Covid-19 trifft Hochzeitsgewerbe hart

70.000 abgesagte Hochzeiten: Schnittblumen wandern in den Müll

Donnerstag, 09. Juli 2020 | 08:00 Uhr

Rom – Während andere Wirtschaftssektoren nach dem Lockdown wenigstens wieder ein bisschen Hoffnung schöpfen dürfen, kann das italienische Schnittblumengewerbe, das vor allem während der Hochzeitssaison im wahrsten Sinne des Wortes aufblüht, das Geschäftsjahr 2020 wohl gänzlich abschreiben.

Neben der Tatsache, dass aufgrund der Corona-Einschränkungen bisher rund 70.000 Hochzeiten abgesagt oder verschoben worden sind, droht ein Gesetzesdekret, das für 2021 heiratswilligen Paaren einen Steuerbonus verspricht, auch die Herbstsaison zu vermiesen.

ANSA/Foto resa disponibile dalla sposa

Der italienische Schnittblumensektor erlebt seine vielleicht schwärzeste Saison der Geschichte.

Erste Schätzungen des italienischen Bauernverbandes „Cia-Agricoltori Italiani“ gehen davon aus, dass dieses wirtschaftlich wenig bekannte, für Italien aber dennoch wichtige Gewerbe – in Europa werden nur in Holland noch mehr Schnittblumen angebaut und verkauft – heuer Verluste von rund 200 Millionen Euro einfahren wird. Der Großteil dieser herben Verluste ist auf den aufgrund der Coronaepidemie notwendig gewordenen Lockdown zurückzuführen, der vom März bis zum Juni zur Absage von ungefähr 70.000 Hochzeiten geführt hat. Angesichts der Tatsache – so die Cia-Agricoltori Italiani – dass bei einer italienischen Hochzeit im Schnitt 3.000 Euro allein für den Blumenschmuck aufgewendet werden, sind die existenzbedrohenden Verluste leicht zu erklären.

Werden aber weitere Feiern, bei denen Schnittblumen zum festlichen Schmuck gehören, wie Taufen, Erstkommunionen, Firmungen, Beerdigungen und andere Feste oder öffentliche Anlässe hinzugerechnet, muss laut dem Bauernverband davon ausgegangen werden, dass die Verluste doppelt so hoch liegen.

Auch rein menschlich ist für die Inhaber der 15.000 Betriebe, die Schnittblumen produzieren und vor allem in Ligurien, in der Toskana, in Kampanien, Sizilien und im Latium beheimatet sind, die derzeit herrschende Lage schwer zu ertragen. Sie müssen dabei zusehen, wie die Früchte ihrer Arbeit auf den Feldern und in den Gewächshäusern verrottet. Zudem beschert ihnen die Entsorgung der unverkauften und verwelkten Blumen weitere Kosten.

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Aber es kommt noch eine weitere Hiobsbotschaft hinzu. Ein Gesetzesdekret, das ab dem 1. Januar 2021 heiratswilligen Paaren einen Steuerbonus verspricht, droht dem Hochzeitsgewerbe die Herbstsaison zu vermiesen. Die rund 120.000 Paare, die noch unschlüssig sind, ob sie im Herbst heiraten sollen – so die Befürchtung des Bauernverbandes – könnten durch den erst im nächsten Jahr verfügbaren Steuerbonus dazu verleitet werden, ihre Hochzeit endgültig auf das Jahr 2021 zu verschieben. Laut der Cia-Agricoltori Italiani beraube dies die Betriebe ihrer letzten Hoffnungen, wenigstens noch einen Teil der Saison zu retten.

ANSA/Franco Cautillo

Infolgedessen fordert die Cia-Agricoltori Italiani die römische Regierung dazu auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen und den Betrieben, die Schnittblumen anbauen und verkaufen, wie bereits in anderen europäischen Ländern geschehen finanzielle Soforthilfen zukommen zu lassen. Andernfalls – so der Verband – sei von der Schließung vieler kleiner Unternehmen auszugehen.

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Diese Problematik erkennen auch einige Regionen. In Apulien, wo der Hochzeitstourismus einen wichtigen Wirtschaftszweig darstellt, wird darüber nachgedacht, Paaren, die noch in diesem Jahr heiraten, einen finanziellen Bonus zu gewähren.

Ob auch in Südtirol, das gerne von trauungswilligen Paaren aus aller Welt als Ort, in Zukunft einen gemeinsamen Weg zu beschreiten, gewählt wird, über eine ähnliche Lösung nachgedacht wird?

Von: ka