Von: APA/dpa
Bei verheerenden Erdbeben im Osten Afghanistans sind nach Angaben der herrschenden Taliban mehr als 800 Menschen ums Leben gekommen. Das gab der Sprecher der Taliban, Sabihullah Mudschahid, bei einer Pressekonferenz bekannt. Mehr als 2.800 Menschen seien zudem verletzt worden. Zahlreiche Menschen seien noch unter Trümmern gefangen. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte das erste Erdbeben eine Stärke von 6,0.
Demnach ereignete es sich gegen Mitternacht an der Grenze zu Pakistan in einer Tiefe von acht Kilometern. Es folgten mehrere Nachbeben.
“In den am stärksten betroffenen Gebieten wurden ganze Dörfer zerstört, während heftige Regenfälle und Überschwemmungen vor dem Erdbeben einen Großteil der Berggebiete unzugänglich gemacht haben”, berichtete die Organisation International Rescue Committee (IRC). “Wir sind zutiefst besorgt über die zusätzliche Belastung, die diese Katastrophe für die gesamte humanitäre Hilfe in Afghanistan mit sich bringen wird.” Die Organisation Save the Children, die nach eigenen Angaben bereits vor dem Erdbeben in den betroffenen Regionen aktiv war, kündigte an, weitere Gesundheitsteams in die am stärksten betroffenen Gebiete der Region Kunar zu entsenden.
Bevölkerung leistet Nothilfe
Auch die Caritas berichtete von Zerstörungen in schwer zugänglichen Gebieten. Bisher leiste die lokale Bevölkerung die erste Nothilfe. Dorfbewohner schildern ihre verzweifelte Lage: “Unsere Häuser sind zerstört, und wir brauchen jede Hilfe, die uns die Menschen bieten können”, so ein Anrainer zu dem afghanischen Nachrichtensender Tolonews. Papst Leo XIV. äußerte sich laut Kathpress betroffen und bete “tieftraurig” für die Seelen der Verstorbenen, für die Verletzten und die Vermissten, hieß es in einem Beileidsschreiben aus dem Vatikan.
Irans Regierung stellte schnelle Unterstützung für das Nachbarland in Aussicht. Teheran sei bereit, bei den Hilfs- und Rettungsmaßnahmen in den betroffenen Gebieten sofort zur Seite zu stehen, sagte Außenamtssprecher Ismail Baghai laut einer Mitteilung seines Ministeriums.
Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif bekundete sein Beileid: “Angesichts der Berichte, die bestätigen, dass Hunderte von Menschenleben verloren gegangen sind und Dörfer zerstört wurden, sind unsere Gedanken bei den Opfern und ihren Familien”, schrieb er auf X.
Erdbeben trifft geschundenes Land
Immer wieder gibt es schwere Erdbeben in der Region, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen. Bei einer Erdbebenserie am 7. Oktober 2023 kamen in Afghanistan nach Angaben der UNO mehr als 1.500 Menschen ums Leben, viele weitere wurden verletzt. 2022 starben in dem Land am Hindukusch bei einem Beben nach Taliban-Angaben mehr als 1.000 Menschen.
Angesichts des jahrzehntelangen Konflikts und der oft schlechten Bausubstanz sind viele Häuser in Afghanistan nicht sonderlich stabil. Erdbeben richten daher oft große Schäden an. Gleichzeitig hat Afghanistan nach Jahrzehnten der Kriege und Konflikte kaum Ressourcen, um die Folgen solcher Katastrophen aufzufangen.
Erdstoß in nur acht Kilometern Tiefe
Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS lag das Zentrum des Bebens 27 Kilometer von Dschalalabad, der Hauptstadt von Nangarhar, entfernt. Es ereignete sich demnach in nur acht Kilometern Tiefe – Erdbeben in geringer Tiefe verursachen oft erhebliche Schäden.
Auf das Beben folgten laut USGS mindestens fünf Nachbeben, darunter eins der Stärke 5,2. Die Provinz Nangarhar war in der Nacht auf Samstag bereits von Überschwemmungen heimgesucht worden, bei denen mindestens fünf Menschen ums Leben kamen.
Spendenaufrufe in Österreich
“Nur zwei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben im Herbst 2023 wird eine der ärmsten Regionen wieder von einem katastrophalen Beben erschüttert”, sagte Gerald Schöpfer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK). Seit den ersten Stunden seien Mitarbeitende des Afghanischen Roten Halbmondes (ARCS) in den betroffenen Gebieten im Einsatz, um mit den lokalen Behörden Verschüttete zu bergen und Verletzte zu betreuen. Auch die lokale Caritas-Partnerorganisation koordinierte Hilfsmaßnahmen. Besonders dringend benötigt würden Trinkwasser, Nahrungsmittel, medizinische Versorgung und Notunterkünfte, so Andreas Knapp, Generalsekretär für Internationale Programme der Caritas Österreich. “Die Katastrophe trifft Menschen, die ohnehin schon wenig haben”, betonte er.
Teams von UNICEF arbeiten mit lokalen Partnern und anderen UNO-Organisationen zusammen, um die Auswirkungen in den am stärksten betroffenen Gebieten zu erfassen, hieß es von UNICEF Österreich. Die Opferzahlen würden derzeit überprüft. “Der Schwerpunkt liegt auf der Identifizierung dringendster Prioritäten in den Bereichen Gesundheit, sauberes Wasser, Sanitärversorgung, Kinderschutz, Notunterkünfte und psychosoziale Unterstützung für betroffene Kinder und Familien.”
CARE: Frauen und Mädchen besonders gefährdet
“Viele Straßen sind blockiert, unsere Teams müssen vier bis fünf Stunden zu Fuß gehen, um Überlebende zu erreichen”, berichtete Graham Davison, CARE-Länderdirektor in Afghanistan. “Besonders besorgt sind wir um Frauen und Mädchen. Ihr Zugang zu lebensrettenden Dienstleistungen ist durch anhaltende Einschränkungen stark begrenzt – in einer Katastrophe wie dieser sind sie daher besonders gefährdet. Das Erdbeben treffe ein Land, das ohnehin schon unter einer massiven humanitären Krise leidet. “Fast die Hälfte der Bevölkerung – rund 23 Millionen Menschen – ist bereits auf Unterstützung angewiesen. Dennoch sind die internationalen Hilfsprogramme derzeit nur zu 28 Prozent finanziert.”
Ganze Dörfer in den Distrikten Chawki und Noorgul wurden zerstört, hieß es von World Vision Österreich. An Nothilfe werde es vor allem Notunterkünfte brauchen, da der Winter in wenigen Monaten bevorsteht.
(S E R V I C E – Spendenaufrufe:
Österreichisches Rotes Kreuz – IBAN: AT57 2011 1400 1440 0144 – BIC: GIBAATWWXXX – Erste Bank: BLZ 20.111 – Kennwort: Katastrophenhilfe oder online unter https://wir.roteskreuz.at/erdbeben-afghanistan-2025
Caritas Österreich – IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560 – Kennwort: “Katastrophenfonds” – www.caritas.at/erdbeben-afghanistan
UNICEF Österreich – https://unicef.at/informieren/hilfsprojekte/asien/afghanistan/
CARE Österreich – IBAN: AT77 6000 0000 0123 6000 oder https://care.at/checkout/spende-katastrophenhilfe/
World Vision Österreich Katastrophenhilfe – Erste Bank – IBAN: AT22 2011 1800 8008 1800 )
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