Von: ka
San Marino – Der Zwergstaat erlebt im Pandemiejahr eine wahre Achterbahnfahrt. Vom Land mit der auf die Bevölkerung hochgerechnet weltweit höchsten Corona-Sterblichkeit mausert sich das kleine San Marino zum vielleicht ersten „Covid-19-freien“ Staat.
Die Corona-Zahlen werden mit jedem Tag besser. Am vergangenen Samstag wurde sogar keine einzige Neuansteckung verzeichnet. Dank des geringen Infektionsgeschehens genießen die glücklichen Bürger des Zwergstaats Freiheiten, von denen die Italiener noch nicht einmal träumen dürfen. Ermöglicht wurde das kleine Wunder durch eine klug vorangetriebene Impfkampagne – im weniger als 35.000 Einwohner zählenden Zwergstaat wurden bereits mehr als 21.000 Impfdosen verabreicht –, die vor allem auf dem russischen Impfstoff Sputnik V fußt.
Die Bürger der „Repubblica del Titano“, wie die Zwergrepublik San Marino nach ihrem beherrschenden Burgberg genannt wird, genießen jetzt schon Freiheiten, von denen die Italiener noch nicht einmal träumen dürfen. Von der Grund- bis zur Oberschule herrscht Präsenzunterricht und alle Läden können für ihre Kunden geöffnet bleiben. Restaurants und Bars dürfen sowohl im Innen- als auch im Außenbereich mittags und abends Speisen und Getränke anbieten. Mit dem 26. April wird auch die Sperrstunde vom Spätabend auf Mitternacht verlegt. Ermöglicht wurde das kleine Wunder durch eine klug vorangetriebene Impfkampagne. Im weniger als 35.000 Einwohner zählenden Zwergstaat wurden bereits mehr als 21.000 Impfdosen verabreicht.
San Marinos Erfolgsgeschichte begann im Februar. Zunächst hatte sich San Marino an die italienische Impfkampagne angehängt. Einem Abkommen mit Italien zufolge hätte der Zwergstaat entsprechend seiner Bevölkerungszahl eine von 1.700 nach Italien ausgelieferten Impfdosen erhalten sollen. In der Praxis kam es aber immer wieder zu Lieferengpässen. Im Februar waren sogar alle Lagerbestände aufgebraucht. Dies war zu dieser Zeit besonders gefährlich, weil in der Umgebung von San Marino ein hohes Infektionsgeschehen herrschte.
Um der Gefahr einer erneuten Corona-Welle zu entgehen und der schleppenden Impfkampagne Leben einzuhauchen, entschieden sich die Verantwortlichen der „Repubblica del Titano“ dazu, über ein direktes Abkommen mit dem russischen Staatsfonds für Direktinvestitionen(Russian Direct Investment Fund)Tausende Dosen des russischen Vakzins Sputnik V zu erwerben.
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien, die dem russischen Impfstoff eine sehr hohe Wirksamkeit bestätigten – die angesehene wissenschaftliche Zeitschrift „Lancet“ veröffentlichte eine Studie, die Sputnik V eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent bescheinigt – erleichterten den Vätern der kleinen Republik, die auch sonst für ihre „innovativen Lösungen“ und ihre Durchsetzungskraft – „Wer sich nicht impfen lassen will, muss alle Kosten tragen“ – bekannt ist, ihre Entscheidung, für die Impfkampagne voll auf das russische Vakzin zu setzen.
Seit der am 23. Februar erfolgten ersten Lieferung bis zum letzten Wochenende erhielt San Marino insgesamt 68.000 Impfdosen Sputnik V, die sich zu gleichen Hälften auf jeweils für die erste Verabreichung sowie für die zweite Verabreichung bestimmte Dosen verteilen. Dies muss so gehandhabt werden, weil der Impfstoff Sputnik V für die Erstimpfung und für die Auffrischimpfung zwei verschiedene Adenoviren – jeweils Ad26 und Ad25 – als Basis verwendet. Zusätzlich zu den russischen Dosen trafen im Zwergstaat auch 7.020 Impfdosen des Herstellers Pfizer/BioNTech ein.
Dank dieser „Impfstoffflut“ befindet sich die „Repubblica del Titano“ auf einem guten Weg, alle Bürger des Zwergstaats durchzuimpfen. Bis Ende dieses Monats hofft der für das Gesundheitswesen zuständige Staatssekretär Roberto Ciavatta, allen Bürgern zumindest die erste Dosis zu verabreichen. Sofern es zu einer Vereinbarung mit dem italienischen Staat kommt, lassen es die vollen Lagerbestände zu, auch den rund 6.500 Grenzpendlern – es handelt sich dabei um Italiener, die in San Marino arbeiten – ein Impfangebot zu machen. Auf nicht wenige Italiener wirkt das Angebot, sich mit Sputnik V gegen Covid-19 impfen zu lassen, zudem verlockend.
Die Früchte der erfolgreichen Impfkampagne kann San Marino aber jetzt schon ernten. Die im letzten Jahr noch verheerenden Corona-Zahlen werden mit jedem Tag besser. Am vergangenen Samstag wurde sogar keine einzige Neuansteckung verzeichnet. Das geringe Infektionsgeschehen ermöglicht es San Marino, umfangreiche Lockerungen einzuleiten. Für Mai ist sogar eine „neue Normalität“ mit nur mehr sehr milden Corona-Einschränkungen vorgesehen.
Viele Italiener blicken mit Erstaunen und vielleicht fast schon mit ein wenig Neid auf das kleine Land, das Covid-19 fast schon besiegt hat. Beobachter meinen, dass San Marino bereits heute zeige, was in wenigen Wochen oder Monaten in Italien und in ganz Europa möglich sein wird.