Von: mk
Bozen – Seit 2019 läuft an der Freien Universität Bozen ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, in dem das Phänomen des Rachepornos erstmals in Italien in all seiner Komplexität untersucht wird. Über eine Online-Erhebung will das Forschungsteam nun besser verstehen, welche Faktoren das Risiko auf psychologischer und auf Verhaltensebene erhöhen.
Das Phänomen des sogenannten „Revenge Porn”, zu Deutsch Racheporno, sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen. Diese Form von Cybergewalt, also Missbrauch oder Gewalt mittels technologischer Hilfsmittel, stellt eine grobe Verletzung der Privatsphäre und der Würde von Menschen dar. Dabei werden intime Bilder oder Videos ohne die Zustimmung der oder des Abgebildeten im Netz verbreitet. Dieser Übergriff geht oft Hand in Hand mit Gewalt innerhalb von Partnerschaften und geschlechtsspezifischer Gewalt, aber auch „Sexting”, Voyeurismus, Cybermobbing und sexueller Erpressung.
Das Forschungsprojekt
Forschende und Dozenten der Freien Universität Bozen haben im Jahr 2019 „Creep” gestartet, das italienweit erste Forschungsprojekt, das sich der Verbreitung von freizügigen Bildern einer Person ohne deren Einwilligung widmet. Die Professorin für Strafrecht an der Fakultät für Bildungswissenschaften Kolis Summerer koordiniert das interdisziplinäre Projekt, das die Bereiche Rechtswissenschaften, Informatik (Forscher Sergio Tessaris) und Entwicklungs- und Bildungspsychologie (Professorin Antonella Brighi) vereint. Neben den Forschenden der Freien Universität Bozen sind in „Creep” Wissenschaftler*innen der Universitäten in Cambridge, Innsbruck und Adelaide (Australien) sowie mehrere lokale Akteur*innen eingebunden; darunter die Staatspolizei mit der Abteilung Post- und Kommunikationswesen, die Vereinigung „GEA – Kontaktstelle gegen Gewalt“, die Kontaktstelle gegen Gewalt an Frauen in Trient sowie die „Euregio Platform on Human Dignity and Human Rights“ (EUPHUR).
Die Online-Erhebung
Um das Auftreten des Phänomens in Italien abzubilden, wird im Rahmen des Projekts „Creep” eine Online-Erhebung durchgeführt. Damit soll herausgearbeitet werden, welche Rahmenbedingungen und Situationen on- wie offline unter der volljährigen Bevölkerung das Risiko erhöhen, Opfer dieser Form von Gewalt zu werden. Teil der Erhebung sind der unter dem Ausdruck „Sexting” beschriebene Austausch von sexuell aufgeladenen verbalen und visuellen Inhalten über digitale Kanäle, der oft eine Vorstufe zum „Revenge Porn“ darstellt, und andere Formen des digitalen Missbrauchs, wie die Drohung freizügige Fotos einer anderen Person zu verbreiten („Sextortion“). Einige der Fragen der Erhebung zielen darauf ab, besser zu verstehen, inwiefern den Beteiligten die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst ist.
„Wir hoffen auf eine rege Teilnahme an der Befragung”, sagt Professorin Kolis Summerer. „Diese Erhebung wird auch eine wichtige Basis darstellen, um wirksame Präventionsmaßnahmen erarbeiten zu können.“ Mit dem Projekt will das Forschungsteam dazu beitragen, das Rechtsbewusstsein beim Gebrauch von Technologien zu schärfen, sowohl online als auch offline für mehr gegenseitigen Respekt in Beziehungen zu plädieren, die öffentliche Meinung, Fachleute, Erzieher und Familien für geschlechtsspezifische Gewalt zu sensibilisieren und einen Austausch zu diesem Thema anzuregen, ohne dabei die Opfer zu stigmatisieren.
Der Fragebogen ist sowohl in deutscher als auch in italienischer Sprache verfügbar. Die Daten werden in garantiert anonymer Form erhoben. Interessierte finden den Fragenbogen auf der Webseite des Projekts (https://creep.projects.unibz.it/survey/) oder auf dessen Facebook-Seite.