Von: ka
Bozen/Barcelona – Ungläubig blickte letztes Wochenende nicht nur Südtirol, sondern ganz Europa nach Katalonien. Bestürzt musste mit angesehen werden, wie stark vermummte Polizeikräfte auf wehrlose Männer und Frauen einschlugen, die anlässlich des vom spanischen Verfassungsgerichtshof für illegal erklärten katalanischen Unabhängigkeitsreferendums vor und in den improvisierten Wahllokalen auf ihre Stimmabgabe warteten.
Der spanische Ministerpräsident Rajoy, der das harte Durchgreifen befohlen hatte, mag sich auf die Verfassung und richterliche Urteile berufen, hat aber die Macht der Bilder weit unterschätzt. Bilder und Videos blutender Frauen und älterer Menschen gingen um die Welt und sorgten für Entrüstung und Entsetzen. Außerdem treibt die Polizeigewalt den Unabhängigkeitsbefürwortern weitere Menschen zu, während die jahrelange Trägheit und Untätigkeit des spanischen Staates offen zutage tritt.
Kann der Konflikt zwischen Madrid und Barcelona noch eingedämmt werden, oder kommt es zu einer Eskalation der Gewalt? Angesichts des „Blutigen Sonntags“ sollte, wenn schon nicht offiziell gewünscht, die Europäische Union wenigstens im Hintergrund vermittelnd tätig werden und beide Seiten zur Mäßigung aufrufen. Katalanen und Spanier müssen schnell wieder an einem Tisch zusammenkommen, bevor sich die Gewaltspirale erneut in Bewegung setzt.
Madrid wie Barcelona sollten dabei den Spanischen Bürgerkrieg, in dem das Land vor 80 Jahren steckte, vor Augen haben. Ein Krieg, dessen Wunden bis heute nicht ganz verheilt sind und nun erneut aufbrechen.
Spanier und Katalanen haben sich völlig verrannt, nun ist die EU gefragt.