Von: luk
Bozen – Roland Turk ging bei seiner heutigen Anhörung vor dem Landtag nur kurz auf den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2019 ein und konzentrierte sich auf die Zeit der Corona-Krise, die überall im Mittelpunkt des Interesses steht. Für das Berichtsjahr sei keine Zunahme der Fälle zu verzeichnen, und das sei ein positives Zeichen. Andere würden mit stets steigenden Fallzahlen punkten wollen, aber diese seien nur ein Zeichen, dass es schlecht um die Verwaltung stehe.
Nun könne man Mittel und Personal mehr für die Verbesserung des Kommunikationswesens einsetzen, anstatt Feuerwehr und Polizei zu spielen. Ein Schwerpunkt werde dabei das Internet sein, bzw. die Unterstützung der Eltern, die ihre Kinder vor dessen Gefahren schützen wollen. Ebenso wolle man die Südtiroler Online-Medien zur Moderation der User-Beiträge bewegen, damit strafbare verbale Attacken unterbleiben. Zur Corona-Krise konnte Turk berichten, dass der Medienkonsum generell angestiegen sei, TV und Radio hätten Rekordeinschaltquoten gehabt. Nun hätten sich die Zuschauerzahlen wieder eingependelt. Enttäuschend hingegen das Ergebnis für die Tageszeitungen: Nicht so sehr die lokalen, aber alle überregionalen Zeitungen hätten im März, als der Lockdown kam, gegenüber dem Vormonat sogar Leser verloren, ganz im Gegensatz zu den digitalen Medien. In Südtirol hätten sich im März und April, der akutesten Corona-Phase, die Zugriffe auf lokale News-Portale auf das Doppelte, ja z. T. auf das Dreifache erhöht. Das Handy werde dabei zum meistgenutzten Gerät.
Die vermehrte Nutzung der digitalen Medien habe aber auch zu einem gesteigerten Angebot an falschen Informationen und Verschwörungstheorien geführt. Es sei schwer, dagegen anzukämpfen, denn die internationalen sozialen Medien ließen sich nicht dreinreden. Trotzdem müsse man es auch auf lokaler Ebene versuchen, etwa durch eine verstärkte Förderung jener Medien, die keine Fake News verbreiten. Die Krise sei Gelegenheit, die bisherige Medienförderung zu überdenken. Qualitätskriterien könnten dabei ein Fact Checking unterstützen und Hassbotschaften unterbinden.
Er sei von der Präsidentenkonferenz der regionalen Medienaufsichtsbehörden zum Referenten für Minderheitenfragen ernannt worden, berichtete Turk, sah aber wenig Hoffnung, die Telekom-Riesen dazu zu bewegen, mit ihren Kunden in ihrer Sprache zu verkehren. Bei Vertragsstreitigkeiten könne der Südtiroler Beirat als Übersetzer einspringen.
Anschließend nutzten die Abgeordneten die Zeit für Anmerkungen und Fragen. Riccardo Dello Sbarba hätte dem Beirat mehr Durchschlagskraft bei Verstößen gegen die Mediengesetze gewünscht, dass er z.B. etwas mehr gegen die Medienkonzentration in dieser Region unternehmen könne – die meisten seien in der Hand der Athesia. Wer eine solche Macht habe, könne auch die Politik steuern. In dem Tätigkeitsbericht vermisse man, gegen welche Medien wegen Falschmeldungen u.a. vorgegangen worden sei.
Wenn man die Rai anschaue, meine man, es gebe nur die Grünen, kritisierte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Journalisten hätten ihre Positionen, das sei in Ordnung, aber manchmal würden sie es übertreiben. Hier könnte der Kommunikationsbeirat aktiver werden. Es gebe auch Onlinemedien, die Artikel kopierten und doch Beiträge bekämen. Zu den Fake News sei nicht ein Oberaufseher sinnvoll, sondern eine mündige Gesellschaft, die sich selbst ihr Urteil bilde. Bei den Onlineforen bemerke man oft Ausdruck von Frustration, oft aber auch Hassbotschaften.
Brigitte Foppa (Grüne) bestätigte dies. Viele Hassbotschaften richteten sich gezielt gegen Frauen. Es brauche keinen Oberlehrer, aber es brauche das Bewusstsein, dass bestimmte Grenzen nicht überschritten werden dürften.
Hanspeter Staffler (Grüne) bezog sich auf das Gesetz zur “Par condicio”, das seinen Sinn habe, aber nur kurz vor den Wahlen gelte, während der Wahlkampf bereits nach den Wahlen beginne. In letzter Zeit habe die Opposition kaum Sendezeit erhalten. Staffler fragte, ob es dazu Untersuchungen gebe.
Jasmin Ladurner (SVP) verwies auf das Medienförderungsgesetz, das verantwortliche Redakteure für User-Beiträge vorsehe, und fragte ob das eingehalten werde.
Magdalena Amhof (SVP) bot an, ihren Beschlussantrag zur Netiquette auszusetzen, um anderen die Möglichkeit zum Mitschreiben zu geben – denn es sei ein stark gefühltes Thema. Für viele Medien zahle es sich aus, die Userbeiträge nicht oder wenig zu moderieren. Amhof machte Turk schließlich ein Kompliment für seine Arbeit.
LH Arno Kompatscher dankte dem Kommunikationsbeirat ebenfalls für seine Arbeit. Auch der Mehrheit sei die Meinungsfreiheit ein wichtiges Anliegen. Die Klarnamenpflicht, die Amhof anrege, sei ein wichtiges Thema, ebenso die Medienfinanzierung, bei der es möglicherweise eine Schieflage gebe. Die Frage sei, wer wofür Unterstützung verdiene. Derzeit würden ein Sockelbeitrag und ein Beitrag nach Reichweite vergeben. Mit dem Sockelbeitrag kämen auch kleine Medien zum Zug, allerdings sei dieser Beitrag oft mehrfach vergeben worden, obwohl es sich um denselben Verlag handle. Hier wolle man nachbessern. Der Entwurf der Landesregierung sei da, sagte Kompatscher und lud die Abgeordneten zu Anmerkungen und Vorschlägen ein, bevor er beschlossen werde.
Medienförderung sei kein leichter Job, da Qualität schwer zu definieren sei, meinte Roland Turk. Es sei aber sinnvoll, die Kleinen zu fördern, denn die Starken könnten alleine stehen. Zu den für die Userbeiträge verantwortlichen Redakteure gebe es ein Verzeichnis, im Zweifelsfall sei der Chefredakteur verantwortlich. Der Beirat könne auch als Ombudsstelle fungieren, wenn die Politik das wünsche. Der öffentliche Rundfunk sei auch außerhalb der “Par Condicio” zur Ausgewogenheit verpflichtet, die Kontrolle darüber sei aber aufwendig und teuer und nur quantitativ. Der Kommunikationsbeirat mache jede Woche Stichprobenkontrollen, aber daraus könne man nicht ablesen, ob der Pluralismus wirklich eingehalten werde. Auch wenn es keinen absolut objektiven Journalisten gebe, so sollte es objektiven Journalismus doch geben. Der Kommunikationsbeirat möchte immer Stellung nehmen, wenn etwas schieflaufe, aber er habe nicht die gesetzlichen Grundlagen dafür. So gebe es in unserer Region durchaus eine Medienkonzentration, aber das Gesetz sehe auf regionaler Ebene nichts vor. Das habe er auch dem zuständigen Staatssekretär gesagt. Der Kommunikationsbeirat sei für Printmedien nicht zuständig, dort müsse man auf die Berufsethik verweisen. Mit dem neuen Gesetz könne man wahrscheinlich besser agieren.