Von: apa
Immer mehr Menschen sind kurzsichtig. Das beginnt fast immer in der Kindheit. Vor allem das Eintropfen von Atropin-Lösungen galt bisher als mögliches Gegenmittel. Eine polnische Studie hat gezeigt, dass Spezialbrillengläser bei Kindern eine bessere Wirkung besitzen. Auch in Asien, wo die Kurzsichtigkeit von Kindern in den vergangenen Jahrzehnten besonders stark zugenommen hat, sind die Brillen schon mit gutem Erfolg untersucht worden.
“Der weltweite Anstieg der Kurzsichtigkeit im Kindesalter unterstreicht die Notwendigkeit wirksamer Behandlungsstrategien. Die Studie vergleicht die Wirksamkeit von DIMS-Brillengläsern (Defocus Incorporated Multiple Segments-Brillengläser, Anm.) mit der von 0,01-prozentigen Atropin-Augentropfen zur Verlangsamung des Fortschreitens der Kurzsichtigkeit bei europäischen Kindern”, schrieben Emilia Wnekowicz-Augustyn von der Universitätsklinik für Augenheilkunde von Katowice in Polen und ihre Co-Autoren.
Prognosen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 rund die Hälfte aller Menschen weltweit eine Myopie (Kurzsichtigkeit) durch ein zu großes Längenwachstum des Auges aufweisen werden. Der Startpunkt liegt zumeist in der Kindheit. Weniger Zeit im Freien und im Gegensatz dazu viel Zeit in Innenräumen, vor Bildschirmen und beim Lesen gelten als größte Risikofaktoren. Relativ gut untermauert ist eine bremsende Wirkung von täglichen Atropin-Tropfen (0,01 Prozent; 0,025 Prozent oder 0,05 Prozent) zur Verlangsamung der Myopie-Entstehung in der Kindheit.
Defokus-Gläser
In den vergangenen Jahren kamen auch sogenannte DIMS-Brillengläser hinzu. Während der Mittelteil der Gläser ein scharfes Sehen ermöglicht, sind rundherum und somit peripher Defokus-Segmente angeordnet, welche das Licht vor der Netzhaut fokussieren. “Es wird angenommen, dass Licht, das vor der Netzhaut fokussiert wird, das Augenwachstum hemmt, während Licht, das hinter der Netzhaut fokussiert wird, es zum Längenwachstum stimulieren kann”, schrieben die polnischen Ophthalmologen im “British Medical Journal Open” (https://bmjophth.bmj.com/content/10/1/e002329).
In der neuen Studie wurden die Gläser bei 110 polnischen Kindern im Alter zwischen sechs und 16 Jahren ohne andere Augenerkrankungen erprobt. Per Zufall erhielt eine Gruppe (A) Einstärkenbrillen und jeden Abend 0,01-prozentige Atropin-Augentropfen, die andere Gruppe (B) die DIMS-Brillengläser und Placebo-Augentropfen. Alle sechs Monate wurde die Sehschärfe gemessen.
Die Ergebnisse sprechen für die Spezialbrillengläser. “Nach zwölf Monaten betrug die mittlere Längenzunahme des Auges in Gruppe A (mit den Atropin-Tropfen; Anm.) 0,19 Millimeter, in Gruppe B (Spezial-Brillengläser; Anm.) hingegen 0,11 Millimeter”, stellten die Wissenschafter fest. Bei den Sechs- bis Elfjährigen zeigte sich mit einer Verlangsamung der Myopie-Entwicklung um etwa die Hälfte der größte Effekt. Unter den Zwölf- bis 16-Jährigen war er schwächer. Die Wirkung wurde auch bei den Linsenstärken registriert, die zum Ausgleich der Kurzsichtigkeit notwendig waren.
Besonders wirksam bei Sechs- bis Elfjährigen
“Zusammenfassend lässt sich sagen, dass DIMS-Brillengläser in dieser Probandengruppe, insbesondere bei Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren, eine überlegene Wirksamkeit gegenüber 0,01-prozentigem Atropin bei der Kontrolle des Fortschreitens der Myopie zeigten. Diese Ergebnisse bestätigen den Einsatz von DIMS-Linsen als wirksame Maßnahme zur Myopiekontrolle bei kaukasischen Bevölkerungsgruppen”, stellten die Wissenschafter fest.
Laut einer im vergangenen Jahr im “British Journal of Ophthalmology” erschienenen Studie dürften im Jahr 2025 wahrscheinlich schon 40 Prozent der Heranwachsenden über fünf Jahren kurzsichtig sein. 2023 hatten bereits 36 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine Myopie. In Japan waren es 1990 bis 2023 sogar rund 85 dieser Altersgruppe.




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