Unterberger zu Beschleunigung der Verfahren

“Bürgerrechte dürfen nicht leiden”

Mittwoch, 18. Januar 2023 | 17:31 Uhr

Rom – “Eine Beschleunigung der Verfahren darf nicht auf Kosten der BürgerInnen und ihrer Rechte gehen. Dieses Risiko besteht nach der Reform der Straf- und Zivilprozessordnung”, so die Präsidentin der Autonomiegruppe Julia Unterberger im Plenarsaal des Senats in der Diskussion mit Minister Nordio über seinen Bericht zur Justiz.

“Im neuen Strafprozess ist die größte Schwachstelle das verfahrensrechtliche Ungeheuer der Nichverfolgbarkeit bei Überschreitung bestimmter Fristen. Ein Institut, das das gesamte Verfahren aufhebt, ohne auch nur die zivilrechtlichen Folgen der Straftat bestehen zu lassen. Jede Verteidigung wird versuchen, dieses Ergebnis zu erreichen. Das Instrument zur Erreichung dieses Ziels sind die verfahrensrechtlichen Einwände. Diese sind leider die Regel im italienischen Strafverfahren. Aus diesem Grund wäre es notwendig, das System der Nichtigkeiten zu überdenken, die sich oft auf rein formale Angelegenheiten beschränken und keinen Bezug zur Substanz mehr haben”, so Unterberger.

“Ein weiterer Fehler bestand darin, eine Reihe von schweren Straftaten nicht mehr von Amtswegen zu verfolgen, sondern den Opfern die Verantwortung zu überlassen, Strafantrag zu erstatten. So als ob diejenigen, denen Unrecht widerfahren ist, immer frei von Drohungen und Einschüchterungen durch diejenigen wären, die ihnen Unrecht getan haben”, heißt es weiter.

Abhörmaßnahmen, so Senatorin Unterberger, seien wichtig, und zwar nicht nur bei schwersten Straftaten. “Um die Würde der Betroffenen zu schützen, sollten nicht die Abhörungen eingeschränkt werden, sondern die Staatsanwälte sollten die Verantwortung dafür übernehmen müssen, was an die Öffentlichkeit gelangt. Das Ermittlungsgeheimnis sollte nicht nur die Ermittlungen, sondern auch die Verdächtigen schützen.”

“Auch der neue Zivilprozess, betonte sie, weist dieselben kritischen Aspekte auf: Mit dem Ziel der Vereinfachung wurde eine Reihe von Ausschlussfristen für die Parteien und ihre Anwälte eingeführt, die das Recht auf Verteidigung ernsthaft beeinträchtigen. Mit dieser Reform wird es in Zukunft weniger Streit darüber geben, wer Recht hat und wer nicht, sondern darüber, wer die Fristen eingehalten hat und wer nicht. Die Gerichte werden mit Anträgen auf Rückversetzung in die Fristen überhäuft werden. Und vor allem wird sich das Grundproblem, dass die Form mehr zählt als der Inhalt, noch weiter verschärfen. Die Hoffnung ist”, so Unterberger abschließend, “dass diese Fehlentwicklungen korrigiert werden und dass wir uns gemeinsam für ein faires Verfahren zum Schutz aller Beteiligten einsetzen können, anstatt uns oberflächlich in Garantisten und Justizialisten aufzuteilen.”

Von: luk

Bezirk: Bozen