Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute auch mit dem Beschlussantrag Nr. 66/19 „Information über Zusammensetzung der Landes- und Regionalregierung (eingebracht von der SVP am 14.03.2019) befasst. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, − dafür Sorge zu tragen, dass unmittelbar und spätestens zehn Werktage nach den nächsten Landtagswahlen durch die Landesverwaltung die rechtliche Zusammensetzung der Landesregierung (laut Sprachgruppen und Geschlechter) bei variabler Mitgliederanzahl in verständlicher Sprache auf der Website des Landtages veröffentlicht wird und so für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar und einsehbar ist. Dies kann übersichtlich in tabellarischer Form erfolgen, wobei die mögliche Anzahl der Regierungsmitglieder in den Zeilen angegeben wird und die Mitglieder nach Sprachgruppe und Geschlecht in den Spalten – vorbehaltlich der Wählbarkeit aller Landtagsabgeordneten. − für dieses Verfahren eine Verantwortliche oder einen Verantwortlichen im Landtag zu benennen.
“Die Landtags- und Regionalratswahlen haben am 21. Oktober 2018 stattgefunden”, erklärte die SVP. “Vier Monate später wurde als letzter Akt die Regionalregierung für die angelaufene Legislatur bestellt. Das entspricht zwar in etwa auch dem Zeitrahmen, der in der Vergangenheit dafür benötigt wurde, jedoch führen Rechtsunsicherheiten aufgrund einer unzureichenden Transparenz der einzuhaltenden Regelungen zu Verzögerungen, die für die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar sind. Unverständnis und Unmut in der Bevölkerung waren die Folge. Die Zusammensetzung der Gremien muss den Südtirolerinnen und Südtirolern genau erklärt werden. Das Prozedere muss künftig für jedem transparenter, einsehbar und nachverfolgbar werden.” Auch bei der Zusammensetzung der Gesetzgebungsausschüsse habe es solche Diskussionen gegeben. Es sei daher zielführend, wenn gleich zu Beginn eine Tabelle der möglichen Zusammensetzungen erstellt wird.
L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia meinte, der Antrag sei eher im Regionalrat zu stellen, denn der Anlassfall liege dort. Auf jeden Fall sei auch auf die Möglichkeit zu verweisen, Landesräte von außen zu berufen. Die Landesregierung wies darauf hin, dass auch die Zusammensetzung der Landesregierung nach der Konsistenz der Sprachgruppen berechnet wird, auch wenn Mitglieder von außen berufen werden.
Das Team Köllensperger meinte, es sei wichtiger, den Eindruck zu vermeiden, dass es um Postenschacher gehe. Die Freiheitlichen sahen die einschlägigen Bestimmungen zur Regierungsbildung als ausreichend. Der Antrag vermittle den Eindruck, man wolle da etwas reparieren. Die Süd-Tiroler Freiheit wies darauf hin, dass man erst nach der Vereidigung bei der ersten Landtagssitzung Abgeordneter sei.
Laut Grünen verlangt die SVP, was bereits lange üblich sei. Gleich nach der Wahl hätten die Parteien immer die Tabellen erstellt. Es gehe darum, dass die Wähler gleich nach der Wahl über die verschiedenen Optionen in Kenntnis gesetzt würden, meinte die Landesregierung. Man könne dabei auch den Vorbehalt anbringen, dass der Landtag erst nach der Angelobung definitiv besetzt sei. Bei der Besetzung gebe es verschiedene Pflichten zu berücksichtigen, darunter die Zusammensetzung nach Sprachgruppen. Manche würden dies bereits als Postenschacher hinstellen. Bei der Bildung dieser Landesregierung sei man gerade eine Woche über dem Durchschnitt gewesen.
Die SVP betonte in ihrer Replik, dass es bei dieser Maßnahme um die Information der Bevölkerung gehe. Der Antrag wurde mit 20 Ja, einem Nein und neun Enthaltungen angenommen.
