Vier Personen verhaftet, Smartphones der Eltern beschlagnahmt – VIDEO

Entführungsfall Kataleya: „Erpressung, Raub und Gewalt“

Montag, 07. August 2023 | 08:02 Uhr

Florenz – Fast zwei Monate nach ihrer Entführung fehlt von der fünfjährigen Kataleya noch immer jede Spur. Allerdings sind sich die Ermittler der Antimafia-Staatsanwaltschaft von Florenz so gut wie sicher, dass das Verschwinden der Fünfjährigen mit der erpresserischen Vergabe der Zimmer im illegal besetzten ehemaligen Astor-Hotel zusammenhängt.

Den Ergebnissen intensiver Ermittlungsarbeit zufolge sei die Familie von Kataleya tief in die Gewalttätigkeiten, die mit den Kämpfen um die Zimmer im Hotel zusammenhängen, verwickelt gewesen. Nach mehrwöchigen Ermittlungen, zu denen insbesondere die Auswertung vieler Zeugenaussagen gehörten, wurden in Zusammenhang mit dem Verschwinden von Kata vier Personen, darunter der Onkel mütterlicherseits des fünfjährigen Mädchens, verhaftet. Da sie laut den Ermittlern wichtige Details zur Entführung ihrer Tochter verschwiegen hätten, wurden die Smartphones der Eltern von Kataleya – Miguel Angel Ramon Chicillo Romero und Kathrina Alvarez – beschlagnahmt.

Facebook/Consulado General del Perú En Florencia/Kataleya

Die Ermittlungen im Entführungsfall der kleinen Kataleya, der Florenz seit fast zwei Monaten in Atem hält, sind zäh, aber nach wochenlanger intensiver Arbeit ist sich die Antimafia-Staatsanwaltschaft von Florenz ziemlich sicher, dass Katas Entführung „im Rahmen der konfliktreichen Beziehungen, die mit den erbittert geführten Kämpfen um die Besetzung der Zimmer des Astor-Hotels zusammenhingen, heranreift sei“. Dies geht aus der richterlichen Verfügung hervor, die es den Ermittlern erlaubt, die Smartphones des Elternpaares zu beschlagnahmen.

Im Rahmen ihrer Ermittlungen stießen die Carabinieri und die Staatsanwaltschaft auf viele Hinweise, die auf Fehden zwischen Verwandten der Familie Alvarez und Gruppen von Peruanern, Ecuadorianern und Rumänen hindeuten, bei denen es um den „Besitz und die Verwaltung“ der Zimmer im illegal besetzten Astor-Hotel ging, wobei der Kampf um die Erlöse aus den von den Zimmerbewohnern abgepressten „Mieten“ im Mittelpunkt stand. Diese gewalttätigen Auseinandersetzungen wurden meist mit äußerster Brutalität geführt.

Die Ermittler hegen den schweren Verdacht, dass Katas Eltern von jemandem wichtige Informationen über die Entführung ihrer Tochter erhalten haben könnten, diese während der Befragungen aber nicht weitergegeben haben sollen. Mit der Beschlagnahme der Smartphones des Elternpaars soll herausgefunden werden, ob E-Mails, Nachrichten oder Chats existieren, die für die Suche nach der Fünfjährigen nützlich sind.

ANSA/CLAUDIO GIOVANNINI

Die Gründe für diesen Beschluss sind verschiedene Ungereimtheiten. Während die Ermittler Hinweise auf schwere gewalttätige Auseinandersetzungen besitzen, habe die Mutter von Kata lediglich von „Nachbarschaftsstreitigkeiten“ gesprochen.

Unverständlicherweise schweigt sie sich insbesondere über die Schläge und „Strafexpeditionen“ aus, die im Zusammenhang mit den von anderen Zimmerbewohnern abgepressten „Mieten“ standen. Im Zentrum des Interesses der Ermittler steht dabei ein Vorfall, der am 28. Mai geschah. Um sich vor den Eisenstangen derer zu retten, die ihn aus dem Astor hinauswerfen wollten, sprang an diesem Abend ein Mann, der Ecuadorianer Santiago Medina Pewlaz, aus Verzweiflung aus dem Fenster seines Zimmers im zweiten Stock in die Tiefe, wodurch er schwere Verletzungen erlitt.

