Von: ka
San Marino – Der Zwergstaat, der sich auf die Bevölkerung hochgerechnet vom Land mit der weltweit höchsten Corona-Sterblichkeit zum vielleicht ersten „Covid-19-freien“ Staat mauserte – in San Marino, das nur 24 aktive Corona-Fälle aufweist, wurden zuletzt weder Tote noch neue Fälle registriert – will ab dem 17. Mai auch seine Gäste am eigenen Erfolg teilhaben lassen.
Die „Repubblica del Titano“, wie die Zwergrepublik San Marino nach ihrem beherrschenden Burgberg genannt wird, beschloss, ab dem 17. Mai auch ihren Urlaubsgästen, die innerhalb von 21 Tagen mindestens zweimal für drei Tage in San Marino ihren Urlaub verbringen, für den fast schon symbolischen Preis von 50 Euro die Verabreichung der ersten und der zweiten Dosis des russischen Impfstoffs Sputnik anzubieten. Um in den Genuss des Urlaubspakets „Urlaub plus Impfung“ zu kommen, muss der „Impfurlaub“ mindestens sieben Tage vor dem Antritt vorgemerkt werden.
Der Wermutstropfen aber ist, dass aufgrund eines fehlenden Abkommens mit Italien dieses für Impfwillige lukrative Angebot italienischen Staatsbürgern – also auch den Südtirolern – verwehrt bleibt. Ein weiteres Problem ist, dass der russische Impfstoff Sputnik V derzeit noch nicht von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA anerkannt wird. „Impfstoffthemen sollten nicht in geopolitische Kontroversen hineingezogen werden“, so der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten von San Marino, Luca Beccari.
Im gleichen Atemzug erinnerte Luca Beccari daran, dass die „aktive Neutralität“ eine politische Tradition San Marinos sei und das kleine Land „ausgezeichnete bilaterale Beziehungen“ sowohl zu Russland als auch zu China, aber auch zu 150 weiteren Ländern dieser Welt pflege. „Die privilegierte Beziehung ist aber doch jene zu Italien“, ließ der Staatskongress der „Repubblica del Titano“ verlautbaren. Italien, dass territorial den Zwergstaat umschließt, beliefert nach einem schleppenden Start San Marino mit einer nicht unbedeutenden Menge des Impfstoffs von BioNTech-Pfizer.
Die Verantwortlichen der Republik von San Marino fügten hinzu, dass das touristische Impfangebot „klare Regeln vorsieht und die Verabreichung des russischen Impfstoffs Sputnik V erst nach einer Überwachung durch das Institut für Soziale Sicherheit ISS erfolgen wird“. Was das heikle und in großen Zügen erst in seiner Vorbereitung steckende Thema des europäischen „Grünen Passes“ anbelangt, teilten die Behörden der „Repubblica del Titano“ mit, dass San Marino zusammen mit anderen Kleinstaaten wie Andorra, der Vatikanstadt und dem Fürstentum Monaco in einem engen Dialog mit der Europäischen Union steht, um „in das System der europaweit anerkannten Impfbescheinigungen aufgenommen zu werden“. In San Marino zeigt man sich zuversichtlich, dass ihrem Staat, der seit langem EU-Mitglied ist, in diesem Sinne keine Steine in den Weg gelegt werden.
Der Staatskongress von San Marino gab auch die ersten Ergebnisse zweier Studien zum Impfstoff Sputnik V bekannt, die von der Universität von Bologna und dem Institut Spallanzani in Rom durchgeführt werden. Im Rahmen der in Zusammenarbeit mit der Universität von Bologna begonnenen Studie, die der Erkennung von Nebenwirkungen der Gabe von Sputnik V gewidmet ist, wurde festgestellt, dass die „möglichen Nebenwirkungen bisher praktisch bei null liegen“.
Die zweite, noch wichtigere Studie betrifft die quantitative und qualitative Bewertung der durch den russischen Impfstoff gebildeten Antikörper. „Die Studie ist noch im Gange, aber die bisher gesammelten Daten weisen darauf hin, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs noch höher ist, als sie in wissenschaftlichen Zeitschriften angegeben wird. Wir verzeichnen einen Wirkungsgrad von nahezu 100 Prozent“, so Verlautbarungen aus Forschungskreisen.
Die angesehene wissenschaftliche Zeitschrift „Lancet“ hatte eine Studie veröffentlicht, die Sputnik V eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent bescheinigt. Die Mitglieder des Staatskongresses der „Repubblica del Titano“ bezeichneten die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatsfonds für Direktinvestitionen (Russian Direct Investment Fund) als „ausgezeichnet“ und die Wahl, den Impfstoff Sputnik V zu nutzen, als „überaus erfolgreich“.
In diesem Sinne verweisen die Mitglieder des Staatskongresses auf die über alle Maßen erfolgreiche Impfkampagne der Republik von San Marino. Im Zwergstaat, der rund 34.000 Einwohner zählt, wurden seit Beginn der Kampagne 35.911 Impfungen verabreicht. Bis zum 12. Mai wurden 21.607 Personen mit der ersten Dosis und 14.304 mit der zweiten Dosis geimpft. Dank der weitgehenden Durchimpfung der Bevölkerung gilt in San Marino, wo sich die Behörden zunehmend auf die Impfung der Grenzpendler und der Studenten konzentrieren, Covid-19 als besiegt. Den Corona-Zahlen zufolge könnte die „Repubblica del Titano“ bald zum vielleicht ersten „Covid-19-freien“ Staat werden. Im gesamten Zwergstaat wurden zuletzt weder Neuinfektionen noch Tote und nur 24 aktive Corona-Fälle gezählt. Dank des geringen Infektionsgeschehens genießen die glücklichen Bürger des Zwergstaats Freiheiten, von denen die Italiener noch nicht einmal träumen dürfen.
Mittlerweile blicken viele Länder mit Hochachtung und vielleicht auch ein bisschen Neid auf das kleine Land auf dem Berg hoch über der blauen Adria. Mit dem entsprechenden Impffleiß könnte dieses Ziel auch das ungleich größere, aber immer noch kleine Südtirol erreichen.