Von: mk
Santo Stefano di Cadore – Dass Angelika Hütter die Familie in Santo Stefano di Cadore absichtlich gerammt hat, hält die Staatsanwaltschaft im Belluno für unwahrscheinlich. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die 31-jährige Deutsche sich in einem Zustand der Wut befand und sich deshalb nicht unter Kontrolle hatte. Bei dem verheerenden Unfall am 6. Juli kamen bekanntlich drei Menschen ums Leben.
Was die Wut ausgelöst haben könnte, bleibt unterdessen unklar. Die Frau, die aus Deggendorf in Bayern stammt, ist mit ihrem Auto mitten im Zentrum mit hoher Geschwindigkeit gefahren. Die 65-jährige Großmutter Mariagrazia Zuin, der Vater Marco Antonello (48) und sein zwei Jahre alter Sohn Mattia starben bei der Kollision.
Wie deutsche Medien berichten, kam die Mutter mit leichten Verletzungen davon. Der Großvater, der sich zum Zeitpunkt des Aufpralls offenbar etwas weiter hinten befunden hatte, erlitt einen Schock und musste deshalb ins Krankenhaus gebracht werden.
Die Nachrichtenagentur Ansa schrieb, dass der Wagen die Menschen auf einem Bürgersteig neben der Straße angefahren hat. Die Betroffenen wurden rund 30 Meter durch die Luft geschleudert.
Wie der Leitende Staatsanwalt Paolo Luca am Dienstag Medien gegenüber erklärte, gebe es kaum objektive Hinweise die auf eine Gewalttat schließen lassen – abgesehen von den fehlenden Bremsspuren. Vielmehr beschrieb Luca die Unfalllenkerin als Person, die unfähig sei, ihren Zorn zu kontrollieren.
Auch die Vermutung, dass Hütter während der Fahrt mit dem Handy telefoniert habe, räumt der Staatsanwalt vom Tisch. Ersten Auswertungen zufolge hat die 31-Jährige weder mit jemandem telefonisch ein Gespräch geführt noch mit dem Smartphone eine Suche im Netz durchgeführt. Um auf Nummer sicher zu gehen, wird trotzdem noch ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.
Luca ging auch auf den aktuellen Stand der Ermittlungen ein. Demnach lebte die 31-Jährige seit Monaten in ihrem Wagen. Dort nahm schlief sie und nahm ihre Mahlzeiten zu sich. Hinweise, dass sie jemals in einem Hotel übernachtet hat, gibt es nicht. Bevor sie das Veneto erreichte, hielt sie sich auch in Südtirol auf, wo sie nach einem Streit in einem Kaufhaus angezeigt wurde, weil sie einen Hammer bei sich hatte.
Deutschen Medienberichten zufolge wuchs Hütter in Bayern Deggendorf in gepflegter Umgebung auf und lebte mit ihrem Bruder und ihren Eltern gemeinsam in einem Haus. Soziale Kontakte in dem Dorf hatte sie kaum. Von Nachbarn wurde sie als zurückhaltend beschrieben. In Salzburg hat sie eine Ausbildung als Mediendesignerin abgeschlossen und sie betrieb eine eigene Internetseite, wobei sie Graphik- und Mediendesign für Firmen und Private anbot.
Im Oktober kam die Polizei ins Haus der Familie – aus bislang unbekannten Gründen. Eine Woche später ist Angelika Hütter ausgezogen und fuhr mit ihrem Auto samt Matratze, Kleidern und Lebensmitteln in Richtung Süden.
Derzeit befindet sich Angelika Hütter in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses von Venedig. Sie muss sich wegen Tötung im Straßenverkehr verantworten.
Hohe Geschwindigkeit
Unterdessen ist ein zweites Video des Unfallautos aufgetaucht, das von den Ermittlern sichergestellt wurde. Dabei ist zu sehen, wie der Audi im Innenhof einer Werkstatt eine Kehrtwende macht und fast einen zweiten Wagen touchiert. Anschließend brettert Hütter am Steuer mit 90 Stundenkilometern los.
Sollte festgestellt werden, dass die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls 100 km/h überschritt, würde dies noch einmal eine Steigerung der Haftstrafe von zwei bis sieben auf fünf bis zehn Jahre mit sich bringen. Weil es mehrere Todesopfer gibt, riskiert die 31-Jährige eine Haftstrafe bis zu 18 Jahren.