Von: mk
Bozen – Im Beisein von Landtagspräsident Josef Noggler und AFI-Präsident Dieter Mayr wurde im Südtiroler Landtag der vom Arbeitsförderungsinstitut AFI im Auftrag der Gleichstellungsrätin der Autonomen Provinz Bozen Michela Morandini erarbeitete Bericht über die Beschäftigungssituation von Frauen und Männern in Südtiroler Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten für den Zweijahreszeitraum 2018-2019 vorgestellt. „Zu den vorrangigen Prinzipien der Demokratie gehören gleiche Rechte und gleiche Chancen“, so Präsident Josef Noggler, „wir wissen aber, dass hier Prinzip und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Frauen haben auf dem Papier vielleicht die gleichen Rechte, aber nicht die gleichen Chancen auf einen festen Arbeitsplatz, auf Karriere, auf gleiches Gehalt.“
Wie im Art. 46 des Gesetzesdekretes 198/2006, dem Kodex der Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, vorgeschrieben, veröffentlicht die Gleichstellungsrätin, ausgehend von den Daten, die ihr die Unternehmer und Unternehmerinnen per Gesetz zur Verfügung stellen müssen, alle zwei Jahre einen Bericht über die Beschäftigungssituation von Frauen in Südtiroler Großunternehmen. Im Jahr 2020 waren es 156 Unternehmen, die Daten für den Zweijahreszeitraum 2018/2019 in Bezug auf Mitarbeiterzusammensetzung, Einstellung und Austritt, Berufskennzahlen, Vertragsformen und Ausbildung in Unternehmen zur Verfügung stellten.
“Bei der Analyse der Daten, die die Unternehmen zu den Arbeitsbedingungen und den Merkmalen der Beschäftigung von Männern und Frauen in ihren über 100 Betrieben zur Verfügung gestellt haben, zeigt sich für die Jahre 2018 und 2019 ein Bild, das sich nicht so sehr von dem der vorangegangenen Zweijahreszeiträume unterscheidet”, sagt AFI-Präsident Dieter Mayr. Im verarbeitenden Gewerbe beispielsweise liegt der Frauenanteil bei nur 25,0 Prozent, während er im privaten Gesundheits- und Sozialwesen 67,7 Prozent beträgt.
Somit besteht weiterhin eine starke horizontale Segregation, da in vielen Sektoren, vor allem in denen, die als “typisch männlich” gelten, der Anteil weiblicher Beschäftigter gering bleibt. Darüber hinaus gibt es nach wie vor eine gläserne Decke, die Frauen den Zugang zu Führungspositionen vor allem aufgrund familiärer Verpflichtungen verwehrt. Die Vereinbarkeit Familie und Beruf betrifft immer noch überwiegend Frauen, so dass nur 9,7 Prozent der Führungskräfte in den befragten Unternehmen Frauen sind.
Frauen sind auch zu einem höheren Anteil als ihre männlichen Kollegen von befristeten Arbeitsverhältnissen betroffen. “Wenn wir uns die Stabilität der Arbeitsplätze ansehen, müssen wir leider feststellen, dass befristete Arbeitsverhältnisse immer noch sehr stark von Frauen besetzt sind. 18,7 Prozent der Arbeitnehmerinnen in den 156 antwortenden Unternehmen sind befristet angestellt, verglichen mit 11,7 Prozent der Männer. Beförderungen betreffen weiterhin überwiegend Männer und nur in 35,6 Prozent der Fälle Frauen”, sagt die stellvertretende AFI-Direktorin Silvia Vogliotti.
Auch was die Arbeit in Teilzeit betrifft, ist ist ein Instrument, das Frauen nutzen, um Familie und Beruf zu vereinbaren, und stellen nach wie vor die Mehrheit der Beschäftigten in Teilzeitarbeitsverhältnissen (84,1 Prozent im Vergleich zu 15,9 Prozent der Männer).
Immer noch wenige Väter in Elternzeit, aber viele Männer in Ausbildung
“Auch im Hinblick auf die fakultative Elternzeit für Väter hat sich wenig geändert”, betont AFI-Praktikantin Gaia Peressini. “Die Elternzeit wird in 92,2 Prozent der Fälle von Müttern und nur in den restlichen 7,8 Prozent von Vätern beantragt”. In diesem Bereich gibt es noch viel zu tun, auch in kultureller Hinsicht.
Die Umfrage zeigt auch, dass Männer 76,4 Prozent der Fortbildungsangebote in Anspruch nahmen, während nur 33,6 Prozent der Frauen Fortbildungsangebote besuchten. Im Schnitt nahmen Männer mehr als sechs Stunden Fortbildung in Anspruch, Arbeitnehmerinnen nur halb so viele (dreu Stunden).
Schlussfolgerungen und Forderungen zur Gleichstellung
Gleichstellungrätin Michela Morandini weist darauf hin, dass sich die Beschäftigungssituation von Frauen in den letzten Jahren nicht verbessert hat, wie die Daten des vorgestellten Berichts zeigen.
„Zunächst ist ein Kulturwandel erforderlich, um Geschlechterstereotype, sowie direkter und indirekter Diskriminierung in der Arbeitswelt entgegenzuwirken. Dies kann nur durch eine aktive Arbeitspolitik realisiert werden, die auf die Bedürfnisse von Familien und den sozialen Kontext, in dem wir leben, berücksichtigt“, so Gleichstellungsrätin Morandini.