Alice Neris grausames Schicksal, mutmaßlicher Täter gefasst – VIDEO

„Missbraucht, ermordet und verbrannt“

Sonntag, 18. Dezember 2022 | 08:27 Uhr

Concordia sulla Secchia/Ravarino – Nachdem drei Wochen lang nach ihm gefahndet worden war, ist der mutmaßliche Mörder der 32-jährigen Alice Neri, der 29-jährige tunesische Staatsbürger Mohamed Gaaloul, am vergangenen Mittwoch in Mülhausen (französisch Mulhouse) in Frankreich festgenommen worden. Gegen Mohamed Gaaloul, der sich in Italien illegal aufgehalten hatte und dem eine Abschiebungsanordnung zugestellt worden war, soll der ermittelnden Staatsanwaltschaft von Modena zufolge schwerwiegendes belastendes Material vorliegen.

Arrestato in Francia il presunto assassino di Alice Neri

Arrestato in Francia il presunto assassino di Alice NeriDopo una fuga durata quasi un mese, è stato arrestato in Francia l'uomo sospettato di aver ucciso Alice Neri, la 32enne trovata carbonizzata nella sua auto il 18 novembre nel Modenese.Maria Teresa Palamà per il Tg3 delle 19 del 14 dicembre 2022

Posted by Tg3 on Wednesday, December 14, 2022

Am Freitag, dem 18. November gegen 21.00 Uhr fiel einem Spaziergänger an einem abgelegenen Ort in der ländlichen Umgebung von Concordia sulla Secchia ein noch rauchender ausgebrannter Kleinwagen auf. Als die alarmierten Feuerwehrleute den Kofferraum des Ford Fiesta öffneten, machten sie eine grausige Entdeckung. Im Kofferraum lag eine verbrannte Frauenleiche. Das Opfer konnte bald als die 32-jährige Alice Neri aus dem weniger als 30 Kilometer vom Fundort entfernten Ravarino ausgeforscht werden. Die 32-jährige Mutter eines vierjährigen Mädchens war von ihrem Ehemann Nicholas Negrini am Freitagmorgen als vermisst gemeldet worden.

ANSA/FACEBOOK ALICE NERI

Wochenlang hüllten sich die Carabinieri und die Staatsanwaltschaft in Schweigen. Der Ehemann der Frau und ein Freund des Opfers, Marco aus Sardinien, gegen die zunächst ermittelt worden war, fielen nacheinander als mögliche Täter aus. Alice hatte Marco am Donnerstagabend kurz vor 20.00 Uhr in einer Bar in Concordia sulla Secchia getroffen und mit ihm dort den gesamten Abend verbracht. Erst nach der Schließung der Bar am frühen Freitagmorgen nach 3.30 Uhr hatten sich die Wege der 32-Jährigen und Marco getrennt. Während Marco nach Hause gefahren war, war Alice in ihrem Fiesta noch einige Minuten auf dem Parkplatz geblieben.

Die Auswertung der Überwachungskameras der Bar, neben der sich auch eine Spielhalle befindet, ergab, dass Mohamed Gaaloul sich zur selben Zeit wie Alice und Marco in der Bar befunden hatte. Der 29-Jährige, der ihm nahen Vallalta gewohnt hatte, war gegen 3.00 Uhr mit seinem Fahrrad zur Spielhalle gefahren. Entscheidend war auch eine Aussage von Marco. Der Sarde gab an, dass ihm aufgefallen war, dass ein Mann, auf den die Beschreibung von Mohamed Gaaloul passt, Alice mehrmals auffällig angestarrt hatte.

Es sollen aber ein Video und eine Zeugenaussage eines anderen Besuchers der Spielhalle sein, die Mohamed Gaaloul besonders belasten. Laut den Ermittlern zeigen die Bilder, wie sich der 29-jährige Tunesier auf den Fiesta von Alice zubewegt. Zudem sagte der Zeuge aus, dass sich Mohamed Gaaloul in Richtung des Kleinwagens bewegt habe.

YouTube

Was anschließend geschehen war, ist noch Gegenstand von Ermittlungen. Eine Geolokalisations-App, die auf dem Smartphone von Alice Neri installiert war, und die Aufnahmen mehrerer Überwachungskameras erlauben es aber, über den Tathergang Mutmaßungen anzustellen. Einer Rekonstruktion des möglichen Tathergangs zufolge hat der Täter zunächst die Abfahrt von Marco abgewartet. Kurz darauf – gegen 3.40 Uhr – soll die 32-Jährige auf dem Parkplatz vor der Bar vom Täter überrascht worden sein. Laut der Geolokalisations-App und einer Überwachungskamera war der Fiesta zunächst kurz losgestartet, um wenig später an einem abgelegenen Ort in der Nähe der Bar mehr als eine Stunde lang – von 4.04 bis 5.12 Uhr – zu verweilen. Erst danach hatte sich der Kleinwagen in Richtung des späteren Fundorts der Leiche aufgemacht. Einer Vermutung zufolge ist das Opfer vom Täter zuerst missbraucht und anschließend ermordet worden. Einige Zeit später soll der Täter das Fahrzeug samt der Leiche mit einem Brandbeschleuniger angezündet haben.

Von Journalisten telefonisch erreicht, gab Mohamed Gaaloul an, dass er unschuldig sei und sich auf Hochzeitsreise befinde. Er beteuerte, Alice Neri nicht persönlich zu kennen, und fügte hinzu, dass ihn eine „blonde Frau eine Mitfahrgelegenheit verschafft“ habe. In Wirklichkeit war der 29-Jährige einen Tag nach dem Auffinden der Frauenleiche aus Italien geflohen. Mohamed Gaaloul, der in der Tat Anfang November geheiratet hatte, hatte sich nach seiner Flucht ins Ausland zweimal einer Verhaftung entzogen.

Facebook/Mohammed Gaaloul

Mohamed Gaaloul ist für das Gesetz kein Unbekannter. Der 29-Jährige, der sich in Italien illegal aufgehalten hatte, war von den Ordnungskräften am Steuer eines auf seiner Frau gemeldeten alten BMW ohne gültige Fahrberechtigung angetroffen worden. Zudem hatte er ein kleines Drogendelikt begangen. Auffällig ist jedoch, dass gegen ihn wegen Erpressung einer anderen Frau ermittelt wird. Dieser Frau aus der Nähe von Modena, mit der der 29-Jährige eine Beziehung gepflegt und der er 2.000 Euro geschuldet hatte, habe Mohamed Gaaloul damit gedroht, Videos, die die beiden beim Geschlechtsverkehr zeigen, an Verwandte und Arbeitskollegen weiterzugeben. Ziel dieser Erpressung sei es gewesen, seine Ex-Freundin zum Verzicht auf eine Rückzahlung der Schulden zu zwingen. Seine Vermieterin und andere Dorfbewohner hingegen beschrieben den Tunesier und seine Frau als normales Paar, das nie negativ aufgefallen sei.

Facebook/Casa delle Donne di Modena

Gegenüber dem französischen Richter machte Mohamed Gaaloul von seinem Schweigerecht Gebrauch. Aller Voraussicht nach wird der 29-jährige Tunesier zwischen Ende Dezember und Anfang des nächsten Jahres von Frankreich an Italien ausgeliefert werden. Die Trauer um Alice Neri ist weiterhin groß. Um der jungen Mutter eines vierjährigen Mädchens zu gedenken, wird am Sonntag in Modena ein Trauerfackelumzug stattfinden.

Von: ka