Landestourismusentwicklungskonzept

Heimatpfleger: “Striktes Nein der Pustertaler Bürgermeister verkennt Ernst der Lage”

Mittwoch, 16. Februar 2022 | 11:52 Uhr

Bozen – Die Bürgermeister des Pustertals haben in einem Offenen Brief an die Landesregierung und Tourismuslandesrat Arnold Schuler Stellung gegen das im Dezember verabschiedete Landestourismusentwicklungskonzept (LTEK) bezogen. Das LTEK enge die Entwicklung von Betrieben, zumal kleiner Familienunternehmen zu stark ein und gewähre entwicklungsschwachen Gebieten kaum Spielraum. Zudem seien sie allzu spät über das vor gut zwei Monaten verabschiedete Konzept informiert worden. Der Heimatpflegeverband sieht das anders: „Abgesehen davon, dass das Konzept noch ohne Durchführungsbestimmungen und damit ohne wirksame Bindewirkung ist, verkennen die Pusterer Bürgermeister und andere Kritiker des LTEK leider die Notwendigkeit, die touristische Entwicklung nachdrücklich zu steuern und zu zügeln.“

Der Verband weist auf mehrere Punkte hin die im Wortlaut aufgezählt werden:

1. Südtirols Nächtigungen sind 2009 bis 2019 von 28,08 auf 33,68 Mio. gewachsen, also um knapp 20%. Die Zahl der gastgewerblichen und nicht gastgewerblichen Betten hält Ende 2021 bei über 229.000. Die verkürzte Aufenthaltsdauer der Gäste macht sich in einer zunehmenden Verkehrslawine bemerkbar. Sie ist im Pustertal und anderen Südtiroler Gemeinden nicht der Straßenführung zuzuschreiben, sondern dem neben dem einheimischen Aufkommen überbordenden Individualtourismus.

2. Das LTEK sieht zwar eine Bettenobergrenze vor, bereits genehmigte Projekte können aber trotzdem realisiert werden, was Tausende weiterer Betten entspricht. Bei Betriebsauflösungen, die relativ häufig sind, werden frei werdende Betten strukturschwachen Gebieten zugewiesen. Das LTEK sieht also flexible Grenzen vor, ist aber von einem „Bettenstopp“ weit entfernt.

3. Die Kritiker des LTEKs verschwenden kein Wort auf die Notwendigkeit, den Tourismus Südtirols endlich klimagerecht und ressourcenschonend zu gestalten. Tourismus ist laut EURAC-Studie für ca. 18% der CO-2-Emissionen verantwortlich, die Emissionen pro Gast sind bei weitem zu hoch. Der Wasserverbrauch sprengt oft jede Vorstellung, nicht nur in Tourismushochburgen wie Kastelruth oder Hafling generiert Tourismus akuten Wassermangel.

4. Der Landschaftsverbrauch durch Hotelneubauten ist den Bürgermeistern leider keine Zeile Wert, obwohl die touristische Zersiedlung an vielen Stellen Südtirols Grundlagen, Natur und Landschaft angreift.

5. Wir erwarten von den Bürgermeistern, die nicht nur das Gastgewerbe, sondern alle Bürgerinnen und Bürger vertreten, eine eingehende Diskussion über Folgen und Möglichkeiten der Eindämmung des bis 2019 heiß gelaufenen Tourismus. Der Tunnelblick auf einen vermeintlichen Bettenstopp verdeckt das Kernproblem von Südtirols Tourismus – die notwendige Eindämmung. Sie ist im Hinblick auf Landschaft und Natur, auf das Klima, auf die Lebensqualität der Südtiroler und nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Arbeitskräfte ein Gebot der Zukunft.

„Ohne breiten Diskussionsansatz, den das LTEK zumindest versucht, greifen Vorstöße wie jene der Bürgermeister viel zu kurz“, erklärt der Verband in einer Aussendung.

Von: mk

Bezirk: Pustertal