Pöder sieht bei Museen einen Wildwuchs

Gesetzentwurf zu Museen und Sammlungen: Generaldebatte

Freitag, 09. Juni 2017 | 12:47 Uhr

 

Bozen – Heute Morgen wurde die Generaldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 122/17: Landesgesetz über die Museen und Sammlungen (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag des Landesrates Mussner) aufgenommen.

Das Thema Museen hänge mit Südtirol ursächlich zusammen, meinte Hans Heiss (Grüne). Das Südtiroler Museumswesen sei eine Erfolgsgeschichte, das sich aus einer bescheidenen Situation entwickelt habe, wie es auch der der ehemalige Museumsdirektor Griesmair beschrieben haben. Inzwischen gebe es zehn Landesmuseen und weitere in Warteschleife wie die Kreutzer-Sammlung. Dazu komme eine breite Szene von privaten, kirchlichen und Gemeindemuseen. Die Besucherzahlen seien mit 1,5 Mio. beeindruckend, 835.000 davon in den Landesmuseen. Diese hätten auch innovative Impulse gezeigt. Museen hätten nicht nur zu verwahren, sie seien Forschungsgrundlage und hätten auch einen Bildungsauftrag, auch gegenüber Migranten, die so das Land besser kennen lernen könnten. Sie würden auch ein Bild von Südtirol für die vielen Besucher des Landes bieten. Mit diesem Gesetz werde diese wichtige Rolle aber nicht angemessen gewürdigt, man vermisse etwa den Verweis auf die Aufgaben der Museen gerade in einer Mediengesellschaft. Die Museen seien finanziell nicht schlecht ausgestattet, aber für die Zukunft könnte es angesichts der Aufgaben mehr sein. Das Trentino gebe mehr aus, und das bei geringerem Besucherstand, dort gebe es annähernd doppelt so viele Mitarbeiter. Zu stärken wäre auch die Rolle der Führungspositionen, vor allem des mittleren Managements, während der Gesetzentwurf eher auf vertikale Hierarchie setze. Die personelle Schwäche sei ein Erbe der Ära Magnago, in der dies so gewollt war. Vor allem die Italiener seien unterrepräsentiert, einige sollten Landesmuseen italienisch geführt werden, zugunsten des Gesamtbilds. Wesentlich wäre eine Strategie für die Zukunft, hier gebe es mehrere offene Baustellen. Wein- und Jagdmuseum etwa würden konstant an Anziehungskraft verlieren. Auch die Rolle der Franzensfeste sei zu überlegen. Heiss regte in Anlehnung an Nordtirol auch einen Migrationsschwerpunkt an.

In diesem Sektor habe sich vieles positiv entwickelt, meinte auch Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Rolle der Museen habe sich heute aber geändert. Gerade in der Forschungstätigkeit gäbe es noch Potenzial, etwa mit der Digitalisierung. Das Innsbrucker Landesarchiv habe z.B. längst die Digitalisierung der Pfarrmatrikel vorgenommen. Die Rolle der Museen sei zu wichtig, um sie auf die Führungsebene zu reduzieren oder sie nach Proporz aufzuteilen. Es falle auf, dass es kein Museum der Italiener gebe, in dem sie ihre Geschichte darstellen könnten. Ein Führungsproporz sei nicht sinnvoll. Vieles sei in den letzten Jahren verloren gegangen, ohne es museal zu retten, etwa die Pionierleistungen zur technischen Erschließung der Berge, die ersten Seilbahnen usw. Dafür würde sich die Franzensfeste anbieten. Ebenso wären der I. Weltkrieg und die faschistische Zeit aufzuarbeiten, dort könnte man auch die faschistischen Relikte unterzubringen, anstatt sie unkommentiert stehen zu lassen. Knoll regte an, die lange Nacht der Museen mit Nordtirol zu koordinieren und ein gemeinsames Ticket zu ermöglichen.

Tamara Oberhofer (Freiheitliche) bedauerte, dass zum Gesetz keine Anhörung von Fachleuten möglich war. Es sei gut, dass Südtirol in diesem Bereich die primäre Zuständigkeit habe. Das Interesse für die Museen sei gestiegen, unter Einheimischen wie Gästen, es sei auch durch geeignete Kampagnen und Initiativen verstärkt worden. Die Landesmuseen hätten eine unterstützende Wirkung für unsere Identität und für das Bild nach außen. Es sei ein gut formuliertes Gesetz, lasse aber vielleicht zu viel Spielraum. Die Landesfinanzierung sei großzügig, aber die Museen müssten sich auch um eigene Einnahmen kümmern, die derzeit bei 32 Prozent lägen. Erfreulich sei der Stellenwert der Forschung in diesem Gesetz, auch damit könne man junge Köpfe wieder zurück ins Land locken.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) erinnerte an seine Kindheitstage, in denen das Museum als didaktische Sammlung erlebt wurde. Heute seien die Museen zum Erlebnis geworden, was das Land auch korrekt erkannt habe. Heute gebe es viel mehr Museen, und sie seien auch Veranstaltungsorte geworden und Treffpunkte. Die Museen stellten ein Land dar, insofern fehle der Südtiroler Museumslandschaft die Vielfalt, wenn fast ausschließlich die Geschichte von nur zwei Sprachgruppen dargestellt würde. Die Kultur müsse in diesem Land einen besonderen Stellenwert haben, und sie könne nicht hauptsächlich Aufgabe eines einzigen Assessorats sein. Wenn die Führung der zehn Landesmuseen nur in deutscher und ladinischer Hand sei, wenn die Italiener nur zehn Prozent des gesamten Personals stellten, dann entstehe ein schiefes Bild, vor allem bei jenen Museen wie Schloss Tirol, in denen die ganze Landesgeschichte dargestellt werde. Ein eigenes italienisches Museum sei hier wenig hilfreich.

