Von: apa
Ein 39-jähriger Grazer hat sich am Dienstag im Grazer Straflandesgericht wegen versuchten Mordes und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten müssen. Der Mann soll im Drogenrausch mit einem Sportbogen zwei Pfeile auf seine im Bett liegende Freundin geschossen haben. Er bestritt eine Tötungsabsicht und meinte, er habe sich von ihr bedroht gefühlt. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.
Der Angeklagte ist seit mehreren Jahren suchtgiftabhängig und hatte das spätere Opfer, es gehört ebenfalls dem Drogenmilieu an, erst wenige Tage vorher kennengelernt. Beide hatten im September des Vorjahres in seiner Wohnung unterschiedliches Suchtgift zusammen mit weiteren Bekannten konsumiert. Danach gingen sie schlafen. Mitten in der Nacht sei der Beschuldigte dann aufgewacht und habe sich laut Staatsanwältin Ines Eichwalder noch einen “Schuss Crystal Meth” gesetzt, um danach seinen Sportbogen zu putzen. “Waffen in Kombination mit Drogenkonsum ist meiner Ansicht nach eine sehr schlechte Idee. Das Opfer musste das büßen”, so Eichwalder.
Pfeil drang bis ins Herz vor
Der erste Schuss traf die 42-Jährige im Bereich der Niere und drang bis ins Herz vor. Der zweite Schuss ging durch die Schulter und drang über die Wange in den Kopf ein. “Das Opfer trug lebensgefährliche Verletzungen davon und hatte Glück, denn der Pfeil hatte eine Tamponadenfunktion. Dadurch trat das Blut nicht sofort aus”, schilderte die Anklägerin in ihrem Eröffnungsplädoyer.
Während der Angeklagte sich nach den Schüssen davonmachte und die Wohnung absperrte, konnte das Opfer eigenen Angaben zufolge mit den Füßen das Mobiltelefon erreichen und den Notruf wählen. “Bitte helfen Sie mir, ich sterbe”, war am Dienstag beim Vorspielen des Notrufs im Gerichtssaal zu hören. Die Einsatzkräfte konnten sie mit Mühe finden, da sie selbst keine Angaben zu ihrem Standort geben konnte. Eine Not-Operation rettete ihr das Leben.
Pannenfahrer gab entscheidenden Tipp
Nach dem Angeklagten wurde gefahndet. Er baute mit seinem Wagen einen Unfall in der Südsteiermark und nahm die Hilfe eines ÖAMTC-Mitarbeiters in Anspruch. Dieser gab den Beamten dann den entscheidenden Tipp. Der Polizeihubschrauber entdeckte den Wagen des Verdächtigen nahe Fehring. Der Beschuldigte wollte sich aber nicht stellen. Daher schoss der 39-Jährige auch aus einer Schreckschusspistole und einer Schrotpistole. Als er auf die Beamten zielte, wurde er mehrfach von den Polizisten angeschossen. Selbst am Boden liegend leistete er noch Widerstand. Er überlebte seine schweren Verletzungen.
Der Angeklagte gestand bei der Verhandlung die Schüsse auf die Frau, gab aber an, dass sie ihn bedroht und er daher aus Angst mit dem Bogen auf sie geschossen habe. “Sie wachte auf und fragte nach Koks, aber wir hatten keines mehr. Sie drehte durch und nahm ein Messer. Da habe ich reagiert und schoss den ersten Pfeil”, sagte er. Zum zweiten Schuss konnte er keine genauen Angaben machen. Laut seinem Verteidiger sei er ja vom Drogencocktail völlig benebelt gewesen. “Ich habe nicht auf den Kopf, ich habe auf die Schulter gezielt”, beteuerte der mehrfach vorbestrafte 39-Jährige aber.
Opfer soll sich Pfeil selbst weiter hineingeschoben haben
Der erste Schuss habe die Frau in der Nierengegend getroffen, so der Beschuldigte. Sie habe diesen selbst noch weiter in sich hineingeschoben, meinte er. Er will sie nach dem zweiten Schuss noch gefragt haben, ob er den Notruf wählen soll, doch sie habe ihn weggeschickt. Er habe ihr das Mobiltelefon hingelegt und sei davon. In einer Art Abschiedsnachricht an seine Mutter sprach der 39-Jährige schon vom Tod der Frau und schilderte die Situation ganz anders. Der Richtersenat hielt ihm diese SMS vor. Der Beschuldigte konnte darauf wenig sagen.
Das Opfer schilderte, dass es geschlafen hatte, als es zum ersten Mal getroffen wurde. Sie wachte auf und er zielte abermals auf sie. “Er hat gegrinst, als er geschossen hat”, gab sie an. Ein Messer habe sie nicht in der Hand gehabt und sie habe sich den Pfeil an der Flanke auch nicht selbst weiter hineingeschoben: “Ich bin ja nicht der Hulk.” Sie habe auch nicht nach Kokain verlangt: “Ich hatte 1.000 Euro und hätte mir selber eines kaufen können.” Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt und dann dürfte auch das Urteil fallen.
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