Von: ka
Vigonovo – Nach dem Auffinden der Leiche von Giulia Cecchettin und der Verhaftung von Filippo Turetta deuten immer mehr Indizien darauf hin, dass der junge Student den Mord an seiner 22-jährigen Ex-Freundin möglicherweise einige Tage vorher oder vielleicht sogar schon seit Wochen geplant haben könnte. Um Filippo Turetta im Falle eines Schuldspruchs zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilen zu können, ist der gerichtliche Nachweis eines Vorsatzes unbedingt notwendig.
Filippo Turetta wird des Mordes unter erschwerten Umständen sowie der Entführung beschuldigt. Aber hat der junge Mann, der an der Universität Padua studierte, den Mord an Giulia Cecchettin vorsätzlich begangen? Diese entscheidende Frage versuchen die mit dem Mordfall betrauten Ermittler gerade zu beantworten.
An Indizien und vielleicht sogar an Beweisen, dass der junge Student den Mord an der 22-Jährigen und seine Flucht möglicherweise einige Tage vorher oder vielleicht sogar schon seit Wochen geplant haben könnte, fehlt es nicht. Neben dem Messer, dem Klebeband und den schwarzen Plastiksäcken deuten auch die bei ihm sichergestellten 300 Euro in bar darauf hin, dass der Mord nicht die Folge eines „plötzlichen Wutanfalls“ gewesen sein könnte.
Sollte der Richter zur Ansicht gelangen, dass der schreckliche Femizid geplant wurde, könnte das Gericht aufgrund dieses erschwerenden Umstandes Filippo Turetta zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilen. Wie jedoch der Richter Valerio de Gioia, der als Oberlandesgerichtsrat des Berufungsgerichts von Rom ein anerkannter Rechtsexperte ist, gegenüber Fanpage.it betont, „reicht es für den Vorsatz nicht aus, dass das Verbrechen eine Woche vor der Hinrichtung geplant wurde“. Valerio de Gioia zufolge müsse zwischen der Planung und der Ausführung der Tat ein erheblicher Zeitraum vorliegen.
„Allein die Tatsache, dass das Messer am Tag vor dem Mord gekauft wurde, bedeutet nicht notwendigerweise, dass ein Vorsatz besteht. Beim Vorsatz handelt sich um einen erschwerenden Umstand, der nur dann vorliegt, wenn die Gewissheit gegeben ist, dass zwischen der Planung und der Ausführung der Bluttat ein unmissverständlicher und zeitlich ununterbrochener Zusammenhang besteht“, erklärt der Oberlandesgerichtsrat des Berufungsgerichts von Rom.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber noch zu früh, von Vorsatz zu sprechen. Die Untersuchung des Autos, der schwarzen Plastiksäcke, die in der Nähe des Barcis-Sees entdeckt wurden, des Klebebands, der Messer und der Blutspuren, die in Fossò auf dem Boden gefunden wurden, werden zur Feststellung eines eventuell vorhandenen Vorsatzes ausschlaggebend sein.
Als er am vergangenen Sonntag in der Nähe von Leipzig verhaftet wurde, trug Turetta ein Küchenmesser bei sich. Laut dem Bericht der deutschen Bundespolizei handelte es sich um ein sauberes Messer mit einer Klingenlänge von zwölf Zentimetern. „Ich habe meine Freundin umgebracht. Weil ich dem Ganzen ein Ende setzen wollte, irrte ich die ganzen Tage mit dem Auto durch die Gegend. Ich dachte mehrmals daran, gegen ein Hindernis zu fahren, und setzte mir mehrmals das Messer an die Kehle, aber ich fand nicht den Mut, es zu Ende zu bringen“, gestand Filippo Turetta den deutschen Beamten.
Ein weiteres Messer – diesmal mit abgebrochener Klinge, aber ebenfalls ohne Blutspuren – wurde im Industriegebiet von Fossò gefunden, wo die Überwachungskamera eines Unternehmens Filippo beim Angriff auf Giulia gefilmt hatte. Die Frage, welches der Messer für den Mord verwendet worden war, könnte die für Anfang Dezember angesetzte Autopsie klären.
Ein weiteres Fundstück, das noch ausgewertet werden muss, sind die Klebebandreste, die ebenfalls in Fossò sichergestellt wurden. Um zu überprüfen, ob sie von der gleichen Marke und dem gleichen Typ sind, nahmen die Carabinieri aus der Wohnung der Familie Turetta einige Klebebänder mit.
Aus dem deutschen Polizeibericht geht auch hervor, dass die Kleidung, die Filippo zum Zeitpunkt seiner Verhaftung trug, keine Blutflecken aufwies. In seiner Tasche hingegen fanden die deutschen Beamten nicht nur verschmutzte Kleidungsstücke, sondern auch ein Paar Schuhe, die mit Blut verschmiert waren. Wahrscheinlich hatte sich der Student nach der Tat umgezogen. Dies sowie die Tatsache, dass Turetta bei seiner Festnahme 300 Euro in bar bei sich hatte, deuten darauf hin, dass auch seine Flucht zumindest einige Zeit vorher geplant worden sein könnte.
Ein weiteres Indiz für die Annahme, dass der Femizid geplant worden sein könnte, sind die großen schwarzen Plastiksäcke, mit denen die Leiche der jungen Studentin bedeckt war. Wahrscheinlich um eine schnelle Entdeckung zu verhindern, wurde die Leiche unter einem großen Felsblock in einer Art Höhle versteckt. Die Abwesenheit von Schleifspuren lässt vermuten, dass die Leiche auf der Schulter dorthin getragen worden war. Diese Details bekräftigen den Verdacht der Ermittler auf Vorsätzlichkeit.
Videoaufnahmen zeigen zudem, dass Filippo den Ort des zweiten Angriffs auf Giulia im Industriegebiet von Fossò bereits am Samstagnachmittag gegen 17.00 Uhr – also mehr als sechs Stunden vor der Bluttat – besucht hatte. Dies könnte auf die Absicht des jungen Mannes hinweisen, einen geeigneten Tatort erkunden zu wollen.
Den Ermittlern zufolge könnte der Mörder bereits seit dem endgültigen Beziehungsaus mit der jungen Studentin im August die Möglichkeit ins Auge gefasst haben, Giulia Cecchettin zu töten. Gesichert ist, dass Filippo Turetta, als er zum Treffen mit Giulia Cecchettin erschienen war, um gemeinsam in einem Einkaufszentrum in Marghera bei Venedig essen zu gehen, zumindest ein Messer, die Klebebänder und die großen schwarzen Plastiksäcke mitgebracht hatte. Die Rechnung für beide Mahlzeiten hatte sie beglichen. „Wie viel Indizien und Beweise braucht ihr noch, um feststellen zu können, dass die Tat geplant war?“, fragt sich ein Leser in seinem Kommentar.