"Wir müssen draußen bleiben"

Immer mehr Restaurant in Italien setzen auf die “Kein-Kind-Politik”

Mittwoch, 03. September 2025 | 08:20 Uhr

Von: idr

Rom – Was in den Vereinigten Staaten bereits weit verbreitet ist, hält nun auch in Italien Einzug: Gastronomiebetriebe, die bewusst junge Gäste ausschließen. Doch während solche Konzepte jenseits des Atlantiks kaum für Diskussionen sorgen, spaltet das Thema die italienische Gesellschaft. Nun äußern Experten ihre Bedenken, denn so einfach wie in den USA ist es in Europa nicht.

Den Anstoß für die aktuelle Debatte lieferte ein Vorfall in Milano Marittima, einem beliebten Badeort an der Adria. Die Betreiber eines dortigen Strandlokals verweigerten einer Familie mit fünfjährigem Sohn den Zutritt. Der empörte Vater wandte sich daraufhin an italienische Medien und betonte: „Unser Sohn ist es gewohnt, am Tisch sitzen zu bleiben, er stört nicht, braucht keinen Hochstuhl, und wir hatten nie Probleme – auch nicht in Sternerestaurants.“

Wirte verteidigen Altersgrenzen

Die Restaurantinhaber zeigten sich unbeeindruckt von der Kritik. Seit Jahren empfangen sie ausschließlich Kinder ab zehn Jahren: „Unsere Gäste entscheiden sich für unser Lokal, weil sie Ruhe haben wollen.“ Man bediene eben nur ein „bestimmtes Klientel – so wie andere hier auch“, rechtfertigen sie ihre Geschäftspraktik. Aus demselben Grund lehnen die Gastronomen auch Geburtstagsfeiern oder Junggesellenabschiede ab. „Sie stören die ruhige Atmosphäre. Wir verzichten auf viel Geld, um unser Restaurant zu schützen.“

Mattia Missiroli, Bürgermeister der Gemeinde Cervia, reagierte empört auf die Praxis: „Ein Lokal muss öffentlich zugänglich sein, auch für Kinder, es sei denn, es gibt konkrete Gründe für Einschränkungen.“ Das Verhalten schade dem Image des Badeortes, der für alle offen sein sollte.

Auch in der „Osteria del Sole“ in Bologna verfolgt man die Kein-Kind-Politik: Ein unmissverständliches Schild am Eingang zeigt das Zutrittsverbotssymbol mit einer stilisierten Mutter und Kinderwagen. Besonders die Kinder italienischer Eltern seien immer wieder unangenehm aufgefallen, berichtet Inhaber Nicola Spolaore, weshalb er sich zu der Maßnahme gezwungen sah. Auch in der „Fraschetta del Pesce“ findet sich ein solches Schild aus demselben Grund.

Rechtliche Grauzone

Rechtsanwalt Elia Ceriani stellte gegenüber der Fachzeitschrift „La Cucina Italiana“ klar: „Kindern den Zutritt zu einem Restaurant zu verwehren, ist nicht legal. So wie ein Gastronom einem Kunden den Eintritt nicht aufgrund seiner Kleidung verweigern darf, darf er es auch nicht wegen des Alters tun.“ Die Angaben seien daher nicht bindend, selbst wenn der Wirt es ausweist.

Der Trend erfasst auch die Hotellerie. Immer mehr Betriebe werben gezielt mit der Kein-Kind-Politik. Buchungsportale bieten mittlerweile ausschließlich erwachsenenfreundliche Unterkünfte an. Auch wenn die Angaben nicht bindend sind, ist es dennoch fraglich, ob Eltern in ein Etablissement einkehren, das ihnen so unfreundlich gegenüber ist.

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