Von: mk
Bozen – Am 17. Jänner 2023 tagte das Netzwerk psychischer Gesundheit Südtirol erstmals nach der Covid-19-Krise wieder in persönlicher Zusammenkunft in Bozen. Die scheidenden Koordinatorinnen Verena Perwanger und Bettina Meraner konnten einen beeindruckenden Tätigkeitsbericht liefern. Seit seiner Gründung 2018 hat das Netzwerk eine unabhängige Kinderpsychiatrie mit kompetenter fachlicher Leitung erreicht sowie ein Konzept zur Flüchtlingsbetreuung verabschiedet und in Bozen und Brixen umgesetzt.
Es konnte auch eine geeignete fachliche Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigung quer über das ganze Land errichten. In Meran wurde 2021 ein vollkommen neues Team zur Behandlung von Essstörungen unter der Leitung von Margit Coenen aufgebaut. In Bozen wurde im April 2022 das Tageszentrum für Essstörungen Villa Eea eröffnet. Es schließt eine Wohngemeinschaft für Patienten aus dem ganzen Land ein. Die schwerste Belastungsprobe aber meisterte das Netzwerk am Beginn der Coronakrise durch die Gründung der Einsatzleitung PSYHELP.
Sie dient bis heute dazu, die psychosozialen Folgen der Coronakrise abzufedern. Dazu ist ein Geflecht von 35 Organisationen entstanden, die im Verlauf von drei Jahren mehr oder weniger intensiv kooperierten. Die Notfallpsychologie des Netzwerks baute unter Erwin Steiner ein 24 Stunden-Krisentelefon auf, das Mitarbeitern des Sozial- und Gesundheitswesens und Einsatzkräften, aber auch der Allgemeinbevölkerung zur Verfügung stand und sogar von Anrufern aus anderen Regionen Norditaliens genutzt wurde. Für Bedienstete in Covid-Einheiten entstanden Verhaltensempfehlungen, wie sie mit Stress und Angst umgehen könnten. Innerhalb weniger Wochen wurde die Webseite www.dubistnichtallein.it geschaffen, die allen Interessierten einfache Handlungsweisen gegen Angst, Erschöpfung, Grübeln, Schlaflosigkeit, Aggressivität und Suchtverhalten beibrachte, und im Falle des Scheiterns dieser Vorkehrungen auf Angebote für den Notfall, klinische Dienste oder Beratungseinrichtungen verwies – und bis heute verweist.
Der Bevölkerung wurden günstige und Mut machende Verhaltensweisen als Antwort auf schwierige Gefühle und Situationen über alle Medien immer wieder durch Sabine Cagol und Roger Pycha nahegelegt. Die Mitarbeiter im Psycho-Bereich wurden angewiesen, ihre Patienten und Klienten aktiv telefonisch aufzusuchen und fortgesetzt zu betreuen. Eine Umleitung der Patienten von den überlasteten psychologischen Diensten zu Psychiatrien und Familienberatungsstellen fand statt, zusätzliche Psychologenstellen wurden eilig geschaffen und besetzt.
Im Augenblick der Bewältigung dieser Krise drängen jetzt andere Anliegen nach vorne. Alle Organisationen des Netzwerks haben einen Bereitschaftsdienst während ihrer Öffnungszeiten errichtet, und das psychologische Krisentelefon soll eine dauerhafte Einrichtung werden. Die landesweite Versorgung von Personen mit Autismus wurde geplant und bereits teilweise verwirklicht. Auch die Kooperation mit dem seit 2017 wieder aktiven Netzwerk Suizidprävention wurde verstärkt. Aktuell wird diskutiert, wie eine Psy-App Südtirol den Zugang zu psychiatrischen und psychologischen Angeboten erleichtern kann, wie die Zusammenarbeit mit den Familienberatungsstellen – das sind sechs verschiedene Organisationen in Südtirol – vereinheitlicht werden kann, wie man sich vor Mobbing und Bossing auch innerhalb der Psy-Dienste selbst besser schützen kann, wie man zu mehr Sozialwohnungen und Fachkräften der Rehabilitation kommt, wie der Welttag psychischer Gesundheit endlich unter die Ägide des Netzwerks gestellt werden kann.
Bei der Wahl der neuen Koordinatoren – eine Wiederwahl der bisherigen ist durch die Geschäftsordnung ausgeschlossen, um Rotation zu erzwingen – entfielen alle 13 Stimmen auf die neue Primaria der Kinderpsychiatrie, Dr. Donatella Arcangeli, und zwölf Stimmen auf Dr. Andreas Huber, den Chef des Psychologischen Dienstes Bruneck. Beide sind die Hauptautoren des Autismus-Versorgungsplanes für unser Land. Damit bestimmen zwei sehr engagierte und erfahrene Fachleute die Ausrichtung des Netzwerks psychischer Gesundheit Südtirol für die kommenden zwei Jahre. Sanitätsdirektor Dr. Josef Widmann hat bei dieser Gelegenheit dem Netzwerk sein höchstes Kompliment ausgesprochen – er will es aufgrund seines Erfolges als feste Einrichtung im Gesundheitsbetrieb etablieren.