Zu dieser mit Baseballschlägern und Eisenrohren bewaffneten „Truppe“, deren Aufgabe es war, weniger zahlungskräftige „Mieter” aus ihren Zimmern zu prügeln, gehörte auch Katas Onkel mütterlicherseits, Abel Alvarez Vasquez, genannt „Dominique“. Die Schlägertruppe wurde vom Peruaner Carlos Martin De Colina Palomino, genannt „Charloncho“ angeführt, der allen zu verstehen gab, dass er „El duegno“, der angebliche „Besitzer“, des Astor sei und er das Recht besitze, über das Wohl und Wehe aller Mieter zu entscheiden.

Ziel von Charloncho war es, die Großfamilie der Barbosa zu vertreiben, um die Zimmer für 800 bis 900 Euro in Monat an neue Bewohner „vermieten“ zu können. Während die Schläger, zu den auch der Onkel von Kata gehörte, mit ihren Fäusten gegen die Zimmertüren schlugen, verbarrikadierten sich die Barbosa in ihren Zimmern. Als Santiago, der halb betrunken war, die Tür trotzdem öffnete, prügelten die Angreifer mit ihren Eisenstangen auf ihn ein. „Te matamos, te matamos“ – „Wir töten dich“, schrien die Schläger ihn an. Als „Dominique“ die Freundin von Santiago sah, hielt er inne und ging dazu über, andere Familien der Barbosa zu terrorisieren. Er packte einen alten Mann am Hals und schleifte ihn die Treppe hinunter. Einem anderen Mann hingegen stahl er seine Brieftasche mit 900 Euro.

ansa

Ähnlich wie ihr Onkel ist auch Katas Vater, Miguel Angel Ramon Chicillo Romero, kein unbeschriebenes Blatt. Am 23. März griff er zusammen mit seiner Partnerin und ihrem Bruder einen der Barbosas an. Während die beiden Brüder das Opfer traten und schlugen, zerkratzte die Frau mit ihren Nägeln ihm den linken Arm und das Gesicht. Obwohl die Anzeige des Opfers aktenkundig ist, schwieg Kathrina Alvarez auch zu diesem Angriff.

Gleich wie Katas Vater ist auch ihr Onkel, Abel Alvarez Vasquez, im Astor als „Dominique“ bekannt, mehrfach vorbestraft. Abel Alvarez Vasquez, der verdächtigerweise der letzte war, der Kata vor ihrem Verschwinden sah, hielt sich illegal in Italien auf. Weil er mit einer gestohlenen Kreditkarte Geld abgehoben hatte, wurde er am 1. Februar 2022 zusammen mit zwei weiteren Peruanern, darunter auch Katas Vater, wegen schweren Diebstahls verhaftet. Später kamen Einträge wegen Schlägereien und unerlaubten Waffenbesitzes hinzu.

„Dominique“ galt als „harter Kerl“ und rechte Hand von „Charlocho“. Abel Alvarez Vasquez war an seiner Seite, als am Abend des 28. Mai die „Strafexpedition“ begann, deren Zweck es war, Familiengruppen aus dem ehemaligen Hotel zu vertreiben, um diese durch jene zu ersetzen, die dazu bereit waren, höhere Summen zu zahlen.

Der Aussage eines 21-Jährigen zufolge organisierten „Charlocho“ und „Dominique“ im besetzten Hotel die illegale Vermietung der Zimmer. Wenn sie erfuhren, dass „einige Leute Geldprobleme hatten“, gaben sie ihnen 200 oder 300 Euro, um sie zum Verlassen des Hotels zu bewegen. Von den späteren „Neumietern“ hingegen forderten sie aber dann monatlich 600 bis 700 Euro. Diejenigen, die sich weigerten, seien geschlagen und bedroht worden. „Sie haben das mit meiner Mutter, meiner Schwester und mit mir gemacht. Wir haben sie angezeigt“, so der 21-Jährige.

Fast zwei Monate nach dem Verschwinden der Fünfjährigen zeichnet sich immer stärker ab, dass Kataleya Opfer eines Racheaktes geworden sein könnte. Von neuen Aussagen und insbesondere von der Auswertung der Smartphones ihrer Eltern erhoffen sich die Ermittler neue Erkenntnisse.

Nach der Entführung des kleinen Mädchens gerieten aber auch die Justizbehörden in heftige Kritik. Viele Florentiner fragen sich, warum es trotz der Proteste des rechtmäßigen Besitzers und der Stadtgemeinde zugelassen wurde, dass eine verbrecherische Bande von Erpressern in einem illegal besetzten Hotel die Not einfacher Leute schamlos ausnutzen und ein brutales Mafiaregime errichten konnte.

Von: ka