Beschlussantrag Nr. 74/19: Sonn- und Feiertagsöffnungen (eingebracht von der SVP am 21.03.2019). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. dafür Sorge zu tragen, dass im aktuellen staatlichen Gesetzesvorschlag der Regierung zu den Sonn- und Feiertagsöffnungen der Übergang der Kompetenz an das Land Südtirol vorgesehen wird. 2. den Erlass einer entsprechenden Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut in der Frage der Sonn- und Feiertagsöffnungen voranzutreiben. 3. zur Erreichung der zwei obengenannten Ziele die entsprechende Sensibilisierungsarbeit hierzulande als auch darüber hinaus zu leisten.
“Da es in Südtirol eine besondere Situation im Handel gibt, will das Land selbst darüber entscheiden, wie oft, wann und wo sonn- und feiertags eingekauft werden kann”, erklärte die SVP. “Mittels einer eigenen Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut soll diese Kompetenz nach Südtirol geholt werden. Am 12. Mai 2015 wurde die entsprechende Durchführungsbestimmung von der Zwölferkommission genehmigt – seitdem wartet man in Südtirol auf deren Behandlung im Ministerrat. Die neue italienische Regierung hat im letzten Jahr eine italienweite Neuregelung der Sonn- und Feiertagsöffnungen angekündigt. Bisher ist allerdings nichts passiert. Mittlerweile wurden vielen Anregungen und Vorschläge für eine eigene Südtiroler Regelung breit diskutiert und überprüft. So hat beispielsweise der Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol ein konkretes Konzept erarbeitet, welches auf eine Reduzierung der Sonn- und Feiertagsöffnungen abzielt und die speziellen Bedürfnisse Südtirols berücksichtigt.”
Die Süd-Tiroler Freiheit fragte, ob der Antrag zulässig sei; schließlich habe der Landtag diese Woche einem Verfassungsgesetzentwurf zum selben Thema zugestimmt. Der Landtagspräsident teilte mit, dass der Antrag zulässig sei. Das Team Köllensperger sah die Sonntagsöffnung als Belastung für Kleinbetriebe, während sie für die großen nur eine zeitliche Verlagerung sei. Für manche Bedienstete bedeute sie aber auch flexiblere Arbeitszeiten, für Gäste und Einheimische eine willkommene Einkaufsgelegenheit. Italien sollte die Zuständigkeiten dafür an die Regionen übertragen, dann sollte das Land den Wunsch der Bevölkerung erheben und entsprechende Regelungen treffen.
L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia sprach sich klar gegen den Antrag aus. So treibe man die Kundschaft nach Trient und Verona. Es gebe viele Berufe mit Sonntagsarbeit, es gebe keinen Grund, den Handel davon auszunehmen. Man spreche oft von der Sondersituation Südtirols. Eine der Besonderheiten sei die hohe Selbstmordrate – weil man sich in diesem Land langweile. Die Grünen protestierten gegen diese Banalisierung der Suizidrate und wiesen auf die Belastung der Familien durch die Sonntagsarbeit hin. Auch Gott habe am siebten Tag geruht – eine Pause tue Körper und Seele gut.
Die SVP wies darauf hin, dass es im Antrag nicht nur darum gehe, am Sonntag zu schließen, sondern um die Übernahme der Zuständigkeit für die Öffnungszeiten. Nur zur Unterhaltung der Kinder am Sonntag ins Geschäft zu gehen, sei kein Familienleben. Es gehe auch um die christlichen und sozialen Werte. Ein Tag Ruhe in der Woche müsse sein. Man hoffe, dass die Autonomiekommissionen bald arbeitsfähig sein werden, um dieses Thema anzugehen. Vor allem die kleinen Läden hätten Probleme mit der Liberalisierung, und sie bräuchten umso mehr Unterstützung, da der Online-Handel keine Sonntagsruhe kenne. Eine allgemeine Regelung für unterschiedliche Situationen, für Betriebe unterschiedlicher Größe sei nicht richtig, eine totale Liberalisierung für die Gesellschaft kein Mehrwert.
