Buch um Mordfall Neumair erschienen

„Madè war der Schlüssel“

Sonntag, 15. Januar 2023 | 12:15 Uhr

Bozen – Benno Neumair ist wegen des Mordes an seinen Eltern zur Höchststrafe verurteilt worden. Doch der Fall ist damit noch nicht vom Tisch: Ende Februar soll die Urteilsbegründung vorliegen und die Verteidigung wird wahrscheinlich in Berufung gehen. Der italienische Journalist Matteo Macuglia, der für die Fernsehsendung „Quarto Grado“ berichtet, hat unterdessen im Buch „Il male dentro“ den Mordfall verarbeitet, der weit über Südtirol hinaus Interesse erregte.

Facebook/Landesfeuerwehrverband Südtirol

Am 4. Jänner 2021 sind die pensionierten Lehrpersonen Laura Perselli (68) und Peter Neumair (63) plötzlich verschwunden. Beide galten als angesehenes Paar der gehobenen Mittelschicht in Bozen. Ihr erstgeborener Sohn Benno hat ein gewinnendes Lächeln, doch mit seiner kühlen Art, seiner Eitelkeit und der etwas holprigen Arbeitsbiographie strahlt er auch eine düstere Aura aus. Daneben gibt es die vorbildhafte Tochter Madè, die im Ausland Karriere gemacht hat.

Alto Adige – archiv

All das geschieht in einer Stadt wie Bozen, in der jeder nach außen hin sein Image pflegt und wo Unangenehmes gern unter Verschluss gehalten wird.

Was wie die idealen Zutaten eines Thrillers klingt, ist bittere Realität. Nachdem Benno Neumair versucht hatte, die Ermittler mit falschen Fährten in die Irre zu führen, legte er irgendwann ein Geständnis ab. Er habe seine Eltern in deren Wohnung mit einem Seil erdrosselt – im Streit und damit im Affekt, wie die Verteidigung zunächst behauptete. Das Gericht hat zuletzt allerdings geurteilt, dass der 32-Jährige bei beiden Morden – die kurz nacheinander stattgefunden haben – voll zurechnungsfähig gewesen sei.

Die Suche nach den Leichen der Eltern, die Benno Neumair nach der Tat in die Etsch geworfen hat, dauerte Monate. Im Gerichtssaal wird unterdessen über mehrere Gutachten um die Frage einer möglichen Geisteskrankheit und den Einfluss von Persönlichkeitsstörungen gerungen.

Neben diesen dramatischen Wendungen war laut Macuglia die Anteilnahme an dem Fall auch deshalb so groß, weil es sich bei den Opfern um zwei Personen wie viele andere handelte. Das Ehepaar war bekannt und gut in seinem Umfeld integriert. Die Beziehung schien harmonisch und die nähere Umgebung war den beiden wohlwollend gesinnt. Gleichzeitig hätten viele Benno Neumair zunächst keinen Mord zugetraut – vor allem, wenn man ihn von seinen Videos auf Youtube kannte, wie er sich mit gestähltem Körper präsentierte.

Macuglia war der letzte Journalist, der mit dem 32-Jährigen gesprochen hatte. Doch in seinem Buch räumt er einen Teil den Opfern in diesem Mordfall ein. „Die journalistische Berichterstattung hat sich vor allem auf Benno konzentriert. Mir erschien es richtig, auch die Erinnerung an die Eltern hochzuhalten“, erklärt Macuglia.

Ein besonderer Stellenwert gebührt seiner Ansicht nach auch Madè Neumair. „Eine hübsche, äußerst sanftmütige junge Frau, die im Ausland wohnt und die sofort verstanden hat, dass etwas nicht stimmt“, erklärt Macuglia gegenüber italienischen Medien. Ihre Hartnäckigkeit sei ein wesentliches Element gewesen.

„Sie war es, die in Art eines Detektivs die Ermittlungen maßgeblich beeinflusst hat. Wäre Madè nicht gewesen, hätte die Untersuchung möglicherweise einen anderen Verlauf genommen“, ist sich Macuglia sicher.

ANSA/GNEWS

Am 5. Jänner hat Madè verstanden, dass sie ihr Bruder am Telefon belogen hatte. Er war nicht – wie behauptet – am Ritten gewesen, sondern bereits im Appartement in Bozen. Von da an war ihr Bruder für sie der Hauptverdächtige. Sie rief bei den Carabinieri an und lieferte ihnen genau jene Hinweise, die dazu beitrugen, dass bei der Untersuchung keine Zeit verloren ging und sich die Ermittlungen auf eine einzige Person konzentrierten.

Ihren Hinweisen sei es auch zu verdanken, dass die Carabinieri Blutspuren von Peter Neumair auf der Brücke in Pfatten sicherstellen konnten, so der Journalist

Von: mk

Bezirk: Bozen