Von: mk
Brixen – Noch bevor die Untersuchung abgeschlossen war, hat Innenminister Matteo Salvini über eine vermeintliche Vergewaltigung in Brixen auf Twitter gepoltert. Ein 19-jähriger Asylwerber aus Nigeria habe sich an einer Mitarbeiterin an einer Flüchtlingsunterkunft vergangen. Mithilfe seines Dekrets werde der Mann abgeschoben, erklärte der Minister.
Dass Salvini einerseits maßlos übertrieben und andererseits Tatsachen unterschlagen hat, kam bald ans Tageslicht. Weder das Opfer selbst noch die Carabinieri sprechen von einer Vergewaltigung, sondern von einer versuchten sexuellen Belästigung – und der mutmaßliche Täter leidet unter einer schweren psychischen Störung.
Die Nachricht wurde zwar richtiggestellt, doch Salvinis Tweet über die vermeintliche Vergewaltigung erreichte italienweit tausendmal mehr Menschen als die korrigierte Version.
Natürlich darf auch der Versuch einer sexuellen Belästigung nicht vorkommen. Doch dass ein Innenminister aufgebauschte Falschmeldungen in die Welt hinausposaunt, um Ängste zu schüren, klingt irgendwie skandalös, aber auch normal im Zeitalter von Twitter, Trump und Fake News. Längst geht es nicht mehr um Sachpolitik, sondern um Emotionen und jubelnde Massen auf den Plätzen und in den Foren im Internet.
Mitarbeiter im sozialen Bereich fordern gerade nach dem Vorfall in Brixen: Psychisch auffällige Menschen, die als Flüchtlinge ins Land kamen, sollten getrennt untergebracht werden. Warum stellt die aktuelle Regierung nicht dafür Geld zur Verfügung, anstatt Mittel für Flüchtlingsarbeit radikal zu kürzen?
Wäre effizient, klingt aber nicht so populär. Wie sich Matteo Salvini entscheiden wird, erfahren wir dann auf Twitter – oder auch nicht.