Von: luk
Bozen – Die Gesundheitsversorgung nahe am Wohnort sowie zu Hause stärken und aufwerten – darauf zielen das heute (30.08) in einer Pressekonferenz im Landhaus 1 in Bozen vorgestellte Planungsdokument für die Weiterentwicklung und Stärkung der Berufe in Allgemeinmedizin und der Kinderärztinnen und -ärzte sowie das Projekt zur Feststellung der Notwendigkeit der gesundheitlichen Hausbetreuung nach Maß ab.
“Je besser die Menschen zu Hause versorgt werden, desto weniger brauchen sie gesundheitliche Versorgung im Krankenhaus”, erklärt Landeshauptmann und Gesundheitslandesrat Arno Kompatscher den eingeschlagenen Weg: “Die Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin und die Kinderärzte freier Wahl sind die ersten Ansprechpartner für Patientinnen und Patienten und sollen zukünftig mehr Unterstützung für ihre Tätigkeiten erhalten.”
Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung stärken
Laut Günther Burger, Direktor des Landesressorts für Gesundheit, soll mit dem Planungsdokument das Netzwerk der wohnortnahen Dienste aufgewertet werden, um Bürgerinnen und Bürger umfassend zu betreuen. Ein weiterer Schwerpunkt seien die Zusammenarbeit zwischen Primärbetreuung, Fachmedizin, Krankenhäusern und Sozialdiensten: “Unser Ziel ist es, das Netzwerk zwischen Allgemeinmedizin und pädiatrischer Grundversorgung sowie den Krankenhäusern und den wohnortnahen Diensten zu stärken. Zu diesem Zweck sollen zukünftig die verschiedenen Gesundheitsberufe in einem multidisziplinären Team zusammenarbeiten, um die Bürgerinnen und Bürger vermehrt nahe am Wohnort zu betreuen.” So soll in Südtirol beispielsweise die Gruppenmedizin, also ein Zusammenschluss mehrerer Allgemeinmediziner und -medizinerinnen unter einem Dach, gestärkt werden. Diese Ärzteteams sollen auch Unterstützung von anderem Gesundheitspersonal, wie Pflegepersonal oder Psychologen, und vor allem administrative Hilfe von Sekretariatsmitarbeitenden erhalten. Eine engere Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern soll zudem zu einer verbesserten Angemessenheit von Verschreibungen für Facharztvisiten beitragen.
Grundlage für neue Landeszusatzverträge
Das Planungsdokument dient nun als Grundlage für die Ausarbeitung der neuen Landeszusatzverträge in Allgemeinmedizin und für Kinderärztinnen und -ärzte freier Wahl. So sind darin auch verschiedene Maßnahmen im Bereich Pädiatrie definiert. Rosalba Leuzzi, Generalsekretärin der Gewerkschaft der Kinderärztinnen und -ärzte freier Wahl (Fimp), erläuterte diesbezüglich: “Eines der prioritären Handlungsfelder für uns Kinderärztinnen und -ärzte ist es, die Durchimpfungsrate bei Kindern zu steigern. Südtirol liegt im italienweiten Durchschnitt noch im Schlussfeld. Hier möchten wir gemeinsam mit dem Gesundheitsbetrieb verstärkt Impfkampagnen organisieren und Aufklärungsarbeit betreiben.”
Immer mehr ältere Personen zu betreuen
Neben der Gesundheitsversorgung und Präventionsarbeit für die jüngsten Bürgerinnen und Bürger, geht es im Planungsdokument insbesondere um die gesundheitliche Betreuung der steigenden Anzahl von älteren Personen. So soll die integrierte Hausbetreuung ausgebaut werden. “Ältere Personen, die nicht mehr selbstständig leben können, werden im Rahmen der integrierten Hausbetreuung von einem multidisziplinären Team zu Hause betreut”, führt Simon Kostner, Pressesprecher der Gewerkschaft Snami, aus. “Damit können Patientinnen und Patienten rundum versorgt und somit Krankenhauszugänge reduziert werden. Um genau jene Personen zu erfassen, die eine integrierte Hausbetreuung in Anspruch nehmen könnten, starten wir im September 2023 ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Allgemeinmedizin.”
Giuliano Piccoliori, wissenschaftlicher Leiter am Institut für Allgemeinmedizin, erklärt: “Im Rahmen des Projektes werden alle über 74-Jährigen von ihrem Hausarzt oder ihrer Hausärztin eingeladen. Gemeinsam werden zwei Fragebögen ausgefüllt. Sie geben Auskunft darüber, ob der Patient gebrechlich (fragil) ist und eventuell eine integrierte Hausbetreuung vonnöten ist.”
Laut Schätzungen von Fabio Salvio, Allgemeinmediziner und Mitglied der Gewerkschaft Fimmg, werden bei etwa 40.000 Personen über 74 Jahren, welche aktuell in Südtirol leben, in etwa 5600 bis 8400 für eine integrierte Hausbetreuung in Frage kommen. “Als Hausärztinnen und Hausärzte unterstützen wir dieses Projekt. Wir haben dadurch ein Werkzeug in der Hand, mit dem wir Personen, welche dringende Unterstützung brauchen, in systematischer Art und Weise in die integrierte Hausbetreuung einbinden können”, fügt Salvio hinzu.
Für das Projekt, das vom Land und mit Geldern des nationalen Wiederaufbaufonds (Pnrr) finanziert wird, stehen um die drei Millionen Euro bereit. Auch für Pflegedirektorin Marianne Siller sind dies Schritte in die richtige Richtung: “Das Zusammenspiel von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Personal der rehabilitativen Berufe sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialen ist für die Versorgung von Patientinnen und Patienten am Wohnort enorm wichtig. Damit können wir sicherstellen, dass es eine Kontinuität in der Versorgung gibt und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung verbessern.”