Brutaler Angriff auf streikende Textilarbeiter rüttelt Italien auf – VIDEO

„Wir wurden von mehreren Schlägern des Unternehmens verprügelt“

Mittwoch, 17. September 2025 | 07:10 Uhr

Von: ka

Montemurlo – Ein brutaler Angriff auf streikende Arbeiter hat die italienische Öffentlichkeit aufgerüttelt. Die Attacke ereignete sich am Dienstagmorgen vor der Textilfabrik L’Alba in Montemurlo bei Prato in der Toskana. Dort demonstrieren seit Tagen Dutzende Textilarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen und die Auszahlung ausstehender Löhne.

Die Gewalt gegen die Demonstranten – darunter 18 Personen aus Bangladesch, Afghanistan und Pakistan – soll von der Fabrikbesitzerin ausgegangen sein. Sie wurde dabei von unbekannten Männern unterstützt, die mutmaßlich eigens dafür angeheuert worden waren, um die Streikenden zu verprügeln. Eine verständigte Streife der Carabinieri verhinderte Schlimmeres. Dennoch mussten mehrere Arbeiter, die Schürfwunden erlitten hatten, von den Rettungskräften erstversorgt und ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Facebook/Frame Video Sudd cobas Prato Firenze

Hintergrund der Auseinandersetzungen ist die Weigerung einiger Fabrikinhaber, ihren Arbeitern vertragliche Rechte zuzusichern, sowie die illegale Praxis vieler Textilunternehmer, durch Konkurs und Neugründung von Kleinunternehmen Arbeiter auszubeuten und sie um Gehälter und Überstundenzulagen zu bringen.

Die Gewerkschaft Sudd Cobas kritisiert, dass solche Praktiken nicht nur die Billigtextilienbranche betreffen, sondern auch Markenbekleidung „Made in Italy”, die in den Boutiquen für mehrere Hundert Euro über den Ladentisch geht.

Facebook/Sudd cobas Prato Firenze

„Die Fabrikbesitzerin hat das von den Gewerkschaftsvertretern aufgebauten Zelt zerstört und die Arbeiter mit Schlägen und Tritten attackiert. Dann kam ein Auto, das mit Männern vollbesetzt war, die gekommen waren, um die streikenden Arbeiter von der L’Alba GmbH zu verprügeln. Ein Arbeiter blieb nach mehreren Schlägen am Boden liegen. Er musste erstversorgt und mit dem Krankenwagen abtransportiert werden“, berichtet die Gewerkschaft Sudd Cobas, der die demonstrierenden Arbeiter angehören.

Die Gewerkschaft zeigte den Angriff bei den Justizbehörden an. Ein brutales Video untermauert die Anzeige der Gewerkschaft bezüglich der Vorfälle vor der Bekleidungsfabrik in Montemurlo in der Provinz Prato, die dem Unternehmen L’Alba gehört. Die Arbeiter wurden während einer Mahnwache, mit der sie ihre Rechte einfordern wollten, mit Fäusten attackiert.

Der Angriff ereignete sich in den frühen Morgenstunden des Dienstags, während vor den Hallen des Werks 18 Arbeiter, überwiegend pakistanischer, afghanischer und bengalischer Herkunft, protestierten. „Ein Arbeiter blieb nach mehreren Schlägen am Boden liegen. Er musste mit dem Krankenwagen abtransportiert werden”, betont die Gewerkschaft.

„Die verprügelten Arbeiter schuften nicht für eine chinesische Firma, sondern nähen und bügeln Kleidungsstücke bedeutender Modemarken, die in den Boutiquen der italienischen Innenstädte und Einkaufszentren so viel kosten wie ihr Gehalt“, fügt Sudd Cobas hinzu.

Facebook/Sudd cobas Prato Firenze

Die Gewerkschaft erinnert an dieser Stelle an die Zustände in der italienischen Modebranche. „Indem die Unternehmen immer wieder Konkurs anmelden oder ihren Betrieb schließen, um ihn unter anderem Namen neu zu eröffnen, werden den Arbeitern fundamentale Arbeitnehmerrechte verweigert. Dabei wird gegen Protestierende, die um ihre Gehälter und Überstundenzulagen kämpfen, nicht selten Gewalt angewandt. Das sind die Zustände, die im Dschungel der Aufträge und Unteraufträge der Mode ‚Made in Italy‘ herrschen“, berichten Gewerkschafter der Cobas Sudd.

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„Die auftraggebenden Modemarken sollten nicht glauben, sie hätten damit nichts zu tun, denn was bei L’Alba passiert ist, betrifft sie direkt. Prato darf nicht länger die Stadt der verweigerten Rechte und der Gewalt gegen Streikende sein“, gibt sich Cobas Sudd kämpferisch. Angesichts der Bilder und des Videos des Angriffs appelliert die Gewerkschaft der Textilarbeiter an die Bürger, die Behörden und die Politiker, nicht tatenlos zuzusehen. „Wir sind zu weiteren Streiks bereit“, betont die Gewerkschaft.

Der Fall der L’Alba GmbH ist besonders krass. Um sich gegen den Versuch des Unternehmens zu wehren, die vor wenigen Monaten erreichte formelle Anstellung der Arbeitnehmer erneut auszulagern, dauern die Mahnwachen der protestierenden Arbeiter bereits seit Tagen an. Die Arbeiter waren lange Zeit formell bei einem anderen Unternehmen angestellt, obwohl sie im Werk von L’Alba arbeiteten und dessen Leitung unterstanden, wie Sudd Cobas beklagt. „Für sie galt der nationale Tarifvertrag für Reinigungsdienste, obwohl sie als Bügler und Näher beschäftigt waren. Zu den Hungerlöhnen kamen noch unbezahlte Überstunden hinzu, denn sie wurden gezwungen, jeden Samstag kostenlos zu arbeiten, sowie prekäre Arbeitsverhältnisse“, erklärte Francesca Ciuffi von Sudd Cobas vor einigen Tagen gegenüber dem toskanischen Lokalradio Controradio.

Facebook/Sudd cobas Prato Firenze

Die Gewerkschafter von Cobas Sudd sind optimistisch, auch in diesem krassen Fall von Ausbeutung etwas bewegen zu können, denn die Textilgewerkschaft agiert durchaus erfolgreich. Nach zahlreichen Streiks und Mahnwachen, bei denen es manchmal zu Anschlägen und Zusammenstößen zwischen den Arbeitern und von den Unternehmern angeheuerten Schlägern gekommen war, gelang es den Gewerkschaftern, die Unternehmer, die ihre Textilarbeiter mithilfe zahlreicher Tricks – unbezahlte Überstunden, Schwarzarbeit, verschachtelte Besitzverhältnisse und „falsche Konkurse“ – ausgebeutet hatten, zum Achtstundentag bei voller Entlohnung zu zwingen.

Traurig ist jedoch, dass von den Hunderten, manchmal sogar Tausenden Euro, die Kunden in den Hochglanzboutiquen von Luxusmarken der Bekleidungsbranche liegenlassen, nur sehr wenig bei den Büglern und Nähern ankommt, die in den Textilfabriken schuften müssen.

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