Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 38/19 „Einführung des Lehrfachs ‚Bürgerkunde und politische Bildung‘ an den Oberschulen Südtirols“, der vom Team Köllensperger am 1.2.2019 eingebracht worden war, befasst. Der Landtag möge laut Antrag die Landesregierung verpflichten, sich für die Wiedereinführung des Lehrfachs Bürgerkunde an den Schulen einzusetzen und den Lehrkräften des Fachbereichs Recht und Wirtschaft die für die Umsetzung nötigen Ressourcen und Befugnisse zu erteilen; dafür zu sorgen, dass ein einheitliches Curriculum eingeführt wird, mit dem Ziel, eine homogene Umsetzung des Unterrichts im Lehrfach Bürgerkunde auf dem Landesgebiet zu gewährleisten und die Besonderheiten unseres Gebietes im europäischen Kontext aufzuwerten. Die Debatte dazu hatte bereits am Vormittag begonnen.
Die Demokratische Partei unterstützte das Anliegen und erinnerte daran, dass das Fach 1958 von Aldo Moro eingeführt wurde. Heute müsste das Fach auch Themen wie Cybermobbing, Privacy u.a. umfassen. Die Fünf Sterne Bewegung befürwortete den Antrag. Ein ähnlicher Vorstoß sei in Rom einstimmig beschlossen worden. Das Team Köllensperger ging auf die Anregung ein, das Fach nicht nur zu unterrichten, sondern auch mit Übungen und Rollenspielen zu vermitteln. Man sollte nicht erst das römische Gesetz abwarten.
Die SVP meinte, dass der Erfolg des Unterrichts immer auch von der Methode abhänge. Die Jugend sei an Politik interessiert, vielleicht nicht immer an politischen Tagesthemen, aber sehr wohl an den großen Themen. Die SVP erinnerte aber auch daran, dass man sehr viele Ansprüche an die Schule stelle und ständig neue Fächer fordere. Man könne nicht alles in die Schule stopfen.
L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia erinnerte daran, dass mit dem Gesetz zur Direkten Demokratie auch ein Büro für politische Bildung vorgesehen wurde, ein Fehlgriff, der an unselige Zeiten erinnere. Der Antrag hingegen sei unterstützenswert, wenn man die Politik aus den Prämissen streiche.
Die Landesregierung fragte, ob man ein Fach einführen, ersetzen oder ergänzen wolle. Der römische Gesetzentwurf wolle kein neues Lehrfach, sondern Bürgerkunde als fächerübergreifende Materie. Der Antrag wolle hingegen ein neues Fach. In Zusammenarbeit mit dem Schülerbeirat habe man ein Konzept entworfen, das einen Bürgerkundebeauftragten für jede Schule vorsehe. Das Staatsgesetz sehe auch keine Erhöhung der Stundenzahl vor. Die Landesregierung plädierte dafür, die Verabschiedung des Staatsgesetzes abzuwarten und dann die Anpassung vorzunehmen. Die italienische Schule z.B. hätte wegen Lehrermangels Schwierigkeiten, ein neues Fach einzuführen. Derzeit gebe es einzelne Projekte etwa zu Rechtsstaatlichkeit, Cybermobbing u.a. Der staatliche Gesetzentwurf sehe einen Unterricht mit Benotung vor, egal, ob fächerübergreifend oder nicht, replizierte das Team Köllensperger. Man könne den Antrag vertagen, aber nicht allzu lange, denn man wisse nicht, wann das Staatsgesetz komme und ob die Regierung noch so lange halte. Die Behandlung des Antrags wurde vertagt.
Beschlussantrag Nr. 81/19: Bürgereinkommen (eingebracht von der Demokratischen Partei am 02.04.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1) den Artikel 16 Absatz 4 des Dekrets des Landeshauptmannes Nr. 30/2000 insofern abzuändern, als folgende Wörter gestrichen werden: „Dies gilt auch dann, wenn der Antrag noch nicht bearbeitet wurde oder wenn sie die Leistung bereits beziehen“; 2) für einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr einen Ad-hoc-Schalter in der Michael-Gamper-Straße einzurichten, wo bereits die Ämter der Bereiche Sozialhilfe, Arbeit und Wohnbau angesiedelt sind, die den Begünstigten dabei behilflich sein können, die richtige Wahl zwischen Sozialleistungen des Landes und Bürgereinkommen bzw. Bürgerrente zu treffen.