Die Fünf Sterne Bewegung wies darauf hin, dass die Regierung bereits in dieser Richtung tätig sei. Das Recht auf den Familiensonntag müsse Priorität haben. Es seien in der staatlichen Lösung auch Delegierungen an die Regionen vorgesehen, um auf die Bedürfnisse der Tourismusgemeinden einzugehen.
Die Demokratische Partei sprach sich für den beschließenden Teil des Antrags aus. Die derzeitige Regelung sei ein Frevel, aber eine bestimmte Flexibilität brauche es in besonderen Situationen. Daher sollten auch die Lokalkörperschaften entscheiden, wo die Sonntagsöffnung sinnvoll ist.
Die Freiheitlichen erinnerten an ihren ähnlichen Antrag vor Jahren und fragten, was daraus geworden sei. Bei den Jungen stelle man fest, dass der offene Sonntag akzeptiert werde, auch wegen der flexiblen Arbeitszeit. Davon abgesehen sei der Sonntag für die meisten immer noch der Tag, an dem man gemeinsam Freizeit verbringe. Generelle Sonntagsöffnung sei nicht richtig, aber man müsse auch darauf achten, wo ein offener Laden am Sonntag für die Bevölkerung vor Ort wichtig sei. Auch früher hätten manche Dorfgeschäfte am Sonntagvormittag offengehalten.
Die Süd-Tiroler Freiheit kündigte Zustimmung an. Über manche Sonntagsarbeit sei man froh, etwa im Gastgewerbe oder im Krankenhaus. Aber auch dort sehe man, wie wichtig freie Tage seien, um sich gemeinsam vom Stress erholen zu können und Familienleben zu pflegen. Die vielen, die am Sonntag einkaufen gingen, zeigten, dass Nachfrage bestehe. Umso wichtiger sei die Sensibilisierung. Man müsse sich fragen, ob man in einer Gesellschaft leben wolle, die 24 Stunden in Betrieb sei. Die grenzenlose Liberalisierung habe z.B. dazu geführt, dass unter den Lauben fast nur mehr Handelsketten präsent seien.
Die Landesregierung betonte, dass sie von Werten und den Rechten der Arbeitnehmer ausgehe. Damit stehe sie unter italienischen Regionen aber einsam da. Südtirol habe eine besondere Handelsstruktur mit Nahversorgung, auf die man stolz sein sollte. Es sei Aufgabe der Landesregierung, gerade diese kleinen Nahversorgungsbetriebe zu schützen. In Sonntag sei bei den Einkaufszentren der Sonntag der zweitstärkste Einkaufstag geworden, der Samstag der stärkste. Der im Parlament aufliegende Gesetzentwurf gehe zu wenig weit, damit bliebe in den Ortszentren immer alles offen, auch die Franchisingbetriebe. Daher brauche Südtirol eine autonome Regelung. Man versuche das im Rahmen des genannten Gesetzentwurfs, mit Hilfe von Trient, zweitens über eine Durchführungsbestimmung zum Statut. Eine Regelung vor Ort über direkte Demokratie, wie vom Team Köllensperger vorgeschlagen, sei nicht zielführend – denn der Druck auf mehr Öffnung sei groß.
Das Freizeitangebot in Südtirol sei alles andere als langweilig, betonte die SVP in ihrer Replik, es brauche dafür keinen Besuch im Einkaufszentrum. Erfolgreiche Nachbarn wie Innsbruck, München oder Wien hätten auch am Sonntag zu. Der Antrag wurde mit 31 Ja und einem Nein angenommen.
Begehrensantrag Nr. 6/19: Geoblocking (eingebracht von der SVP am 22.3.2019). Der Landtag möge Parlament und Regierung auffordern, 1. sich dafür einzusetzen, audiovisuelle, elektronisch erbrachte Dienste, die den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken, wie E-Books, Musik, Spiele, Software und Dienstleistungen, die auf Streaming basieren, und deren Nutzung ermöglichen, in den Anwendungsbereich von Artikel 4 der Verordnung (EU) 2018/302 aufzunehmen; 2. sich für die Einführung eines einheitlichen europäischen Urheberrechts einzusetzen. Dadurch könnte die ganze Union als ein Binnenmarkt für Urheberrechte betrachtet werden. Diese Lösung würde zur Beseitigung bestehender Lizenzbarrieren innerhalb der Union führen und den Angehörigen nationaler Minderheiten den Zugang zu medialen Inhalten in gleicher Weise wie Bürgern von Mitgliedsstaaten, in denen die Dienstleistung angeboten wird, erlauben.
