„Bei uns gibt es das Virus nicht“

Und ewig lockt das Meer: Die „Corona-Rebellen“ von Mondello

Montag, 11. Mai 2020 | 08:09 Uhr

Palermo/Mondello – Ganz Italien hat sich über das erste Corona-Phase-zwei-Wochenende gefreut und genoss die Vielzahl von kleinen Freiheiten, die für fast zwei Monate kläglich vermisst worden waren. Wie nicht anders zu erwarten, schlug dabei der eine oder andere über die Stränge, aber niemand tat das auf so eklatante und offensichtliche Weise wie Palermos Jugend auf dem Strand von Mondello – einem der schönsten Strände Siziliens. Während Hunderte von Jugendlichen und Familien die Sonne, das Meer und den Sandstrand genossen, drückten die Ordnungshüter beide Augen zu.

Für Siziliens Jugend endete der harte Lockdown gerade noch rechtzeitig vor dem Beginn der Strand- und Badesaison. Herrliches, sonniges Wetter mit warmen 25 Grad, ein feiner, noch unberührter Sandstrand und eine See, die wie die der Karibik alle Grün- und Blautöne widerspiegelte, lockten am ersten Corona-Phase-zwei-Wochenende viele, bisher „eingesperrte“ Palermitaner an die Gestade des heimischen Meeres. Viele beließen es aber nicht beim erlaubten Spaziergang oder ein paar Armzügen und Beinschlägen im Wasser.

Mondello 9 maggio 2020(non è una denuncia ma una constatazione normale sto facendo vedere il nostro mare)

Pubblicato da NUNZIO LO PICCOLO A BELLO MONDELLO su Sabato 9 maggio 2020

Besonders die Jugendlichen hatten keine Lust, auf das Meer und dem klassischen, aber noch verbotenen Aufenthalt auf den Strandtüchern zu verzichten. In Grüppchen aufgeteilt nahmen die jungen Palermitaner zu Dutzenden den Strand in Beschlag bis zusammen mit den Familien und älteren Menschen am Ende sich Hunderte von Menschen auf dem Strand von Mondello aufhielten. Am Anfang machten die jungen Leute noch ein paar lustige Selfies mit den gewohnten Gesichtsmasken. Aber dann gab es kein Halten mehr. Zuerst verschwanden die Masken, die sonst die ganze Woche getragen wurden, in der Tiefe der Strandtasche und dann stürmten die Jugendlichen sich gegenseitig an den Händen haltend in das noch kühle Nass.

Später lagen die jungen Leute auf dem Strand in der Sonne, unterhielten sich oder tanzten zu Musik. Andere hingegen spielten auf dem Strand Fußball oder Tennis. „Das Meer ist hier und es ruft uns. Wir bleiben in der Sonne oder im Wasser. Was tun wir Schlechtes? Hier in Palermo ist das Virus nicht im Umlauf. Ich kenne keinen, der sich angesteckt hat“, erklärte ein junger Mann. Dann kickte er den Ball weit hinaus auf das Meer, nur um ihn zusammen mit seinen Freunden in einem gemeinsamen Wettschwimmen wieder an Land zu holen.

BUONGIORNO a tutti (ho sognato)

Pubblicato da Giuseppe Di Salvo su Giovedì 7 maggio 2020

Auch ein älterer Mann freute sich. Zwei Monate lang hatte er seine zwei und vier Jahre alten Enkelinnen nicht mehr gesehen und nun lag er vor den beiden Mädchen auf dem Strand und schaute ihnen zu, wie sie kleine Sandburgen bauten. Weder der Opa noch die Jugendlichen schienen aber zu wissen, dass es noch verboten ist, auf dem Strand ein Sonnenbad zu nehmen. Einzig „sportliche Aktivitäten“ wie Schwimmen, Surfen oder Laufen sind erlaubt, wobei es aber verboten ist, sich dauerhaft auf dem Strand aufzuhalten.

Aber dies kümmerte auch zwei junge Liebende, die sich küssten und nicht voneinander lassen konnten, kaum. „Wir sind verlobt. Also sind wir sozusagen ‘verwandt’. Das heißt, wir können zusammen bleiben“, meinte das Liebespärchen während einer kurzen „Pause“. Schade nur, dass das Dekret des Präsidenten des Ministerrates für die Treffen von sogenannten „Congiunti“, zu denen laut neuester Interpretation auch in „stabiler Beziehung lebende“ Pärchen gehören, das Tragen von Gesichtsmasken und das strenge Einhalten eines angemessenen Abstandes vorsieht. Im Falle des Liebespärchens auf dem Strand von Mondello sank der zu einhaltende Abstand aber auf null, während die Masken im Rucksack ihren Frieden hatten.

#cms | In diretta dalla #spiaggia di #Mondello (PA), dove molta gente ha deciso di fare il bagno, seppur con le acque ancora relativamente fredde.Video di: Simone Provenzanowww.centrometeosicilia.it

Pubblicato da CMS – Centro Meteorologico Siciliano – ODV su Sabato 9 maggio 2020

Einige ältere Frauen hingegen hielten sich wenigstens teilweise an die Corona-Beschränkungen und legten ihre Strandtücher im Abstand von zwei Metern voneinander aus. Über die Distanz hinweg entspann sich daraufhin eine lautstarke Konversation. Die Ordnungshüter hingegen schauten zwar aus der Ferne dem Treiben auf dem Strand zu, aber sie zogen es vor, beide Augen zuzudrücken.

ANSA / IGOR PETYX

Weniger erfreut hingegen war der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando. „Ich werde die Eltern, die ihre Aufsichtspflicht verletzt haben und auf ihre Kinder und jugendlichen Söhne und Töchter nicht aufpassen und dabei die eigene sowie die Gesundheit aller gefährden, bei der Staatsanwaltschaft anzeigen“, kündigte Leoluca Orlando an, nachdem er die Bilder der im Meer badenden und auf dem Strand spielenden Jugendlichen gesehen hatte.

Da aber keiner der Badenden und auf dem Strand Liegenden von den Ordnungskräften identifiziert wurde, wird es aber vermutlich bei der Ankündigung bleiben. Auch beim Vorhaben des Bürgermeisters, durch Appelle an die Vernunft und verstärkte Kontrollen den Andrang auf die Strände Palermos zu verringern, blieb von einigen vertriebenenen Strandgästen abgesehen weitgehend der Wunsch der Vater des Gedankens.

Nach zwei Monaten Lockdown sind die Sizilianer, deren Insel vom Coronavirus nur gestreift wurde, nicht mehr zu halten.

Von: ka