risikofaktor

Die Erhebung zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen exzessiver Nutzung digitaler Medien und psychischen Belastungen. Fast 35 Prozent der Oberschülerinnen und -schüler schlafen weniger als acht Stunden pro Nacht. Zudem verstärken Digital Media problematische Körperbilder und setzen Jugendliche unter Druck, bestimmten Idealen zu entsprechen.

Belastung durch Schule

Der schulische Druck stellt eine zentrale Belastung dar: 18 Prozent der Kinder von sechs bis zehn Jahren und 38 Prozent der Jugendlichen fühlen sich laut Eltern bzw. in der Selbstbeurteilung stark belastet. „Kinder, die sich in der Schule stark unter Druck fühlen, weisen deutlich häufiger Hinweise auf seelische Probleme auf als Kinder, die diesen Druck nicht spüren“, erläutert Dr. Barbieri.

Unterschiede zwischen Schulen

Jugendliche an italienischsprachigen Schulen berichten öfter von psychosomatischen und emotionalen Problemen sowie von problematischer Internetnutzung, also einem digitalen Verhalten, das mit psychischen Belastungen oder Schwierigkeiten im Alltag einhergeht. An den deutschsprachigen Schulen zeigen sich häufiger Hinweise auf Hyperaktivität. An den ladinischen Schulen fallen vor allem Schwierigkeiten im sozialen Miteinander der Schüler:innen auf.

Gesundheitskompetenz

Das Gesundheitswissen vieler Schülerinnen und Schüler ist oft schwach ausgeprägt. Viele tun sich schwer, verlässliche Informationen zu Gesundheitsthemen zu erkennen. Daraus ergibt sich ein klarer Bildungs- und Unterstützungsbedarf.

Schlussfolgerungen aus der Studie

Die Studie macht deutlich, dass Jugendliche vor allem verlässliche Ansprechpersonen benötigen. „Prävention sollte in Hinkunft fest in Südtirols Schulalltag verankert sein – nicht als zusätzliche Pflicht, sondern als Teil eines gesunden Lern- und Lebensumfelds, im engen Zusammenspiel mit der allgemeinmedizinischen Versorgung“, betont Univ.-Prof. Dr. Christian Wiedermann, Forschungskoordinator des Instituts.

Bezirk: Bozen

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