Andreas Pöder (BürgerUnion) stellte bei den Museen auch einen gewissen Wildwuchs fest, wenngleich die Museumslandschaft insgesamt hochwertig sei. Es gebe heute ein Museum für fast alles. Einige spontane Ideen wie das Touriseum hätten sich als großer Wurf erwiesen, ebenso sei es so gelungen, für einige Gebäude eine sinnvolle Nutzung zu finden und sie so zu erhalten. Zum Mountain-Museum auf Sigmundskron gebe es geteilte Meinungen, was allerdings gut für das Museum sei. Andere Museen würden gefüllt, indem man Schulklassen zum Besuch verpflichte. In Südtirol seien Museen oft auch eine politische Sache, wie es Urzì gerade vorgeführt habe. Die Führung der Museen sei keine Frage der ethnischen Zugehörigkeit, wichtig sei die Kompetenz. Pöder kritisierte die Zielbestimmung im Gesetzentwurf, laut der die Museen das Land und seine Geschichte aus der Sicht der drei Sprachgruppen darstellten. Historische Tatsachen seien keine Frage der ethnischen Sichtweise, ansonsten sei Manipulation im Spiel. Ein Museum sollte eher darstellen als interpretieren. Der Gesetzentwurf sei ansonsten vernünftig geschrieben.

Magdalena Amhof (SVP) bezeichnete das neue Museumsgesetz als Errungenschaft. Früher sei ein Museum eine Sammlung gewesen, heute sei es ein Erlebnis, und in diese Richtung habe sich Südtirols Museumslandschaft auch entwickelt. Der Gesetzentwurf definiere klar, was Museum und was Sammlung sei, und unterscheide zwischen Landes- und privaten Museen. Wertvoll sei die dreijährige Finanzierung für die größeren Museen, die mehr Planung erlaubten. Auch werde der Museumsbeirat wieder eingeführt, der auch über die Mittelverteilung entscheide. Die Art, wie der Gesetzentwurf entstanden sei, sei beispielgebend für andere Gesetze, es seien die Vorstellungen der Beteiligten eingeflossen.

LR Florian Mussner, der in seiner Replik auf die verschiedenen Beiträge einging, lobte den Einsatz der Freiwilligen in den Südtiroler Museen. Was das Personal der Landesmuseen angehe, so gehe die Entwicklung in die Richtung, die Urzì angemahnt habe. Die Kürzung der Beiträge sei ein Fehler im Haushalt gewesen, die verlorenen 300.000 Euro würden wieder in den Museumsbereich geholt. Die Forschung sei in diesem Bereich sehr wichtig, sie werde sowohl aus dem Betriebsbudget wie aus den verschiedenen Forschungsfonds finanziert. Die Direktoren Andergassen und Kusstatscher würden sich vor allem mit diesem Aspekt beschäftigen. Bezüglich der technischen Kulturgüter verwies Mussner auf den Seilbahnkongress, bei dem der Einsatz des Landes in diesem Bereich allseits gelobt wurde. Eine Kooperation innerhalb der Euregio sei nicht immer leicht, aber man sei bei den Museen auf gutem Wege. Der Ruf nach einer Expertenanhörung sei erst im letzten Moment gekommen, daher sei man darauf nicht mehr eingegangen. Die Digitalisierung habe man bereits vor Jahren in Angriff genommen, und es gebe auch bereits viele Online-Zugriffe. Was den Personalproporz betreffe, so passiere es oft, dass sich bei einem Wettbewerb für die Museen keine Italiener meldeten, etwa für das Bergbaumuseum im Ahrntal – das sei aber auch verständlich angesichts des Einzugsgebiets. Das Museion habe eine italienische Führung, und Mussner erklärte sich bereit, das Thema mit seinem Kollegen Tommasini zu vertiefen. Dieses Museumsgesetz sei auch in Richtung Europa geschrieben worden, es ermögliche Kooperationen in ganz Europa. Die Volksgruppen seien im Museumsbereich alle gleich wichtig, und man wolle sich auch gegenüber anderen öffnen.

Anschließend wurden Tagesordnungen zum Gesetzentwurf behandelt.

Von: luk

Bezirk: Bozen