Freilassung von Alfredo Cospito gefordert

Angriffe auf italienische Diplomaten: Stecken Anarchisten dahinter?

Montag, 30. Januar 2023 | 17:20 Uhr
Update

Rom – Nach mehreren Anschlägen auf italienische Diplomaten in ganz Europa gehen die Ermittler in Italien davon aus, dass anarchistische Kreise dahinter stecken. Anhänger von Alfredo Cospito (im Bild) würden dessen Freilassung fordern.

Der Audi eines italienischen Diplomaten in Berlin ist in der Nacht auf Samstag in Flammen aufgegangen. Am Sitz des Generalkonsulats in Barcelona wurde eine Scheibe eingeschlagen und ein Flachrelief des bekannten katalanischen Bildhauers Josep Maria Subirachs mit Farbe beschmiert. “Generalamnestie für Cospito”, stand in großen Lettern. Außerdem haben Unbekannte in Turin die Kabel eines Handyumsetzers durchtrennt.

Zu Zwischenfällen kam es auch in Athen und in Rom, wo Molotowcocktails gegen eine Polizeistelle geschleudert wurden.

Unweit des Brandortes in Berlin wurde ein anonymes Schreiben sichergestellt, in dem sich der oder die Verfasser gegen eine verschärfte Haft für Cospito aussprechen. Die Staatsanwaltschaft in Rom hat deshalb eine Untersuchung wegen Sachbeschädigung und Brandstiftung zu terroristischen Zwecken in die Wege geleitet.

Der 56-jährige Anarchist aus Turin ist im Jahr 2014 zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden, nachdem er Roberto Adinolfi, dem Geschäftsführer des Technologieunternehmens Ansaldo Nucleare, dreimal ins Knie geschossen hatte.

Außerdem wurde Cospito zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung verurteilt, weil er im Jahr 2006 zwei Sprengkörper vor einer Carabinieri-Kaserne in Fossano platziert hat.

Im Jahr 2022 wurden restriktivere Haftbedingungen für Cospito erlassen, wie sie vom Artikel 42 bis vorgesehen sind. Verschärfte Haftbedingungen sind in Italien nie noch gegen einen Anarchisten verhängt worden. Bislang wurden solche Maßnahmen nur bei Mafiabossen und Terroristen eingesetzt. Um dagegen zu protestieren, ist Cospito am 20. Oktober 2022 in den Hungerstreik getreten.

Zu den verschärften Haftbedingungen zählen unter anderem Telefonverbot, Kontaktverbot zu anderen Häftlingen sowie keine Erlaubnis für Treffen mit Außenstehenden oder für die Teilnahme an sportlichen und kulturellen Aktivitäten innerhalb des Gefängnisses. Derzeit befindet sich Cospito in Sassari auf Sardinien hinter Gittern.

Auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat sich zu den jüngsten Attacken geäußert und ihre Solidarität bekundet. Gleichzeitig brachte sie ihre „Besorgnis“ zum Ausdruck. Das Außenministerium hatte die Attacken bekanntgegeben, berichtet die Nachrichtenagentur Ansa. Antonio Tajani hat persönlich Kontakt zur Botschaft in Berlin und Barcelona aufgenommen, um Anteilnahme auszudrücken und völlige Aufklärung der „kriminellen Handlungen“ zu verlangen. Außerdem soll überprüft werden, ob italienische Diplomaten im Ausland mehr Schutz benötigen.

In einer Pressemitteilung wurde betont, dass sowohl in Berlin als auch in Barcelona im Rahmen der polizeilichen Erhebungen Beweise sichergestellt worden seien. Glücklicherweise seien keine Personen verletzt worden, hieß es in der Mitteilung.

Zu dem Autobrand in Berlin ist es am Sonntag gegen 3.10 Uhr in der Früh gekommen. Zeugen verständigten die Polizei. Auch ein Opel soll durch das Feuer in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Nur Stunden zuvor war es zu dem Anschlag in Barcelona gekommen. Einem Bericht der spanischen Zeitung „El Periodico“ zufolge, sollen fünf Personen mit Kapuzen von einer Überwachungskamera aufgenommen worden sein. Offiziell bestätigt hat dies die katalanische Polizei allerdings noch nicht.

Seit Cospito in den Hungerstreik getreten ist, hat sich sein Gesundheitszustand kontinuierlich verschlechtert, sodass sich sogar der nationale Garant für die Rechte von Privatpersonen auf persönliche Freiheit gezwungen sah, einzuschreiten: Dieser verlangte die unmittelbare Verlegung Cospitos in eine Haftanstalt, die eine bessere Verpflegung gewährleisten kann. Erst in den vergangenen Wochen ist auf anarchistischen Webseiten ein „internationaler Mobilisierungsaufruf“ veröffentlicht worden, um Solidarität mit dem 56-Jährigen zu bekräftigen.

Wie die Nachrichtenagentur Ansa am Montag schreibt, wird Cospito nun in ein Hochsicherheitsgefängnis nach Mailand verlegt. Dies teilte sein Anwalt Flavio Rossi Albertini mit. Die Entscheidung sei auch aufgrund seines Gesundheitszustandes gefallen. Innenminister Matteo Piantedosi warnte unterdessen vor Protestaktionen von Anarchisten und kündigte eine verstärkte Alarmbereitschaft der Einsatzkräfte an.

Von: mk