Die Sozialleistungen des Landes seien besser, könnten aber nicht gleichzeitig mit dem Bürgereinkommen in Anspruch genommen werden, erklärte die Demokratische Partei. Derzeit würden die berechtigten Bürger aber vom INPS direkt informiert, dass die um das Bürgereinkommen ansuchen könnten – was viele auch tun würden, ohne zu wissen, dass sie damit den Anspruch auf die Landesleistungen verlieren. Daher wäre wenigstens für eine Übergangszeit ein Informationsschalter wichtig.
Das Team Köllensperger schlug mit einem Änderungsantrag vor, dass man wenigstens um beides gleichzeitig ansuchen könne. Die zuständigen Ämter würden dann informieren, was günstiger sei. Die SVP meinte, die Aufklärungspflicht liege beim Staat, der das Bürgereinkommen eingeführt habe. Die Dienste der Patronate seien nicht kostenlos, aber da es sich um wenige Fälle handeln dürfte, sollte man die Patronate dafür sensibilisieren.
L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia kritisierte, dass Staat und Land ihre Initiativen nicht miteinander abgesprochen hätten. Der PD-Antrag sei ein Reparaturversuch, aber es sei nicht nachvollziehbar, dass das Land für den Staat einspringen müsse. Die Fünf Sterne Bewegung bezeichnete das Bürgereinkommen als soziale Errungenschaft, die sich von den Sozialleistungen des Landes deutlich unterscheide. Dennoch sei eine Beratung willkommen, denn besonders Bedürftige hätten oft keinen Zugang zu Informationen.
Für Regionen, die bereits Sozialleistungen gewährten, bringe das staatliche Bürgereinkommen zusätzliche Komplexität, bemerkten die Grünen. Die Bürger wüssten oft nicht, dass die beiden Leistungen nicht kumulierbar sind, daher sei der Antrag richtig. Die Landesregierung betonte, dass die Landesleistungen im Schnitt 700 Euro mehr ausmachten als das Bürgereinkommen. Dieses werde die hohe Arbeitslosigkeit in Südtirol nicht beheben. Der Antrag habe ein hehres Anliegen, aber es sei nicht nachvollziehbar, dass das Land einspringen müsse, wenn der Staat etwas einführe, aber nicht imstande sei, es umzusetzen. Die Sozialdienste seien bereits ausgelastet.
Es gehe vor allem darum, den Bürgern entgegenzukommen, replizierte die Demokratische Partei. Viele Bürger liefen Gefahr, den Anspruch auf Zusatzleistungen zu verlieren. Den Sozialdiensten fehle vor allem der klare Auftrag zu dieser Beratung, berichtete das Team Köllensperger, die Bürger würden sich sowieso an sie wenden, wenn es um solche Themen gehe. Der Antrag wurde mit zwölf Ja, 18 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 90/19: Sofortige Rücknahme der Liste der in den Trinkwasserschutzgebieten zugelassenen Pflanzenschutzmittel. Werden wirtschaftliche Interessen über die Gesundheit der Menschen gestellt? Das Image Südtirols als Land mit einer nachhaltigen Landwirtschaft ist angekratzt (eingebracht von L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia am 17.04.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. ihren Beschluss vom 12.3.2019, Nr. 142, mit sofortiger Wirkung aufzuheben; 2. die Liste der Pflanzenschutzmittel, die in den Trinkwasserschutzgebieten angewendet werden können, drastisch zu reduzieren, wobei in den Gebieten, wo Grundwasservorkommen bestehen, aus denen Wasser für die Wasserleitungen entnommen wird, eine absolute Einschränkung eingeführt wird; umgehend einen Dialog mit den Interessenvertretungen der Landwirtschaft, einschließlich der Vertreter der biologischen Landwirtschaft, sowie mit den Umwelt- und Konsumentenvereinigungen in die Wege zu leiten, um über die erforderlichen Maßnahmen im Bereich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere in den Wasserschutzgebieten, zu beraten. Das Landesgesetz erlaube Ausnahmen für Düngemittel und Pestizide auch in Schutzgebieten, erklärte L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia. und kündigte eine Änderung zum Antrag an. Daher sollte die Behandlung auf morgen vertagt werden.