Handlungsempfehlungen

Die Rolle der Gemeinden bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit

Mittwoch, 27. Februar 2019 | 17:05 Uhr

Bozen – Ein Team aus Forscherinnen der Eurac Research hat im Auftrag des EVTZ Euregio Tirol Südtirol Trentino eine Studie zur Rolle der Gemeinden bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erstellt. Bei der Tagung “Transnationale alpine Governance und Bürgernähe: Die Rolle von Gemeinden in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino” wurden heute in Bozen Ergebnisse und konkrete Handlungsempfehlungen vorgestellt. Ziel von Studie und Tagung war es, Fragen der Governance (also der Steuerung) an der Schnittstelle zwischen Gemeinden und Europaregion herauszufiltern.

Gemeinden als Baustein des Hauses Europa

Euregio-Generalsekretär Christoph von Ach begrüßte zu Beginn die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung stellvertretend für Landeshauptmann Arno Kompatscher. Die Bereitschaft aller Akteure zu grenzüberschreitendem Austausch mit der Möglichkeit des gegenseitigen Lernens sei eindeutig feststellbar. “Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist das Wesensmerkmal der Europaregion. Aus diesem Grunde sind Forschungen wie die vorliegende Studie zur Alpinen Governance in den Grenzgemeinden der Europaregion von großer Bedeutung für die operative Ausrichtung der Europaregion, denn dadurch sehen wir, wo wir als EVTZ uns verstärkt einbringen müssen, damit die Zusammenarbeit über die Staats-, aber auch die Landesgrenzen hinaus funktionieren kann”, verlas von Ach die Grußworte des Landeshauptmannes.

Roland Psenner, Präsident von Eurac Research, unterstrich aus einem übergeordneten Sichtwinkel heraus die besondere Wechselwirkung zwischen Grenzregionen und Gemeinden, denn Europa sei immer da, wo die Menschen leben. Gemeinden seien Garanten für Bürgernähe und gerade in Grenzregionen Gradmesser und idealer Ort für die Sichtbarkeit des Mehrwertes des europäischen Handelns.

Eurac-Forscherin Alice Engl ging auf die Bedeutung von Grenzregionen für die europäische Integration ein. Immerhin lebe knapp ein Drittel der Bevölkerung der Europäischen Union in Grenzregionen. Die Innengrenzen der Union seien ein wichtiger Baustein der EU-Regionalpolitik, im Zuge derer lokal zugeschnittene, grenzüberschreitende Entwicklungsansätze zunehmend an Bedeutung gewinnen würden.

Handlungsempfehlungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit

Elisabeth Alber, Alice Engl, Greta Klotz und Ingrid Kofler, Forscherinnen der Eurac Research Governance Group, stellten zunächst Hintergrund, Ausgangslage und Ziele sowie im weiteren Tagungsverlauf die Ergebnisse der Studie “Transnationale alpine Governance und Bürgernähe: Die Rolle von Gemeinden in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino” vor. Dabei wurden Themen, Wahrnehmungen, Erwartungen sowie konkrete Ansätze und Projektideen der Zusammenarbeit erhoben und erarbeitet. Sie sollen künftig Denkanstoß sein für eine verstärkte und somit effizientere Zusammenarbeit zwischen Grenzgemeinden und dem Europäischen Verbund Territorialer Zusammenarbeit (EVTZ), aber auch das Potenzial und konkrete Ideen aufzeigen für Projekte zwischen Grenzgemeinden.

Die erarbeiteten Vorschläge sollen sich an beide Akteure der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gleichermaßen richten: an die Grenzgemeinden auf der einen Seite und an die Europaregion auf der anderen Seite. Sie sollten, so die Forscherinnen, auf zwei Schwerpunktbereiche großes Augenmerk legen: auf Information und Sensibilisierung sowie auf Kooperation und Vernetzung. So sollte beispielsweise Austausch und Information zwischen Grenzgemeinden zu Veranstaltungen im Kultur-, Kunst- und Sportbereich gefördert werden, auch die Organisation von Grenzkooperationen zur Sprachförderung in Zusammenarbeit mit Schulen, Kindergärten und Vereinen sollte vorangetrieben werden. Nützlich wären auch die Einrichtung einer Stabstelle für Koordinierung, Dokumentation und Kommunikation bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Gemeinde sowie regelmäßige Infotreffen auf politischer Ebene zwischen den Gemeindeverwaltungen, aber auch zwischen Gemeinden, Europaregion und anderen Akteuren.

Pilotgemeinden der Studie waren die Gemeinden Brenner, Gries am Brenner, Innichen, Mezzocorona, Salurn und Sillian. Rosmarie Burgmann (Bürgermeisterin in Innichen), Franz Kompatscher (Bürgermeister in Brenner) und Roland Lazzeri (Bürgermeister in Salurn) unterstrichen exemplarisch die Bedeutung der Gemeinden und der Bürgernähe bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und sprachen über ihre konkreten Erfahrungen aus der Praxis im Rahmen des Projektes. Unter Einbeziehung der Europaregion, der Gemeindeverbände sowie der CLLD-Interreg-Räte wurde im Rahmen der Studie an einer verstärkten Kooperation gearbeitet. CLLD (community-led local development) bezeichnet den Prozess, wenn Bürger auf partizipative Weise in die Entwicklung notwendiger Maßnahmen zur Bewältigung sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen eingebunden werden.

Die wissenschaftliche Forschungsarbeit wurde von einem Begleitausschuss unterstützt. Diesem gehörten Vertreterinnen und Vertreter der für Interreg zuständigen Landesämter, der CLLD-Interreg-Räte sowie der Gemeindeverbände in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino an. Damit wurde eine enge institutionelle Abstimmung und Einbettung des Projektes in die bestehende Grenzgemeinden-Governance gewährleistet.

Von: luk

Bezirk: Bozen