Von: mk
Afing – Eine Bürgerinitiative in Afing fordert die Verlegung einer Beregnungswasser-Leitung vom Sarntal nach Jenesien unterhalb des Dorfes. Die Gefahr lauere im Wasseraustritt, in technischen Defekten, menschlichem Versagen oder Unwettern: Hangrutschungen und Muren könnten die Folge sein.
Ein genehmigtes Projekt und eine entsprechende Baukonzession des Bodenverbesserungskonsortiums JeKon sorgen in Afing für Aufruhr. Das Wasser aus dem Sarntal sei wichtig für die Landwirtschaft in Jenesien, erklären sich die Vertreter einer Afinger Bürgerinitiative mit den Zielen des Projektes einverstanden. Sie fordern allerdings die Verlegung eines Teilstücks von circa 900 Metern der insgesamt 25 bis 30 Kilometer langen Leitung von oberhalb nach unterhalb des Dorfes. Eine eingegrabene Leitung mit fast einem halben Meter Rohrdurchmesser oberhalb des Dorfes berge die Gefahr von geologischen Setzungen, Muren und Hangrutschungen in sich.
Ein überwältigender Teil der Afinger Bevölkerung habe sich im Sommer 2016 mittels Unterschriftenaktion für eine Verlegung dieses kurzen Teilstückes ausgesprochen. Die Bürgerinitiative hat die 234 Willensbekundungen im Oktober 2016 dem Bürgermeister von Jenesien übergeben, eine Variante wurde bis heute allerdings ausgeschlossen.
Die Bevölkerung der größten Fraktion der Tschögglberger Gemeinde fühle sich mit ihrem Anliegen allein gelassen und nicht ernstgenommen. Nach mehreren Gesprächen und Mediationsversuchen könne nur noch politischer Wille die drohende Gefahr von Afing abwenden, sind die betroffenen Bürgerinnen und Bürger überzeugt.
Im Jahr 2012 schlossen sich mehrere Bauern aus Jenesien zum Bodenverbesserungskonsortium JeKon zusammen. Das Konsortium verfolgt das Ziel, das überdurchschnittlich trockene Tschögglberger Gemeindegebiet kontinuierlich mit Wasser für Bewässerungszwecke zu versorgen. Das Konsortium bekam im Oktober 2016 die Konzession für den Bau einer Wasserleitung vom Sarntal (Zone Fiechterhittl) nach Jenesien. Die Wasserleitung soll einen Durchmesser von knapp einem halben Meter haben und ist zwischen 25 und 30 Kilometer lang. Aufgrund der Lage des Dorfes quert die Wasserleitung aus dem Sarntal die Fraktion Afing. Deren Bewohnerinnen und Bewohner unterstützen die nachhaltige Bewässerungssicherung der überdurchschnittlich trockenen Gemeinde am Tschögglberg, plädieren allerdings für eine Verlegung der Leitung unterhalb ihres Dorfes.
Toni Höller gehört der Afinger Bürgerinitiative an. „Wir haben Angst“, erklärt er eindringlich. Er bemängelt die „fehlende Information seitens der politisch Verantwortlichen“. Vor zweieinhalb Jahren sei das Gerücht einer Wasserleitung bei einer Wahlversammlung noch als Hirngespinst abgetan worden. Nun, da das Projekt genehmigt und die Konzession erteilt sei, gebe es keinen Willen mehr, auf den Wunsch der Bevölkerung und deren Sorge einzugehen. „Das Teilstück unterhalb des Dorfes wäre kürzer und vielleicht sogar einfacher zu bauen“, meint Toni Höller. Auf jeden Fall würden die Afinger nachts dann ruhiger schlafen können. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung einer Trassenführung unterhalb des Dorfes sei negativ ausgefallen, wurde der Bürgerinitiative erklärt. „Wir haben diese UVP aber nie zu Gesicht bekommen“, sagt Toni Höller.
Der Handwerker Robert Tammerle, ebenfalls Bewohner der betroffenen Zone, kann nicht nachvollziehen, warum der Bevölkerung kein Gehör geschenkt wird. „Da wird eine potentielle Gefahr kreiert, die man mit der Verlegung der Leitung unterhalb des Dorfes problemlos aus der Welt schaffen könnte“, bekräftigt er. Das Wissen um den Bau einer so großen eingegrabenen Wasserleitung oberhalb der Wohnhäuser verursache bei der Bevölkerung nachvollziehbare Unruhe und Angst. Weder Technik noch professioneller Bau könnten langfristig ein Leitungsleck ausschließen. Das könne zu Wasseransammlungen und letztlich zu Hangrutschungen oder Muren führen. „Wir möchten unsere Zukunft und die unserer Kinder nachhaltig sichern“, betont Robert Tammerle.
Der Versuch seitens des Konsortiums JeKon und des Gemeindeausschusses von Jenesien, den Trassenverlauf über dem Dorf Afing als unbedenklich abzutun, sei in der größten Fraktion der Gemeinde nicht angekommen. Toni Höller erklärt, dass in dem betroffenen Gebiet bereits 1956 nach einem Gewitter eine Mure abgegangen sei. Es gebe in der Zone viele Wasseradern. Niemand könne vorhersagen oder berechnen, was im Boden nach einem solch massiven Eingriff geschehe, wie oder ob sich das Wasser unterirdisch ansammle und welche Ausgänge oder Abflüsse es sich suche. Die stärker werdenden Unwetter in Europa würden die Situation noch verschärfen, sagt Toni Höller. Er verweist unter anderem auf den April 2010, als ein Zug der Vinschger Bahn bei der “Latschander” zwischen Kastelbell und Latsch von einer Schlammmure begraben wurde. Damals waren Tote und Verletzte zu beklagen.
„Wir sind nicht gegen die Wasserleitung“, sagt Robert Tammerle. Das Argument, dass Afing mit seiner ablehnenden Haltung das gesamte Leitungsprojekt gefährde, lässt er nicht gelten: „Die Bauern in Jenesien sollen das Beregnungswasser aus dem Sarntal bekommen“, erklärt er. Aber bei der Umsetzung müsse auf die Ängste der Bevölkerung Rücksicht genommen werden – vor allem, weil die Variante augenscheinlich machbar sei. Er weiß: Auch bei einer Wasserleitung unterhalb des Dorfes können mit der Zeit Schäden auftreten. Doch seien bei dortigen Rutschungen oder Muren kaum Menschen in Gefahr.
„Wir wünschen uns Lebenssicherheit für Afing und Wasser-Sicherheit für Jenesien“, erklären die Mitglieder der Bürgerinitiative Afing. Für letztere nehmen sie mehrmonatige Bauarbeiten in Kauf, fordern dafür aber die Trassenverlegung unterhalb ihres Dorfes.