Von: mk
Bozen – In den letzten Monaten wurde die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) immer wieder von Ratsuchenden kontaktiert, die sich erkundigten, ob eine sogenannte „Long Term Care“ (LTC) Versicherung für sie sinnvoll und notwendig ist. Die Frage, ob eine private LTC-Versicherung zur Pflegeabsicherung in Südtirol tatsächlich die richtige Wahl darstellt, ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Was ist eine Long Term Care Versicherung?
Eine LTC-Versicherung deckt Kosten ab, die bei dauerhafter Pflegebedürftigkeit entstehen, etwa für Pflege zu Hause oder in Einrichtungen. Die Auszahlung erfolgt meist in Form einer monatlichen Rente, sobald eine vollständige und dauerhafte körperliche Unfähigkeit diagnostiziert wird. Pflegebedürftig ist man, wenn man mindestens drei bis vier grundlegende Aktivitäten des täglichen Lebens nicht mehr selbstständig ausführen kann, wie Waschen, Essen, Bewegen oder Ankleiden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten deshalb wissen, dass die Versicherung erst bei sehr schlechtem Gesundheitszustand zahlt, also erst bei vollständigem Verlust der Selbstständigkeit.
Herausforderungen und Risiken privater LTC-Versicherungen
Es gibt keinen gesetzlichen Tarif- oder Kündigungsschutz. Das bedeutet, dass die Versicherungsunternehmen die Prämien nicht nur altersbedingt anpassen dürfen, sondern auch von einem Tag auf den anderen erhöhen können. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass die Versicherung den Vertrag ohne Angabe von Gründen kündigt. Dieses Problem ist bereits von den sogenannten Sanitätsversicherungen bekannt, bei denen in der Vergangenheit Prämienerhöhungen und gleichzeitig eine Verschlechterung der Versicherungsbedingungen beobachtet wurden. Ohne einen gesetzlichen Schutz für die Verbraucherinnen und Verbraucher fehlt laut VZS somit jene verlässliche Sicherheit, die für eine langfristige Pflegeabsicherung unerlässlich wäre.
Aktuelle Situation in Südtirol
Das öffentliche Pflegesystem in Südtirol bietet derzeit eine umfassende finanzielle Unterstützung für Pflegebedürftige, sowohl durch die Auszahlung von Pflegegeld als auch durch Zahlungen an Pflegeeinrichtungen. Zudem sind die Renten aktuell noch vergleichsweise hoch, weshalb die Verbraucherzentrale Südtirol die Notwendigkeit privater Long Term Care (LTC) Versicherungen gegenwärtig als nicht zwingend erachtet. Allerdings wird sich diese Situation in Zukunft voraussichtlich verändern. Demografische Entwicklungen sowie steigende Pflegekosten werden das öffentliche Versorgungssystem zunehmend belasten. Infolgedessen könnten private LTC-Versicherungen künftig eine sinnvolle Möglichkeit darstellen, um Angehörige finanziell zu entlasten.
Forderungen an die Politik
Es fehlen gesetzlichen Rahmenbestimmungen, um die Versicherten vor willkürlichen Kündigungen und Prämienerhöhungen zu schützen – eine Forderung, die die VZS bereits im Zusammenhang mit den sogenannten Sanitätsversicherungen gestellt hat. Es brauche Lösungen auf nationaler Ebene, die den Schutz der Versicherten erhöhen, finanziell tragbar sind und auch Menschen mit Vorerkrankungen berücksichtigen.
Das Fazit der Verbrauchschützer: „Private LTC-Versicherungen können eine sinnvolle Ergänzung zur öffentlichen Pflegeabsicherung sein, insbesondere für jene, die sich gegen hohe Pflegekosten absichern können und wollen. Allerdings sind sie derzeit in Südtirol noch nicht zwingend notwendig und bergen Risiken wie fehlenden Kündigungs- und Tarifschutz. Eine umfassende politische Lösung, die finanzielle Tragbarkeit, Schutz der Verbraucher und gesellschaftliche Verantwortung verbindet, ist dringend erforderlich, um Pflegebedürftigkeit nachhaltig und gerecht abzusichern.“
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