Von: ka
Im Mordfall der 33-jährigen Cinzia Pinna, die seinem Geständnis zufolge vom 41-jährigen Weinunternehmer Emanuele Ragnedda erschossen wurde, kam es zu einer Wende, die viele erschreckt hat.
Gegen seine Lebensgefährtin, die Gastronomin Rosamaria Elvo, wurden Ermittlungen aufgenommen, da sie Emanuele Ragnedda angeblich dabei geholfen hat, die Blutspuren zu beseitigen, und ihn anschließend beim Kauf eines neuen Sofas beraten und begleitet hat. Zudem besteht der Verdacht, dass ein unbekannter Mann und zwei weitere Frauen den Weinunternehmer ebenfalls dabei unterstützt haben, Spuren der schrecklichen Bluttat zu entfernen.
Abgesehen vom genauen Ablauf schien der Mord an Cinzia Pinna, der 33-Jährigen aus Castelsardo, die in der Nacht vom 11. auf den 12. September auf dem Anwesen von Emanuele Ragnedda in Conca Entosa zwischen Palau und Arzachena erschossen wurde, aufgeklärt.
Doch am Dienstag kam es mit der Eintragung von Rosamaria Elvo in das Ermittlungsregister zu einem Paukenschlag. Der Gastronomin aus San Pantaleo, die die Lebensgefährtin von Emanuele Ragnedda ist, wird Beihilfe vorgeworfen. Den Ermittlern zufolge soll sie ihm dabei geholfen haben, die Spuren des Mordes zu beseitigen. Laut den Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft soll sie Ragneddas Villa, in der der Mord geschah, von Blutspuren gereinigt haben. Anschließend habe sie den 41-Jährigen zum Kauf eines neuen Sofas begleitet, um das nach der Bluttat befleckte zu ersetzen.
Emanuele Ragnedda wurde also dabei geholfen, die Spuren des Mordes an Cinzia Pinna zu beseitigen. Auch wenn der geständige Mörder weiterhin beteuert, den Mord allein verübt zu haben und niemand ihm beim Verstecken der Frauenleiche und der Beseitigung der Spuren geholfen habe – „Ich habe alles allein gemacht“ – glauben ihm die Ermittler kein Wort. Es sollen sogar schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen, dass ihm neben Rosamaria Elvo weitere Personen dabei geholfen haben, sich des Smartphones und der Handtasche des Opfers zu entledigen – mindestens ein Mann und zwei Frauen.
Unterdessen liefert die Computertomografie erste Gewissheit: Emanuele Ragnedda hat Cinzia mitten ins Gesicht geschossen. Die Kugel ist zwischen dem linken Auge und der Nase eingedrungen, hat tödliche Verletzungen verursacht und ist dann wieder ausgetreten. Aber es war nicht der einzige Schuss. Der 41-Jährige hat die Pistole buchstäblich leer geschossen. Den Carabinieri hat er eine Wand in seiner Villa auf dem Grundstück in Conca Entosa gezeigt. Sie weist Spuren von Splittern von Pistolenkugeln einer halbautomatischen Glock auf. Die Waffe ist ordnungsgemäß registriert. Er soll jedoch noch im Besitz einer zweiten Pistole sein, die bisher unauffindbar ist.
Um herauszufinden, ob die junge Frau von weiteren Kugeln getroffen wurde, wurde für Donnerstag neben der Autopsie eine zweite spezielle Computertomografie des Opfers anberaumt. Cinzias entstelltes Gesicht und die Verletzungen, welche die Rekonstruktion der Flugbahnen der Kugeln extrem erschweren, sowie die Tatsache, dass zwischen dem Mord und dem Auffinden der Leiche dreizehn Tage vergingen, in denen es sehr heiß war und der tote Körper wilden Tieren ausgesetzt war, erschweren den Ermittlern das Sammeln von Indizien und Beweisen. Die toxikologischen Untersuchungen werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Zudem fand am Dienstag eine Besichtigung des Tatorts statt.
Ein Video einer Überwachungskamera, das in der Nacht des Verschwindens von Cinzia Pinna aufgenommen wurde, zeigt, dass es der 33-Jährigen bereits schlecht ging, als sie Ragnedda auf der Straße traf. Sie taumelte und schrie. Er ließ sie in sein Auto steigen und bot ihr Kokain an.
In der Villa soll eine Party mit Alkohol und anderen Drogen stattgefunden haben, bei der sich beide in einer veränderten psychophysischen Verfassung befanden. Entsprechend verwirrt sind die Aussagen von Emanuele Ragnedda, der einen eskalierten Streit erwähnt. „Wir haben uns gestritten. Sie hat mich mit einem Messer angegriffen und mich am Mund und am Arm verletzt“, sagte er während seines zweiten Geständnisses vor dem Untersuchungsrichter. Damit versuchte er, eine unwahrscheinliche Notwehr geltend zu machen. „Es war falsch, zu schießen, ich hätte fliehen können“, gab der 41-Jährige zu. Um eventuelle Verletzungen zu überprüfen, beauftragte der Richter am Montag einen Arzt, den geständigen Mörder zu untersuchen. Zum Verbleib von Cinzias Smartphone und ihrer Handtasche konnte oder wollte Emanuele Ragnedda keine Angaben machen.
Die Ermittler erhoffen sich, dieses Rätsel mithilfe von Rosamaria Elvo und den namentlich noch nicht bekannten Verdächtigen zu lösen. Die Gastronomin aus San Pantaleo wird beschuldigt, ihm dabei geholfen zu haben, Blutspuren zu beseitigen – ein Versuch, der nur teilweise gelang, denn auf dem Sofa blieb der Schatten eines großen Flecks zurück. Danach sei sie bei ihm gewesen, als er ein Möbelgeschäft in Arzachena betrat, um ein neues Sofa zu kaufen. Wahrscheinlich war es auch sie, mit der er wenige Tage nach der Tat in einem Restaurant an der Küste von Olbia gesehen wurde. Die Carabinieri richten ihr Augenmerk jedoch auch auf zwei weitere Frauen. Es handelt sich um die Verkäuferin einer Bar, mit der er in letzter Zeit oft gesehen wurde, sowie um eine etwas ältere Freundin, mit der er seit längerer Zeit zusammen war.
Dass drei Frauen in den Mordfall verwickelt sind, ist kein Zufall, denn Frauen waren Emanuele Ragneddas Obsession. Er prahlte vor seinen Freunden mit seinen „Eroberungen” und in seinen sozialen Netzwerken waren anzügliche Einladungen wie „Komm und genieße meinen Wein …” an der Tagesordnung.
Die Carabinieri ermitteln nun zu den Partys in Conca Entosa vor und nach dem Mord an Cinzia Pinna. Einige Zeugen sollen bereits mit den Ermittlern gesprochen haben. Unterdessen wurden gestern Abend in einer Schlucht in der Nähe von Costa Serena, gleich hinter Palau und Porto Rafael, ein Kissen mit einem Loch, Vorhänge, ein Badezimmerteppich und weitere Gegenstände – allesamt mit vielen Blutspuren – gefunden.
Die immer größer werdende Wahrscheinlichkeit, dass Frauen aus dem Umfeld des geständigen Mörders ihm bei der Beseitigung der Spuren und persönlicher Gegenstände des Opfers geholfen haben könnten – sozusagen als Komplizinnen eines Femizids – lässt nicht nur viele Sarden entsetzt und sprachlos zurück.
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