Von: Ivd
Gran Paradiso – Ein meteorologisches Schauspiel hat die italienischen Alpen erfasst: Während auf den Ostalpen September-Schnee noch relativ normal ist, sorgen die ungewöhnlich frühen Schneefälle in den Westalpen für Aufsehen. Bis auf 1550 Meter Höhe reichte der weiße Teppich – ein Phänomen, das zuletzt vor über drei Jahrzehnten auftrat.
Das Tiefdruckgebiet „Alessio“ brachte kalte Luft aus Zentraleuropa und ließ die Schneefallgrenze dramatisch sinken. Im Parco Nazionale Gran Paradiso maß Parkwächter Davide Gasparini am Casotto del Lasin sage und schreibe 37 Zentimeter Neuschnee. Selbst im Ort Ceresole Reale auf 1579 Meter Höhe lagen zwei bis drei Zentimeter – ein Anblick, den die Einheimischen seit 1993 nicht mehr erlebt hatten.
Am 28. September 1993 hatte es zuletzt ähnlich viel geschneit wie zuletzt – damals vier Zentimeter in Ceresole Reale. Besonders erstaunlich ist der Kontrast: Nur eine Woche zuvor herrschten noch sommerliche Temperaturen von 23 Grad Celsius in der Region. Am Lago Serrù wurden sogar 21 Grad gemessen – ein neuer Rekord für die zweite Septemberhälfte seit Messbeginn 1955. Die Gefriergrenze lag da noch bei über 5000 Metern.
Ein Trendbrecher-Jahr
Doch hinter dem spektakulären Einzelereignis verbirgt sich ein paradoxer Trend: Obwohl die September-Schneefälle Schlagzeilen machen, zeigen Langzeitdaten das Gegenteil. „ Abgesehen von Einzelfällen wie in diesem Jahr, lässt der erste Herbstschnee immer länger auf sich warten”, betont die Meteorologengesellschaft Società Meteorologica Italiana.
Die Zahlen sind eindeutig: In Ceresole Reale verspätet sich der erste Schnee im Durchschnitt um elf Tage, in Gressoney am Monte Rosa sogar um vierzehn Tage. Diese Tendenz ist kein lokales Phänomen: eine internationale Studie im Journal of Hydrology belegt, dass 87 Prozent aller Schneemessstationen in Europa und Nordamerika später einschneien als früher.
Während die weißen Gipfel im September für Staunen sorgen und Erinnerungen an längst vergangene Winter wecken, zeichnen die Messdaten ein anderes Bild: Die Alpen werden im Durchschnitt später weiß, die Schneesaison verkürzt sich. Der frühe Schneefall ist also weniger Normalzustand als vielmehr Ausnahme in einem sich wandelnden Klima.
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