Italienische Familien feiern opulente Feiertage

Geschenke, Reisen und reichgedeckte Festtafel für 19,8 Milliarden Euro

Dienstag, 27. Dezember 2022 | 08:00 Uhr

Rom – Weder die rasante Inflation noch die hohen Energiepreise scheinen die Italiener daran hindern zu können, für die weihnachtlichen Festtage tief in die Tasche zu greifen.

Wie aus einer Studie des italienischen Verbraucherschutzverbandes Codacons hervorgeht, gaben die Italiener über die Feiertage hinweg für Lebensmittel, Restaurantbesuche und Reisen nicht weniger als 19,8 Milliarden Euro aus. Während sich die italienischen Familien die für die Angehörigen und Freunde bestimmten Geschenke 6,7 Milliarden Euro kosten ließen, beliefen sich die Ausgaben für das traditionelle Abendessen an Heiligabend und das Mittagessen am Weihnachtstag auf 2,7 Milliarden Euro.

Das größte Stück vom Kuchen entfiel aber erstaunlicherweise auf Reisen. Mit den mehr als zwölf Millionen Italienern, die die Festtage fern ihres Heimatortes verbrachten, wurde ein wirtschaftlicher Umsatz von 10,1 Milliarden Euro erzielt, wobei sich die Verreisenden das Weihnachtsessen insgesamt rund 350 Millionen Euro kosten ließen.

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Der Studie von Codacons zufolge findet der Trend, einen Teil der erhaltenen Weihnachtsgeschenke weiterzuschenken oder zu Geld zu machen, auch nach der Pandemie seine Fortsetzung. Heuer soll jedes vierte Weihnachtsgeschenk dieses Schicksal ereilen, wobei die Zahl der Verbraucher, die erhaltene Geschenke im Internet zum Verkauf anbieten, deutlich zunimmt. Laut der Umfrage des Verbraucherschutzverbandes werden 35 Prozent der Beschenkten, die ihre Geschenke „recyceln“ wollen, versuchen, sie über Smartphone-Apps, soziale Netzwerke und E-Commerce-Seiten zu verkaufen.

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Einige Experten halten dies für einen Hinweis, dass die Krise und die Angst vor der Zukunft im Hinterkopf der Italiener einen fixen Platz einnehmen. Laut einer Untersuchung des Verbandes Confcooperative erzielen die 26 Millionen Italiener, die von dieser Praxis Gebrauch machen, durch das Weiterschenken erhaltener Geschenke oder durch deren Verkauf eine Ausgabenverringerung von 3,2 Milliarden Euro. Gegenüber dem letzten Jahr vor der Pandemie fehlen zwar noch 100 Millionen Euro, aber verglichen mit dem letzten Jahr erhöhte sich die durch diese Praxis gewonnene Ersparnis um nicht weniger als 400 Millionen Euro.

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Dieses weihnachtliche Verhalten der italienischen Familien, einerseits für Essen, Reisen und Geschenke relativ viel Geld in die Hand zu nehmen, aber andererseits zu versuchen, sich durch das „Recyceln“ der Geschenke einen guten Teil der Ausgaben zurückzuholen, halten Experten für ein Zeichen, dass trotz des Anstiegs der dreizehnten Monatsgehälter die Italiener von Zukunftsängsten geplagt werden.

Im Stiefelstaat scheinen von der Ungewissheit der Zukunft angetrieben es viele Familien vorzuziehen, die Zusatzeinnahmen – der „Topf“ der dreizehnten Monatsgehälter stieg gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent von 44 Milliarden im Jahr 2021 auf 45,7 Milliarden Euro in diesem Jahr – für schlechtere Zeiten zurückzuhalten. Zudem können die Weihnachtstage, die viele italienische Familien auf recht opulente Art und Weise feiern, nicht darüber hinwegtäuschen, dass rund zehn Millionen Italiener in absoluter oder zumindest relativer Armut leben.

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Aber nicht nur viele Italiener verreisen über die Feiertage. Da viele ausländische Touristen den Stiefelstaat als Ziel neu entdecken, erwartet Italien eine winterliche Rekordsaison. Laut der Flug- und Hotelsuchmaschine www.Jetcost.it stiegen die Suchanfragen nach Flügen, die das Ende des Jahres 2022 betreffen, um 230 Prozent. Mit einem im Vergleich zum Vorjahr für den gleichen Zeitraum verzeichneten Anstieg von 180 Prozent nahmen auch die Anfragen nach verfügbaren Plätzen in den Hotels stark zu. Die aufgrund der Inflation im Vergleich zu anderen Ländern günstigeren Preise sowie das bei ausländischen Touristen geschätzte Kulturangebot Italiens, das neben Museen ein reichhaltiges Angebot an Speisen und Weinen miteinschließt, machten Italien nur hinter Spanien und noch vor Portugal, Frankreich und Großbritannien auf der Plattform Jetcost zum zweitmeistgesuchten Land.

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Die Inflation und die hohen Energiepreise lassen sich zwar nicht aus den Gedanken der Italiener vertreiben, aber die vielversprechende Wintersaison lässt Italien dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.

Von: ka