Von: ka
San Giovanni Teatino – San Giovanni Teatino in den Abruzzen ist am Sonntag zum Schauplatz eines „Taser“-Einsatzes mit tragischem Ausgang geworden, der in Italien erneut die Debatte um die Sinnhaftigkeit dieses Elektroimpulsgeräts, das gegen Angreifer auf kurze Distanz eingesetzt werden kann, aufleben ließ.
Nachdem ein nackter und verwirrter Mann durch die Straßen des Ortes gerannt war und dabei seinen Kopf gegen die parkenden Autos geschlagen hatte, verständigten verängstigte Passanten die Carabinieri. Um den 35-jährigen, offensichtlich psychisch kranken Mann zu stoppen, setzen die Carabinieribeamten einen „Taser“ ein. Nach einer Erstversorgung durch die Rettungskräfte starb der 35-Jährige auf dem Weg ins Krankenhaus an einem Herzstillstand. Nach dem Tod des Mannes nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.
Der tragische Vorfall, bei dem der 35-jährige Simone Di Gregorio aus San Giovanni Teatino ums Leben kam, wirft viele Fragen auf. Ersten Informationen zufolge lief der Mann nackt und in einem verwirrten Zustand durch die Straßen des Ortes, wobei er sich selbst Verletzungen zufügte. Zutiefst verängstigte Passanten, die um ihre Sicherheit besorgt waren und sahen, dass Simone Di Gregorio in Richtung der Gleise lief, verständigten die Carabinieri. Um den 35-jährigen, offensichtlich psychisch kranken Mann stoppen und bändigen zu können, setzen die Carabinieribeamten einen „Taser“ ein.
Kurz nach den Carabinieri trafen auch die über den Notruf 118 verständigten Rettungskräfte ein. Zur Beruhigung des Mannes wurden ihm Medikamente verabreicht. Anschließend sollte der 35-jährige Mann in das Krankenhaus von Chieti gebracht werden, aber Simone Di Gregorio starb auf dem Weg ins Krankenhaus an einem Herzstillstand. Laut ersten Erkenntnissen befand sich der Mann wegen seiner Krankheit in einer psychiatrischen Einrichtung in Behandlung. Als Simone Di Gregorio in der Nähe der Bahnlinie gesehen wurde, wurde befürchtet, dass er entweder eine Verzweiflungstat begehen oder aufgrund seines verwirrten Zustands einen nahenden Zug zu spät erkennen könnte, was die Carabinieri dazu veranlasste, ihn mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aufzuhalten.
Eine erste Rekonstruktion des Vorfalls zufolge „verletzte sich der Mann selbst, indem er in einem Zustand großer Erregung immer wieder seinen Kopf gegen stehende Autos schlug, was ein Eingreifen der Ordnungskräfte notwendig machte“. Der Bürgermeister von San Giovanni Teatino, Giorgio Di Clemente, fügte hinzu, dass dieses tragische Ereignis aber noch Gegenstand von weitergehenden Ermittlungen sei.
La Procura di Chieti ha aperto una inchiesta per far luce sulla morte, in ambulanza, di un uomo immobilizzato con il taser mentre vagava senza vestiti e in evidente stato di agitazione al centro di un paese abruzzese. pic.twitter.com/JOI4X9gxWn
— Tg3 (@Tg3web) August 14, 2023
Ebenso wenig geklärt ist die genaue Todesursache. Die Frage, ob Giorgio Di Clemente sich während seines verwirrten Zustands unter Einfluss von Medikamenten befunden habe, ist noch ohne Antwort. Nicht zuletzt zur Klärung dieser Frage ordnete die mit dem Fall betraute Staatsanwältin von Chieti, Marika Ponziani, eine Autopsie der Leiche des Opfers an. Zugleich wurden gegen Unbekannt weitergehende Ermittlungen wegen Totschlags eingeleitet. Die Autopsie soll vor allem eine Antwort darauf liefern, ob der Herzstillstand als Folge des Elektroschocks des „Tasers“ eingetreten ist oder ob es sich um die Wirkung eventuell eingenommener Medikamente gehandelt hat. Die Autopsie wurde für den 16. August angesetzt.
Zu dieser Frage nahm auch der Professor für Kardiologie und ehemalige Präsident der italienischen Gesellschaft für Kardiologie, Franco Romeo, Stellung. „Wenn sie richtig eingesetzt werden, sind Taser im Allgemeinen nicht gefährlich. Ein Herzstillstand kann als Reaktion auf eine besonders stressige Situation auftreten. Studien, die an anderthalb Millionen Menschen durchgeführt wurden, die mit zertifizierten Tasern getroffen worden waren, zeigten keine ernsthaften Gesundheitsrisiken, geschweige denn Fälle von Herzstillstand. Die Intensität des Strahls ist von Bedeutung, aber der zeitliche Einsatz des Elektroimpulsgeräts ist gerade deshalb sehr kurz und seine Intensität ist gerade deshalb sehr gering gewählt, um das Leben der betroffenen Person nicht zu gefährden und keine Herzprobleme zu verursachen. Sollte die betroffene Person einen Herzschrittmacher implantiert haben, könnte der Impuls des Tasers die Eichung des Schrittmachers in Mitleidenschaft ziehen, aber auch in diesem Fall ist das Leben des Betroffenen nicht in Gefahr“, meint Franco Romeo.
Trotzdem ließ der tragische Ausgang des „Taser“-Einsatzes in Italien erneut die Debatte um die Sinnhaftigkeit dieses Elektroimpulsgeräts, das gegen Angreifer auf kurze Distanz eingesetzt werden kann, erneut aufflammen.