Von: apa
Die Zahl der erfassten “Hate Crimes” ist im Vorjahr deutlich angestiegen. 6.786 vorurteilsmotivierte Straftaten registrierte die Polizei laut dem Hate-Crime-Bericht für 2024, das sind rund 20 Prozent mehr als 2023 (5.668). Das häufigste Motiv war erneut die Weltanschauung, hier gab es mit 45 Prozent mehr Nennungen auch den stärksten Anstieg. 2024 wurde dieses Motiv 3.935 Mal dokumentiert. Die Aufklärungsquote bei Hate Crimes blieb mit 67 Prozent in etwa gleich hoch.
Insgesamt wurden laut dem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Innenministeriums 7.614 Vorurteilsmotive dokumentiert, kann eine Tat doch mehrere Motive haben. Nach der Weltanschauung war die nationale bzw. ethnische Herkunft (1.581 Mal) das häufigste Motiv, darauf folgten die Religion (763), die Hautfarbe (417) und die sexuelle Orientierung (317). Letztere kam 2024 zu 29 Prozent seltener als Motiv vor als noch 2023. Auch finden sich unter den Motiven 238 Mal das Geschlecht, 136 Mal der soziale Status, 125 Mal Behinderungen und 102 Mal das Alter.
Verstoß gegen Verbotsgesetz häufigstes Delikt
Unter den häufigsten Delikten finden sich Verstöße gegen das Verbotsgesetz (2.952 Motive), gefolgt von Sachbeschädigungen (1.396), Körperverletzungen (661), Verhetzungen (599) und gefährlichen Drohungen (506). 1.619 Personen – 63 Prozent davon Männer – wurden Opfer von gewaltbezogener Hasskriminalität. Dominantes Motiv war dabei die nationale bzw. ethnische Herkunft.
Bei den Tatverdächtigen handelte es sich – verglichen mit der Gesamtzahl aller Tatverdächtigen – wie in den Jahren zuvor häufiger um Minderjährige. Mit 86 Prozent waren die meisten Tatverdächtigen außerdem Männer – das ist mehr als bei der Gesamtkriminalität (78 Prozent Männer). Vergleichsweise gering ist der Anteil ausländischer Staatsbürger an den Tatverdächtigen – bei den Hate Crimes sind es 26 Prozent, bei der Gesamtkriminalität 47 Prozent. So waren beispielsweise bei drei von fünf Straftaten mit frauenfeindlichen Motiven Österreicher tatverdächtig. Nur bei Alters- und Muslimfeindlichkeit war die Anzahl österreichischer und ausländischer Tatverdächtiger nahezu ausgeglichen.
Viertel der Hate Crimes finden im Internet statt
Relativ zur Wohnbevölkerung gab es in Salzburg, Wien und Kärnten die meisten Vorurteilsmotive, die wenigsten im Burgenland. Ein Viertel fand im öffentlichen Raum, etwa sieben Prozent im Privaten statt. Der private Raum überwiegt aber etwa bei frauenfeindlichen Delikten. Das Motiv “Trans” wurde vor allem im öffentlichen Raum begangen und hier wurden vor allem Körperverletzungen (10 VM), gefährliche Drohungen und Sachbeschädigungen registriert. Bei “Divers/Inter” waren es vor allem Verhetzungen (6 VM).
Der häufigste Tatort mit knapp 2.000 Vorurteilsmotiven war das Internet – bei drei Viertel davon handelte es sich um Verstöße gegen das Verbotsgesetz. Auch jedes zweite rassistische Motiv wurde online verzeichnet. Unter den antireligiösen Hasspostings waren zwei Drittel antisemitisch und ein Drittel antimuslimisch.
“Die jüngsten Fälle des im März 2025 aufgedeckten Netzwerks zeigen auch, wie schnell Hetze zu realer Gewalt eskalieren kann”, warnte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einem Vorwort zum Bericht. Bei einer Razzia waren damals mehrere Personen festgenommen worden, die ihre Opfer – Homosexuelle, denen sie fälschlicherweise Pädophilie unterstellten – ausgeraubt, verletzt und erniedrigt haben sollen. Auf der anderen Seite werde “die Wirkung der langjährigen bundesweiten Schulungen und der systematischen Ermittlungs- und Präventionsarbeit der Polizei sichtbar”, so Karner. Homophobe Motive werden laut Bericht weitaus am stärksten registriert und bestehen – ähnlich wie bei Bisexualität – zu mehr als einem Viertel aus Körperverletzungen.
Hate Crimes werden seit 2020 gesondert erfasst, den Jahresbericht dazu gibt es seit 2022. Einbezogen werden Straftaten, deren polizeiliche Ermittlungen abgeschlossen sind.
Nationaler Aktionsplan bereits beschlossen
Als Reaktion auf die Übergriffe im Frühjahr hat der Nationalrat einen Nationalen Aktionsplan gegen Hate Crimes beschlossen. Bereits seit Jahren eine Forderung der SPÖ drängt deren Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner angesichts der heute vom BMI veröffentlichten Zahlen auf rasche Umsetzung: “Wir können nicht ignorieren, dass Hassverbrechen seit Jahren steigen. Jeder Mensch hat ein sicheres und selbstbestimmtes Leben verdient!”, wird er in einer Aussendung zitiert. Großen Handlungsbedarf sieht er auch hinsichtlich der hohen Dunkelziffer von nicht angezeigten Hassverbrechen. Deshalb müsse der Fokus des Nationalen Aktionsplans auch auf den Bereichen der Prävention und der Vertrauensbildung gegenüber der Exekutive liegen.
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