Euro-Stand noch tiefer als nach Brexit

Das Nein siegt – und der Börsencrash?

Montag, 05. Dezember 2016 | 10:12 Uhr

Eine Mehrheit der Italiener hat die von Premier Matteo Renzi vorgeschlagene Verfassungsreform abgelehnt. Die Folgen für die Wirtschaft der gesamten Eurozone sind noch unklar. Kurzfristig stecken die internationalen Finanzmärkte die politische Unsicherheit in Rom aber recht gut weg. Das von manchen Experten befürchtete Beben blieb am Montagmorgen aus.

In Frankfurt legte der Dax kurz nach Handelsbeginn sogar um 1,68 Prozent auf 10.689,61 Punkte zu. Jedoch hatten sich die Anleger schon in der vorigen Woche auf eine Niederlage von Ministerpräsident Matteo Renzi eingestellt – Verluste waren die Folge. Die Unsicherheit, was nach einem Regierungswechsel in Rom geschieht, ist weiterhin groß.

Der Euro musste nach dem mehrheitlichen Nein der Bürger zu Renzis Vorschlägen bisher kaum Federn lassen. Die Gemeinschaftswährung büßte nach der Rücktrittsankündigung des Sozialdemokraten zwar etwas an Wert ein, erholte sich anschließend aber wieder deutlich.

Nachdem der Euro in Erwartung eines negativen Votums bei dem Referendum zwischenzeitlich bereits auf 1,0506 Dollar gefallen war – den tiefsten Stand seit März 2015 -, ging es für ihn am Montag zunächst auf bis zu 1,0641 Dollar nach oben. Der Euro steht wegen der Furcht vor einem Wiederaufflammen der europäischen Staatsschuldenkrise und der Sorge um faule Kredite bei italienischen Banken schon seit einiger Zeit unter Druck.

Beim Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stand am Montagmorgen vorerst ein Plus von 1,23 Prozent auf 3.052,18 Zähler zu Buche. Insgesamt fiel die Reaktion an den Finanzmärkten deutlich verhaltener aus als etwa bei der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten oder beim Brexit-Votum.

An der italienischen Börse gab es zum Start in die neue Handelswoche ein größeres Minus. Der Leitindex FTSE MIB rutschte anfangs um 2,02 Prozent ab, vor allem Bankaktien waren betroffen.

An den Märkten in Asien waren die Abschläge indes überschaubar. In Tokio schloss der Nikkei-Index für 225 führende Werte 0,82 Prozent tiefer bei 18.274,99 Punkten. Unter den größten Verlierern waren auch hier Finanzwerte, darunter die Großbank Mitsubishi UFJ – zu dem befürchteten Einbruch kam es aber nicht. In Südkorea, Hongkong, Australien und Taiwan lagen die Verluste der Leitindizes bei jeweils unter 0,3 Prozent.

Es gab auch keine Flucht in deutsche Staatspapiere, wie einige Experten wegen der anhaltend hohen Verschuldung Italiens angenommen hatten. Der für den Anleihemarkt richtungsweisende Euro-Bund-Future fiel am Montag sogar um 0,20 Prozent auf 160,79 Punkte. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe stieg auf 0,30 Prozent.

Die Ölpreise gaben nur leicht nach. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Februar kostete zunächst 54,11 US-Dollar – 34 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI fiel um 34 Cent auf 51,34 Dollar.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn versuchte sich Sonntagnacht in Schadensabgrenzung und erklärte, dass er nach dem Nein der Italiener zur Verfassungsreform zunächst keine drastischen Folgen für die Europäische Union sehe. „Italien hat über eine Reform abgestimmt. Es wäre falsch, das jetzt auf die europäische Ebene zu ziehen. Das war eine innenpolitische Auseinandersetzung“, erklärte Asselborn laut einem Bericht der FAZ.

Allerdings befürchte er Turbulenzen für den Euro, sollte es in Italien eine längere Phase der Unsicherheit geben. „Für den Euro wäre es schlecht, wenn sich die Regierungskrise lange hinzöge“, sagte er. Er rechne jedoch mit einer raschen Lösung.

Von: mk