Impfplan nimmt Form an, Impfpflicht möglich – VIDEO

„Wer Corona bereits hatte, wird später geimpft“

Montag, 07. Dezember 2020 | 08:26 Uhr

Rom – Der 202 Millionen Impfdosen schwere italienische Impfplan nimmt immer deutlichere Formen an.

In einem Interview für das italienische Staatsfernsehen Rai gab der außerordentliche Kommissar für die Koordinierung der Maßnahmen gegen die Covid-19-Notlage, Domenico Arcuri, neue Details über die italienische Impfkampagne bekannt. Unter anderem sollen laut Domenico Arcuri die Genesenen erst nach den Risikogruppen geimpft werden. Der Plan sieht vor, innerhalb von September die angepeilte Herdenimmunität zu erreichen.

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„Wer angesteckt wird, ist am Ende der Krankheit für einen gewissen Zeitraum immun. Es ist weniger dringend, jene zu impfen, die sich im Zeitraum der Immunität befinden. Auch die Genesenen werden geimpft werden, aber sie werden weder die Ersten noch die Zweiten sein“, so der außerordentliche Kommissar für die Koordinierung der Maßnahmen gegen die Covid-19-Notlage, Domenico Arcuri im Interview, in dem es um den 202 Millionen Impfdosen schweren italienischen Impfplan ging, der Ende Januar in Angriff genommen werden soll.

ANSA/GIUSEPPE LAMI

Domenico Arcuri erläuterte, dass im ersten Quartal des Jahres 2021 28 Millionen, im zweiten 57 Millionen, im dritten 74 Millionen und im vierten 35 Millionen Impfdosen verfügbar sein werden. Die letzten acht Millionen Dosen werden Italien im ersten Vierteljahr des übernächsten Jahres erreichen. Der Plan sieht vor, dass zu Beginn die Mitarbeiter der Sanitätsbetriebe geimpft werden. Anschließend sollen die Insassen und Angestellten der Alters- und Pflegeheime sowie ältere Mitbürger, die aufgrund chronischer Erkrankungen besonders gefährdet sind, an die Reihe kommen. Erst ganz am Ende sollen auch jene Personen geimpft werden, die in der Vergangenheit einen positiven Abstrich aufwiesen.

APA/APA (dpa)/CHRISTOPH SOEDER

„Wenn der Zeitplan eingehalten wird, werden wir imstande sein, bis Ende September 60 Millionen Italiener zu impfen. Alle Personen, die in Italien leben, müssen im Rahmen der Regeln und des Plans die Möglichkeit bekommen, sich impfen zu lassen“, so Domenico Arcuri. Der außerordentliche Kommissar für die Koordinierung der Maßnahmen gegen die Covid-19-Notlage fügte hinzu, dass die Migranten nicht ausgeschlossen sein werden. „Sie haben die gleichen Rechte wie die italienischen Staatsbürger. Es wäre sehr wichtig, dass alle Menschen, die uns auf den Straßen begegnen und sich nicht illegal in Italien aufhalten, geimpft werden könnten“, so Domenico Arcuri.

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Die angesehene Virologin Ilaria Capua teilt diese Meinung. „Wer bereits Covid-19 hatte, muss nicht unter den Ersten sein, die geimpft werden. Unter den Geheilten gibt es solche, die genug Antikörper entwickelt haben, um sie für die Plasmatherapie heranziehen zu können. Für andere gilt das hingegen weniger. Dies muss genau abgewogen werden. Was die asymptomatisch-positiven Personen betrifft, so ist eine Impfung im Falle einer laufenden Infektion im Allgemeinen falsch. Sie sollte daher vermieden werden. Aber auch hier wird es notwendig sein, dies sorgfältig abzuwägen“, so Ilaria Capua.

Was eine mögliche Impfpflicht anbelangt, fand der Koordinator des die Regierung beratenden technisch-wissenschaftlichen Komitees (CTS), Agostino Miozzo, gleich wie der Gesundheitsminister Roberto Speranza deutliche Worte.

„Die Impfung wir vorerst freiwillig sein. Jetzt müssen wir mit den Menschen in Dialog treten, sie beruhigen und die vielen Skeptiker überzeugen. Viele Bürger sind besorgt, was auch legitim ist. Eine mögliche Impfpflicht muss im Parlament debattiert werden. Indes werden sich jene, die zu den gefährdetsten Personengruppen zählen, sich impfen lassen müssen. Ich habe betont, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung an die Regeln hält. Dann gibt es noch die ‚Schlaumeier‘, denen wir es nicht erlauben werden, die bereits getane Arbeit zunichtezumachen“, so die unmissverständliche Warnung von Agostino Miozzo.

ANSA/NICOLA FOSSELLA

Wie der bekannte Experte Andrea Crisanti am Wochenende anmerkte, besteht bis zum Erreichen der Herdenimmunität aber immer noch das Problem, wie bis dahin das Virus kontrolliert und eingedämmt werden kann. „Das ist die wahre Herausforderung. Ich glaube nicht, dass die Impfkampagne vor sechs bis sieben Monaten Wirkung zeigen wird“, so Andrea Crisanti.

Aufgrund dieser Sachlage werden auch im günstigsten Fall Corona-Einschränkungen sowie die entsprechenden Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen wenigstens noch im ersten Halbjahr des kommenden Jahres unsere ständigen Begleiter bleiben.

Von: ka