Von: idr
Venedig – Eine junge Frau hat in Venedig mit einem gestohlenen Frachtmotorboot die weltberühmte Rialtobrücke gerammt und dabei eine Marmorbalustrade beschädigt. Der Zwischenfall ereignete sich am Donnerstag am Canal Grande und löste bei Anwohnern und Touristen Entsetzen aus.
Das schwere Transportboot lag am gegenüberliegenden Ufer des Kanals unterhalb der Riva del Palazzo dei Camerlenghi vertäut, wo sich heute der Sitz des Rechnungshofs befindet. Zwei Mitarbeiter der Reederei waren gerade mit Lieferungen beschäftigt und ließen das Fahrzeug kurzzeitig unbeaufsichtigt – ein Fehler, den die Unbekannte ausnutzte.
Sie kletterte an Bord, startete den Motor und raste mit hoher Geschwindigkeit über den Canal Grande. Auf der gegenüberliegenden Seite knallte der Bug frontal gegen die Marmorbalustrade am Fuß der Rialtobrücke. Das Heck des Boots schlug gegen drei Poller und zerbrach das Deck. Auch das historische Geländer wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen – Fragmente brachen ab und stürzten teils ins Wasser.
Flucht scheitert – Polizei greift zu
Nach dem Aufprall verließ die Frau das Boot und versuchte zu fliehen. Doch Zeugen hatten bereits die Polizei alarmiert. Beamte der Stadtpolizei konnten die Verdächtige kurz darauf stellen. Warum sie das Boot gestohlen und die Brücke gerammt hat, ist bislang unklar. Die Ermittlungen laufen.
Der Vorfall hätte deutlich schlimmer ausgehen können. Die Stelle am Fuß der Rialtobrücke gehört zu den am stärksten befahrenen Abschnitten des Canal Grande. Motorboote, Wassertaxis und Gondeln passieren hier im Minutentakt. Auf der Terrasse eines kleinen Restaurants direkt neben der Balustrade finden im Sommer rund ein Dutzend Tische Platz. Zum Zeitpunkt des Crashs war die Gegend glücklicherweise nicht stark frequentiert – es gab weder Verletzte noch Kollisionen mit anderen Booten. Das beschädigte Frachtboot konnte trotz der Schäden noch manövriert werden und wurde rasch unter der Rialtobrücke sicher vertäut.
Aufwendige Restaurierung steht bevor
Giovanni Giusto, Steinmetz und Restaurator, war bereits 2008 für die Instandsetzung und Sicherung der Marmorbalustrade verantwortlich. Er eilte nach dem Vorfall sofort zur Schadensbegutachtung an Ort und Stelle. Seine erste Einschätzung fiel ernüchternd aus: „Die Restaurierung wird schwierig, aber nicht unmöglich. Zunächst müssen alle Fragmente geborgen werden – auch jene, die ins Wasser gefallen sind. Aber wir werden auch unsere Fantasie bemühen müssen, denn nicht alle Teile werden sich wiederfinden lassen“, erklärte Giusto gegenüber italienischen Medien.
Die Rialtobrücke zählt zu den bekanntesten Wahrzeichen Venedigs und wurde Ende des 16. Jahrhunderts erbaut. Sie überspannt den Canal Grande an seiner schmalsten Stelle und verbindet die Stadtteile San Marco und San Polo. Jährlich strömen Millionen Touristen über die steinerne Bogenbrücke – Schäden an historischen Bauteilen wiegen entsprechend schwer.
Wie hoch die Reparaturkosten ausfallen und wie lange die Arbeiten dauern werden, ist noch offen. Fest steht: Venedig muss erneut ein Stück seiner fragilen Bausubstanz flicken – diesmal wegen eines kuriosen und vermeidbaren Vorfalls.




Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen