Von: apa
Nach der Bluttat in Traiskirchen (Bezirk Baden), bei der ein Freigänger am Sonntag einen 55-Jährigen erschossen und eine 25-Jährige schwer verletzt hat, will die Justiz bei der Einschätzung von Risikotätern nachschärfen. Künftig sollen etwa auch Postings in Sozialen Medien in die Bewertung einfließen. Wie der Gefangene an die Waffe samt Munition – eine Bockbüchsflinte mit Flintenlaufgeschossen – gekommen war, war laut Polizei nach wie vor Gegenstand von Ermittlungen.
Der 66-Jährige hatte am Sonntagvormittag je einmal auf seine Ex-Freundin und deren neuen Partner geschossen. Im Anschluss flüchtete er zunächst mit einem Auto, beging dann aber Suizid. Der einschlägig vorbestrafte 66-Jährige war zuletzt heuer am 4. Februar am Landesgericht Wiener Neustadt wegen häuslicher Gewalt zu einer unbedingten Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden, berichtete der “Kurier”. Er soll der 25-Jährigen im Vorjahr gedroht haben, ihr die Zähne auszuschlagen bzw. sie zu töten, falls sie ihn betrüge, woraufhin das Opfer Anzeige erstattete. Die Frau hatte sich laut Polizeiangaben nun in einer Partnerschaft mit dem 55-Jährigen befunden haben, bei dessen Imbissstand sie auch beschäftigt war.
Der Insasse hatte auf seinem Facebook-Profil nicht nur über mehrere Haftausgänge gepostet, sondern auch Beiträge, die als Ankündigung seiner geplanten Tat verstanden werden könnten. Am 6. Juli schrieb er etwa: “Es wird viel schneller kommen als ihr alle denken könnt. Die Überraschung wird groß sein.”
“Nicht frühzeitig genug erkannt oder richtig eingeordnet”
“Der tragische Anlassfall macht deutlich, dass es trotz bestehender vollzuglicher Strukturen und interdisziplinärer Fachteams Situationen geben kann, in denen sicherheitsrelevante Entwicklungen nicht frühzeitig genug erkannt oder richtig eingeordnet werden”, hieß es vonseiten des Justizministeriums. Die Freiheitsstrafe des 66-Jährigen hätte heuer im Dezember geendet. Er befand sich den Angaben zufolge auf einem genehmigten Ausgang, nachdem er zuvor mehrere begleitet und unbegleitet “ohne Vorkommnisse im Rahmen des Entlassungsvollzugs absolviert” hatte.
Mit dem Projekt “Prison Intelligence” werde daran gearbeitet, die Einschätzung von Risikotäterinnen und Risikotätern “strukturell auf eine noch breitere Basis zu stellen. So sollen sicherheitsrelevante Bedrohungen besser identifiziert und bewältigt werden”, wurde mitgeteilt. Dabei werden Informationen aus verschiedenen Quellen (beispielsweise Beobachtungen des Exekutivpersonals, Auswertungen von Kommunikationsverhalten, etwa auf Social Media, Anzeichen von Radikalisierung, Konfliktdynamiken oder Gewaltbereitschaft) strukturiert erfasst, analysiert und in Entscheidungsprozesse eingespeist – etwa bei Vollzugslockerungen oder bei der Risikobewertung für Freigänge.
Der aktuelle Fokus auf Terrorismus und Organisierte Kriminalität soll nun um den Bereich Gewaltschutz erweitert werden, wie auch Medien berichteten. “Nur durch differenzierte Analysen und angepasste Standards können Sicherheitsrisiken frühzeitig erkannt und tragische Fälle bestmöglich verhindert werden”, wurde in einer schriftlichen Stellungnahme festgehalten.
(S E R V I C E – Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. Infos für Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at)
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