Italiens oberster Zivilschützer denkt laut über obligatorische Coronaschutzimpfung nach

“Wir überlegen eine Impfpflicht für alle”

Dienstag, 25. Mai 2021 | 08:00 Uhr

Rom – In einem der Turiner Tageszeitung „La Stampa“ gegebenen Interview zog der Chef des italienischen Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, nicht nur eine Bilanz des Corona-Krisenmanagements der letzten drei Monate, sondern dachte auch laut über eine obligatorische Coronaschutzimpfung nach.

Fabrizio Curcio, der vor zwei Wochen im Impfzentrum Messe Bozen zu Gast gewesen war, unterstrich, dass es nun wichtig sei, die Älteren zu schützen, und fügte im gleichen Atemzug hinzu, dass vonseiten der Politik eine Impfpflicht in Betracht gezogen werden solle. „Es handelt sich um eine Option, die in Zukunft erwogen werden soll“, so die unmissverständlichen Worte des obersten italienischen Zivilschützers.

Facebook/Dipartimento Protezione Civile

Gegenüber dem Turiner Tagblatt „La Stampa“ zeigte sich der Chef des italienischen Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, über den Fortgang der italienischen Impfkampagne äußerst zufrieden. „Die Italiener nehmen mit Enthusiasmus an der Impfkampagne teil. 20 Millionen Menschen, die vor allem den am meisten gefährdeten Altersgruppen angehören, sind schon geschützt. Jeder dritte Italiener hat den Impfstoff bereits erhalten. Da nicht alle Bevölkerungsschichten geimpft werden können, ist der Prozentsatz der Geimpften tatsächlich noch höher. Weil 18 bis 20 Prozent der Menschen mit der Verabreichung der zweiten Dosis den Impfzyklus abgeschlossen haben, sind wir auf einem guten Weg“, erläuterte Fabrizio Curcio.

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„Wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Wir gewinnen unser normales Leben zurück, aber die Gefahr, die von diesem Virus ausgeht, ist noch nicht gebannt und muss immer ernst genommen werden. Nur ein schrittweiser und vorsichtiger Neustart erlaubt es uns zu verstehen, womit wir in Zukunft noch rechnen müssen“, warf Fabrizio Curcio einen optimistischen, aber gleichzeitig warnenden Blick in die Zukunft.

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Im gleichen Atemzug wies Italiens oberster Zivilschutzchef aber auch auf das brennende Problem hin, dass bei vielen älteren Mitbürgern die Coronaschutzimpfung noch aussteht. „Wir müssen verstehen, warum sich viele nicht impfen lassen wollen. Bei den verschiedenen Lokalaugenscheinen habe ich festgestellt, dass es Widerstände gibt. Solange die Impfung freiwillig bleibt, kann man da nicht viel tun. Zudem müssen wir auch diejenigen erreichen, die keinen Impftermin vormerken können, weil sie über keinen Onlinezugang verfügen und kein Smartphone oder einen Computer besitzen. Um diesem Missstand Abhilfe zu schaffen, sind wir dazu übergegangen, in abgelegenen Gebieten auf lokaler Ebene kleine Zivilschutzgruppen zu bilden“, unterstrich der Chef des italienischen Zivilschutzes.

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Gegenüber „La Stampa“ erwähnte Fabrizio Curcio, dass die italienische Regierung schon bald die obligatorische Coronaschutzimpfung für alle beschließen könnte. „Die Impfpflicht könnte eine Lösung sein, aber es ist ein Thema, das die Politik entscheiden muss. Gegenüber Impfstoffen, die noch einem Rol­ling-Re­view-Ver­fah­ren unterzogen werden müssen, würde es einen Sinn ergeben, dem Willen der Menschen nachzuhelfen. Da wir jährliche Auffrischungsimpfungen durchführen werden müssen, handelt es sich um eine Option, die in Zukunft erwogen werden soll“, so Italiens oberster Zivilschutzchef, der durchblicken ließ, dass die Gabe von Impfstoffen die italienische Bevölkerung noch mehrere Jahre lang begleiten werden wird.

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Zuletzt richtete Fabrizio Curcio einen Aufruf an alle Italiener. „Ich glaube, dass wir mit positivem Blick in die Zukunft schauen sollen. Oft verlieren wir die Erinnerung an alles, was wir bisher erlebt haben. Vor einem Jahre haben wir weder Impfstoffe noch ein fundiertes Wissen darüber besessen, wie sich das Virus bewegt und verbreitet. Heute hingegen verfügen wir über umfangreiche Kenntnisse und die Möglichkeit, zu einer neuen Normalität zurückzukehren“, so Fabrizio Curcio.

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Die Worte des obersten italienischen Zivilschützers blieben in der italienischen Öffentlichkeit nicht unbemerkt. Angesichts der obligatorischen Coronaschutzimpfung, die von der Regierung Draghi für das gesamte Personal des Gesundheitswesens sowie der Alten- und Pflegeheime verfügt worden ist, hegt in Rom kaum jemand Zweifel daran, dass in Regierungskreisen Überlegungen im Gange sind, die Impfpflicht auf weitere Berufsgruppen oder gar auf die gesamte Bevölkerung auszudehnen. In Italien ist die Impfbereitschaft zwar generell groß, aber politische Beobachter meinen, dass im Falle nachlassender Bereitschaft die Pflichtimpfung schnell auf die Tagesordnung rücken könnte.

Von: ka