Von: ka
Pavia – Nach vielen, nur von Hiobsbotschaften gekennzeichneten Tagen, in denen Italien seine dunkelsten Stunden erlebte, hat sich am Montag auch ein Lichtblick am Horizont gezeigt. Dem sogenannten „Patienten eins“ – jenem 38-Jährigen, der sich vermutlich Ende Januar bei einem Essen mit einem aus China heimkehrenden Mann angesteckt hat und seitdem als Ausgangspunkt des Infektionsherdes von Codogno gilt – geht es besser.
Mattia, der nach seiner Einlieferung am 20. Februar direkt auf die Intensivstation verlegt worden war, konnte nach 18 schweren Tagen, an denen sein Leben an einem seidenen Faden hing, die Intensivstation wieder verlassen. Der zufriedenen und glücklichen Equipe von Ärzten und Pflegekräften zufolge wurde Mattia, der seit Montag wieder selbstständig atmen kann, extubiert und von den lebenserhaltenden Maschinen abgekoppelt. Dank dieser Fortschritte konnte Mattia, der auch sein Bewusstsein wiedererlangt hatte, auf die sogenannte subintensive Station der Poliklinik „San Matteo“ von Pavia verlegt werden.
#Coronavirus, migliorano le condizioni di Mattia, il cosiddetto #paziente1, il primo ad essere stato contagiato a #Codogno e ricoverato all'ospedale San Matteo di #Pavia pic.twitter.com/GnBI70WJ5k
— Tg2 (@tg2rai) March 10, 2020
Für seine ebenfalls vom Coronavirus infizierte Frau Valentina, die in rund einem Monat das erste Kind des Paares zur Welt bringen wird, lief es noch besser. Die 36-jährige Frau, die im Krankenhaus „Sacco“ von Mailand behandelt worden war, konnte bereits am letzten Donnerstag das Krankenhaus wieder verlassen. Für sie und das ungeborene Leben – ein Mädchen – das sie im Schoß trägt, besteht laut den Medizinern keine Gefahr mehr.
Questo è importante
Pubblicato da Corriere della Sera su Martedì 10 marzo 2020
Aber dies sind nicht die einzigen guten Nachrichten, die das schwer von der Coronavirusepidemie betroffene Land zu Wochenbeginn vorweisen kann. Aus dem Kampf um das Leben von Mattia und den Erfahrungen anderer lombardischer Kliniken mit dem Coronavirus zogen die Ärzte der Poliklinik „San Matteo“ von Pavia – unter ihnen ragen der Primar der Wiederbelebung Francesco Mojoli und der Infektiologe Raffaele Bruno heraus – viele Lehren, wie die beiden Mediziner im Gespräch mit dem „Corriere della Sera“ erklären.
#coronavirus: Mattia, il cosiddetto "paziente1" è passato da un reparto di terapia intensiva ad uno di terapia sub intensiva, respira autonomamente e risponde ai medici. Gli è stato somministrato un cocktail di farmaci usati per la cura dell'HIV ed Ebola. #10Marzo pic.twitter.com/K4ccVnAxCP
— Uno Mattina (@Unomattina) March 10, 2020
Die schlechte Nachricht ist, dass der Coronavirus nicht nur älteren Mitbürgern, sondern auch jüngeren Menschen zu schaffen machen kann. Von den 440 schweren Fällen, die am 9. März auf den Intensivstationen der lombardischen Krankenhäuser lagen, waren immerhin acht Prozent im Alter von 25 bis 49 Jahren. 33 Prozent zählten hingegen zur Altersgruppe zwischen 50 und 64 Jahren, während 37 Prozent zwischen 65 und 74 Jahre alt waren.
Eine andere Erfahrung ist, dass die jungen Leute im Kampf gegen den Virus die besseren Karten besitzen. Die auf der Intensivstation gegen den Coronavirus angewandte Schocktherapie, die den Einsatz von Antibiotika, antiviralen und – in experimenteller Erprobung – auch gegen HIV verwendeten Medikamenten vorsieht, wird von jungen, vorher gesunden Patienten besser vertragen, als von jenen, deren Körper bereits geschwächt sind.
Coronavirus, il paziente 1 “ha cominciato a respirare autonomamente”. Trasferito in terapia sub intensiva https://t.co/TcjdWWRroa di @fattoquotidiano
— franco de santis (@orsomarrone) March 10, 2020
Für ein gutes Gelingen der Therapie ist auch wichtig, dass drei Faktoren – der Erhalt der Lebensfunktionen mit Flüssigkeitszufuhr und künstlicher Ernährung, die erfolgreiche Behandlung mit einem Cocktail von Medikamenten und das Ausbleiben von Komplikationen wie Thrombosen oder bakteriellen Lungeninfektionen – zusammentreffen. Auch in dieser Hinsicht sind junge Patienten klar im Vorteil, weil bei ihnen das Auftreten von Komplikationen weniger wahrscheinlich ist.
Die kritische, aber stabile Lage des „Patienten eins“ stimmt die behandelnden Ärzte ebenfalls optimistisch. Der Krankheitsverlauf bei Mattia – so die Mediziner – scheint typisch für den Coronavirus zu sein. Auf eine rapide Verschlechterung des Zustands des 38-Jährigen folgte eine lang anhaltende Phase der Stabilisierung, die nach vielen Tagen ihrerseits wieder von einer langsamen Verbesserung abgelöst wurde.
„Der ‚Patient eins‘ ist ein Symbol dafür, dass man vom Coronavirus auch bei schwersten Krankheitsverläufen geheilt werden kann. Doch für uns sind alle unsere Patienten ‚Patient eins‘“, so Francesco Mojoli und Raffaele Bruno.
Der Fall von Mattia hat aber längst nicht „nur“ mehr eine wissenschaftliche und medizinische Dimension. Inzwischen sind der Überlebenskampf des 38-Jährigen und die Bemühungen der Ärzte längst zum Symbol für den Widerstand eines ganzen Landes gegen die Epidemie geworden. Das Überleben von Mattia ist in diesem Sinne mehr als nur ein kleiner Lichtstreif am Horizont.