“Zahlreiche Angehörige von nationalen Minderheiten sprechen eine Sprache, die die Mehrheitssprache eines anderen Landes in Europa ist”, erklärte die SVP. “Aufgrund der oftmals zu kleinen Sprecherzahl, ist es nicht möglich, selbstständig eine umfassende Medienlandschaft aufzubauen. Daher ist man abhängig von den Medien des (benachbarten) Landes mit der gleichen Sprache. Die technologische Entwicklung hat sowohl die medialen Verbreitungsweisen als auch die damit einhergehenden Geschäftspraktiken wesentlich verändert. Zum Beispiel bei Filmen, Büchern, Musik, TV und anderen Inhalten, schaffen national eingeschränkte Rechte des geistigen Eigentums Barrieren für den freien Dienstleistungsverkehr. Angehörige einer nationalen Minderheit bevorzugen in der Regel Güter und Dienstleistungen in ihrer eigenen Sprache, die in vielen Fällen auch die Sprache des benachbarten Landes ist. Nationale Barrieren können die freie Verbreitung medialer Inhalte behindern und wirken sich negativ auf die kulturelle und sprachliche Vielfalt in Europa aus. Die Lizenzverteilung von medialen Inhalten innerhalb der Union ist von großer Komplexität und führt dazu, dass Angehörige nationaler Minderheiten nicht die bestehenden Dienstleistungen des Nachbarlandes in Anspruch nehmen können.”
Die Freiheitlichen sprachen sich für eine Überwindung des Geoblockings aus, wiesen aber auf die aktuelle Debatte zum Autorenrecht und zu Uploadfiltern hin, die auch vom Südtiroler EU-Parlamentarier unterstützt werde und die in die entgegengesetzte Richtung gingen. Daher könne man auch Punkt 2 des Antrags nicht zustimmen.
Die Süd-Tiroler Freiheit fand es interessant, dass man eine Woche vor den EU-Wahlen europäische Themen aufgreife. Südtirol sei in einer besonderen Situation, die Südtiroler würden mehr die Sender der RAS sehen als die italienischen. Auch die digitalen Barrieren seien abzubauen. Auch die STF äußerte Bedenken zu Punkt zwei.
Die SVP forderte Rechtssicherheit für Betriebe und Private, das sei auch für den Tourismus wichtig. Die Umsetzung des Antrags würde neue Arbeitsplätze und Chancen bedeuten. Die EU ohne Grenzen sei in vielen Teilen noch ein Projekt, meinten die Grünen. Viele würden noch in Grenzen denken, auch in der Flüchtlingsfrage. Der Antrag gehe in die richtige Richtung.
Die Landesregierung stimmte dem Antrag zu. Auch Inhalte sollte man ohne Grenzen kaufen können. Man habe mehrfach auf europäischer Ebene in diesem Sinne interveniert, auch über den Südtiroler Parlamentarier. Das Problem sei nicht Europa, sondern zu wenig Europa. Auch ein einheitliches Urheberrecht sollte besondere Situationen berücksichtigen. Die SVP unterstrich in ihrer Replik die Bedeutung eines einheitlichen Urheberrechts. Derzeit sei es schwer, deutschsprachige Filme zeitgleich in Südtiroler Kinos anzubieten. Die Prämissen des Antrags wurden einstimmig angenommen, Punkt eins mit 29 Ja und zwei Enthaltungen, Punkt zwei mit 27 Ja und zwei Enthaltungen.
Damit war die Mai-Sitzung beendet. Der Landtag tritt im Juni wieder zusammen.