Von: mk
Innsbruck – Nachwachsende tropische Wälder erreichen nach 20 Jahren fast 80 Prozent der Fruchtbarkeit, Kohlenstoffspeicherung und Baumvielfalt von Urwäldern. Das zeigt eine internationale Studie, an der Florian Oberleitner vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck beteiligt war.
Tropische Wälder werden mit einer alarmierenden Geschwindigkeit abgeholzt. Die gerodeten Flächen dienen meist der Landwirtschaft oder Weidehaltung und werden nach kurzer Zeit wieder aufgegeben. Auf dem verlassenen Land kann der Wald auf natürliche Weise nachwachsen und sogenannten Sekundärwald bilden. Eine Studie, die diese Woche in Science veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich nachwachsende Tropenwälder überraschend schnell erholen und nach 20 Jahren fast 80 Prozent der Bodenfruchtbarkeit, Kohlenstoffspeicherung und Baumvielfalt von Urwäldern erreichen können. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass natürliche Regeneration eine kostengünstige und naturbasierte Lösung für den Klimaschutz, den Erhalt der biologischen Vielfalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen darstellt.
Ein internationales Team von Tropenökologen analysierte die natürliche Regeneration in 77 Landschaften und über 2200 Waldparzellen im tropischen Amerika und Westafrika. Dabei prüften sie insgesamt zwölf Waldattribute – Eigenschaften, die auf den Zustand des Waldes hinweisen, wie zum Beispiel Bodenfruchtbarkeit, Artenvielfalt und Biomasse.
Viele kurzfristige und globale Vorteile
Co-Autor Florian Oberleitner von der Arbeitsgruppe Funktionelle Ökologie an der Universität Innsbruck untersuchte in Zusammenarbeit mit Peter Hietz von der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) Wälder im Südwesten Costa Ricas und trug diese Datensätze zur Studie bei. Oberleitner erklärt: „Wir haben analysiert, wie die Erholung verschiedener Waldattribute miteinander zusammenhängt. Wir fanden heraus, dass die maximale Baumgröße, die strukturelle Vielfalt und der Baumartenreichtum sehr geeignet sind, um zu messen, wie gut der Wald sich erholt. Baumgröße und -vielfalt lässt sich über große Flächen und Zeiträume mittels Fernerkundung überwachen.“
Die schnelle Erholung von abgeholzten Flächen deutet darauf hin, dass es viele kurzfristige Vorteile einer natürlichen Regeneration tropischer Wälder gibt. Projektleiter Lourens Poorter von der Universität Wageningen in den Niederlanden sagt: „Nachwachsende Wälder bedecken weite Gebiete und können zu lokalen und globalen Zielen für die Wiederherstellung von Ökosystemen beitragen. Sie bieten globale Vorteile für den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel und die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie viele andere Dienstleistungen für die lokale Bevölkerung, wie Wasser, Brennstoff, Holz und andere Waldprodukte. Waldattribute erholen sich allerdings mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit. Die Bodenfruchtbarkeit ist dabei am schnellsten. In weniger als zehn Jahren hat sie 90 Prozent der Werte des Urwaldes erreicht. Pflanzenfunktion braucht dafür bis zu 25 Jahre, Struktur und Artenvielfalt erholt sich in 25 bis 60 Jahren. Am langsamsten ist die oberirdische Biomasse und Artenzusammensetzung, die über 120 Jahre brauchen kann.“
Urwälder müssen weiterhin geschützt werden
Die Forscherinnen und Forscher sehen in der natürlichen Regeneration einen kostengünstigen und naturbasierten Lösungsansatz, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen (2020–2030), der UN-Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels (Cop 26) und der Biodiversitätskonvention (Cop 15) einzuhalten.
„Die lokale und globale Bedeutung von Sekundärwäldern macht sie sehr schützenswert“, sagt Oberleitner. „Es gibt allerdings kein Wundermittel für ihre Wiederherstellung, und es kann erforderlich sein, die Regeneration aktiv zu unterstützen. Die optimale Lösung hängt von den örtlichen Bedingungen, der Bevölkerung und ihren Bedürfnissen ab. Auch müssen alte Wälder weiterhin dringend geschützt werden, da sie zum Beispiel den nachwachsenden Wald mit Samen versorgen und der Lebensraum vieler einzigartiger Pflanzen- und Tierarten sind.“
Diese Arbeit wurde unter anderem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Europäische Union finanziell unterstützt.