Von: ka
Collegno/Pinerolo – „Der Junge, der den Vater umgebracht hat, um die Mutter zu beschützen, verdient sich die Matura“, so das einhellige Urteil des Direktors und der Lehrer der Hotelfachschule von Pinerolo. Die Lehrer, die Alex als fleißigen Schüler beschreiben, verlangen von den Gerichtsbehörden und dem Unterrichtsministerium, dass dem 18-Jährigen, der um seine Mutter zu beschützen, seinen seit Jahren gewalttätigen Vater ermordet hat, die Teilnahme an der Maturaprüfung ermöglicht wird.
Collegno, parla il ragazzo che ha ucciso il padre “Noi vittime di continua violenza, ho difeso mia madre”… pic.twitter.com/8uMRVG4Luv
— Torino News 24 (@TorinoNews24) May 2, 2020
„Noch heute werde ich mit dem Unterrichtsministerium und den Ordnungskräften sprechen, ob für Alex die Möglichkeit besteht, an der Maturaprüfung teilzunehmen. Ich weiß, dass im Notfall es auch möglich ist, die Prüfung im Krankenhaus abzulegen. Ich sehe es daher nicht ein, wieso dies bei einem Jungen, der einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme unterliegt, nicht möglich sein soll. Alex hat viele Zukunftsprojekte im Kopf und besitzt einen guten Notendurchschnitt. Er hat nie mit seinen Lehrern und Klassenkameraden über die Hölle, die er bei sich zu Hause erlebt hat, gesprochen“, so der Direktor der Hotelfachschule von Pinerolo bei Turin, Rinaldo Merlone.
Litiga col padre e lo uccide, arrestato. A Collegno, nel Torinese. I carabinieri indagano sul movente |#ANSA https://t.co/tPOdcJXAYs
— ANSA Legalità e Scuola (@ANSA_Legalita) May 1, 2020
Der Vatermord geschah nach einem jahrelangen und traurigen Leidensweg. Alex Pompa, sein 22-jähriger Bruder Loris und ihre Mutter lebten seit vielen Jahren in Angst. „Wir hatten Angst. Er sagte, dass wenn wir ihn angezeigt hätten, hätte er uns alle umgebracht“, so die beiden Brüder.
Die Gewalttätigkeiten des 52-jährigen Giuseppe Pompa begannen, als Alex und Loris noch Kinder waren. Sie richteten sich meist gegen die Mutter. Der 52-Jährige, der an krankhafter Eifersucht litt, rief seine Frau, die als Supermarktkassiererin arbeitet, Dutzende Male am Tag an. Wenn sie nicht sofort antwortete, tauchte er an ihrem Arbeitsplatz auf. „Er sagte, dass ich den Kunden zulächeln würde. Darüber regte es sich vor allen auf“, so die Ehefrau von Giuseppe Pompa. Aber aus Angst fand die Frau nie den Mut, sich ihren Kolleginnen, die immer wieder ihren tief erzürnten Mann kommen sahen, anzuvertrauen.
Collegno, confessa il 18enne che ha ucciso il padre padrone dalla doppia vita: “Eravamo ostaggi di un incubo” https://t.co/ocLExJgqQh @LaStampa
— La Stampa Torino (@StampaTorino) May 1, 2020
Giuseppe Pompa verbot oft auch seinen Söhnen, Abends aus dem Haus zu gehen. Oft blieben aber Alex und Loris zu Hause, um ihre Mutter nicht mit ihm alleine zu lassen. In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai kam die jahrelange Tragödie zu ihrem blutigen Ende. Der 52-Jährige, der zu Trinken angefangen hatte, wurde sehr wütend, als ihm die Söhne den Wein wegnehmen wollten. Giuseppe Pompa stand auf und wollte auf seine Frau losgehen. Alex stellte sich ihm in den Weg und stach mit allen Messern, die in seiner Nähe lagen, auf den Vater ein. Sein Bruder Loris versuchte vergeblich, ihn dabei aufzuhalten.
#Torino, un diciannovenne ha ucciso il padre a Collegno con 24 coltellate, sembrerebbe per difendere la madre.@TgrPiemonte https://t.co/P0c3dKVp6X #iorestoacasa#IoSeguoTgr pic.twitter.com/fMAqSmrgf9
— Tgr Rai (@TgrRai) May 1, 2020
Nach dem Mord rief Alex die Carabinieri an und wartete auf ihr Eintreffen. Als die Carabinieribeamten in die Wohnung kamen, lag der tote 52-Jährige im Flur. „Seit Jahren hatten wir kein normales Leben mehr“, erzählten die beiden Brüder und ihre Mutter. Auch die Nachbarn bezeugten gegenüber den Carabinieri, dass aus der Wohnung der Pompa immer wieder Streitgeräusche und Schreie drangen. Leider zogen aber sowohl die beiden Brüder als auch ihre verängstigte Mutter es vor, gegenüber allen Außenstehenden über ihren Leidensweg zu schweigen. Ersten Erkenntnissen zufolge wurde nie Anzeige erstattet. Auch Alex Pompa, der als eher still gilt, vertraute sich nie seinen Lehrern und Mitschülern an.
Der Direktor und die Lehrer wollen sich nun mit aller Macht dafür einsetzen, dass der fleißige 18-Jährige, der den Vater umgebracht hat, um seine Mutter zu beschützen, eine Chance bekommt, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken.