Von: ka
Bozen – Selten ist Südtirol so sehr zugeschneit worden wie in den letzten Tagen. Die vielen Freiwilligen hatten über mehrere Tage hinweg alle Hände voll zu tun, in Not geratenen Landsleuten zu Hilfe zu eilen, Verkehrswege vom Schnee zu befreien und niedergedrückte Bäume aus dem Weg zu räumen.
Ironischerweise kommen die gewaltigen Schneemassen zur Unzeit. Ausgerechnet im Corona-Winter, in dem alle Lifte noch einen Monat still stehen müssen, wollen Unmengen von Schnee die Skifahrer in die tief verschneiten Berge locken. Pessimistische Gemüter meinen, dass der Schnee an ein Leichentuch erinnere, das sich auf Südtirols Wirtschaft und Arbeitsplätze gelegt hat.
Landsleute mit einer sonnigeren Seele neigen hingegen eher der Ansicht zu, dass die weiße Pracht uns von unseren Corona-Nöten ablenken soll und uns dazu einlädt, mit Tourenskiern, mit der Rodel oder mit Schneeschuhen die wahre, vom Menschen unbeeinflusste Bergnatur zu erkunden.
Es gibt aber auch einen weiteren Gedanken, der mit diesen beiden Sichtweisen nicht im Widerspruch steht. Gleich wie das Coronavirus zeigen auch die massiven Schneefälle der letzten Tage, wie schnell der Mensch, der glaubt, die Natur beherrschen und nach seinem Willen formen zu können, von seinem hohen Ross in den Staub fallen kann.
Natürlich sind mehr als eineinhalb Millionen Tote, ein darniederliegendes Wirtschafts- und Sozialleben sowie der Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen nicht mit versperrten Straßen, Stromausfällen und Muren zu vergleichen, aber der Fingerzeig, dass die Natur – so klein und so groß sie auch immer sein mag – zurückschlagen kann, bleibt.