Bürgermeister wollte mit Flüchtlingen Inselschule retten – VIDEO

Rettungsversuch misslungen: Mittelschule von Ventotene schließt Tore

Freitag, 14. September 2018 | 08:03 Uhr

Ventotene – Genau ein Jahr, nachdem der Bürgermeister von Ventotene an die Verantwortlichen den Appell gerichtet hatte, Flüchtlingsfamilien mit schulpflichtigen Kindern auf seine Insel zu entsenden, kam für die Mittelschule der nur 1,75 Quadratkilometer großen Insel im Tyrrhenischen Meer vor der Küste von Latium das endgültige Aus.

Twitter/ventotene

Es ist nur ein Jahr her, als Gerardo Santomauro, erster Bürger der 700 Seelen zählenden Inselgemeinde von Ventotene, mit der Idee aufhorchen ließ, Flüchtlingsfamilien mit schulpflichtigen Kindern auf seiner Insel aufzunehmen. Im Sinne des Bürgermeisters hätten die Kinder der Flüchtlinge die gerade noch zwei Schülerinnen zählende Mittelschule der Insel retten und auf lange Sicht auch die rapide fortschreitende Alterung der Inselbevölkerung von Ventotene einbremsen sollen. Aber daraus wurde leider nichts. Das Ansinnen der Gemeindeverwaltung, das bereits von Anfang an von vielen Inselbewohnern sehr skeptisch betrachtet wurde, stieß mit der Zeit bei den „Ventotenern“ auf immer größeren Widerstand.

Twitter/ventotene

„Bereits heute fehlen uns wichtige Versorgungsgüter und Dienstleistungen. Wir können uns daher nicht leisten, weitere Menschen aufzunehmen. Und zudem gibt es nicht Arbeit für alle“, so ein Insulaner, der vielen Einwohnern von Ventotene aus der Seele spricht. Zuletzt legte sich auch das zuständige römische Ministerium quer und verweigerte der Gemeindeverwaltung die nötigen Mittel, um das SPRAR-Programm (staatliches Schutzprogramm für Asylsuchende und Flüchtlinge, Anmerkung der Redaktion) in die Wege leiten zu können. Der Widerstand der Mehrheit der Inselbewohner und die nicht genehmigten staatlichen Zuschüsse führten dazu, dass der Bürgermeister und einige sozial engagierte „Ventotener“ ihren Traum, die Inselschule zu retten, begraben mussten.

Twitter/ventotene

„Es ist eine Niederlage für die Insel. Eine einmal geschlossene Schule wird kaum wieder jemals ihre Tore öffnen, auch dann nicht, wenn sich die Bedingungen ändern sollten“, so der etwas traurig wirkende erste Bürger der Insel, Gerardo Santomauro.

ANSA/STEFANO SECONDINO

Zurzeit sind nach dem Aus der Mittelschule in der Schule von Ventotene, die nach dem europäischen Vordenker Altiero Spinelli, der auf der Insel das berühmte Manifest von Ventotene verfasst hat, benannt ist, insgesamt 16 Schülerinnen und Schüler eingeschrieben. Davon besucht die eine Hälfte den Kindergarten und die andere die Grundschule. Ab heuer müssen die Mittelschüler die Fähre nehmen, um genauso wie alle Oberschüler der Insel auf dem Festland, in Formia, ihren Bildungsweg fortführen zu können. Nach der, mit ziemlicher Sicherheit endgültigen, Schließung der Mittelschule befürchten Inselbewohner, die sich um die langfristige Zukunft von Ventotene sorgen, dass auch die Grundschule und der Kindergarten einen „langsamen Tod“ sterben werden. Familien könnten sich, wie bereits in der Vergangenheit geschehen, wegen der vielen Unannehmlichkeiten des Insellebens, zu denen lange Wege und fehlende Arbeitsplätze zählen, genötigt sehen, endgültig auf das Festland zu ziehen. Laut dieser Befürchtung würde sich die Insel langsam zu einem vom Meere umgebenen Altersheim entwickeln.

Diese Entwicklung ist im Prinzip manchen Szenarien, die unter anderem auch abgelegene Alpentäler betreffen, nicht unähnlich. Die Debatte, ob gezielte Zuwanderung von Migranten Zwergschulen retten kann, wird auch weitab von Ventotene noch geführt werden.

 

 

Von: ka