Arbeit im Landtag geht weiter

Kollektivvertragsverhandlungen und Altersarmut

Donnerstag, 07. März 2024 | 12:09 Uhr

Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden am Vormittag Anträge von Team K (Einrichtung ständiger Verhandlungstische für Kollektivvertragsverhandlungen) und Freier Fraktion u.a. (Maßnahmen gegen die Altersarmut in Südtirol: 1.000 Euro Grundrente und Landesinflationsanpassung) behandelt.

Am heutigen Donnerstagvormittag (7. März) wurde die März-Plenarsitzung des Landtages mit der Behandlung des Beschlussantrags Nr. 5/23 Einrichtung ständiger Verhandlungstische für Kollektivvertragsverhandlungen (eingebracht von den Abg. Rieder, Köllensperger, Ploner F. und Ploner A. am 06.12.2023) fortgesetzt: Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. für die Kollektivvertragsverhandlungen auf bereichsübergreifender Ebene einen ständigen Verhandlungstisch einzurichten, mit der Verpflichtung die Frequenz der Treffen so anzulegen, dass der termingerechte Abschluss des BÜKV gewährleistet ist; 2. für die Kollektivverträge auf Bereichs- und auf dezentraler Ebene, die seit Jahren ausständig sind, einen verbindlichen Verhandlungskalender festzulegen, um diese zum Abschluss zu bringen.

Maria Elisabeth Rieder (Team K), Erstunterzeichnerin des Antrags, unterstrich bei der Präsentation des Antrags u.a., dass sich die Kollektivvertragsverhandlungen für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst stets in die Länge zögen – es sei wichtig, die Zeiten zu verkürzen. Kritik übte sie auch an den sogenannten “una tantum”-Zahlungen.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte u.a., dass der Antrag in der Thematik bereits öfter im Landtag diskutiert worden sei. Ein gerechter Lohn sei wichtig, doch die Löhne in Südtirol seien im Vergleich zu umliegenden Regionen sehr viel geringer. In diese Regionen wanderten die jungen Südtiroler ab, das hänge nicht nur mit den Löhnen, sondern auch mit den hohen Lebenshaltungs- und Wohnkosten in Südtirol zusammen. Man müsse aber auch anerkennen, dass viele Unternehmen in Südtirol nicht höhere Löhne bezahlen könnten. Es bräuchte eine Steuerautonomie, doch in diesem Bereich sei in den vergangenen Jahrzehnten nichts weitergegangen. Man werde diesen Antrag unterstützen.

In ihrer Stellungnahme sagte LRin Magdalena Amhof u.a., es sei gelungen, einen Kalender zu definieren, laut dem Vertragsverhandlungen stattfinden. Die aus drei Personen bestehende Verhandlungsagentur trete in den Verhandlungen als Vertretung des Landes auf. Der festgelegte Verhandlungstag seien die Dienstage. Man habe sich mit den Gewerkschaften darauf geeinigt, dass 2024 regelmäßig 2-mal monatlich Treffen zum bereichsübergreifenden Tarifvertrag feststellen; für die verschiedenen Teilverträge gebe es eigene Treffen, auch die Termine dafür seien zum Teil bereits festgelegt. Die Priorität hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verkehrsmeldezentrale, dann ginge es um die Landesmuseen und um die Journalistinnen und Journalisten. Sie habe von den Vertretern der Gewerkschaften gehört, dass ihnen diese Vorgehensweise gut passe. Die Verhandlungsagentur sei in ihrer Tätigkeit unabhängig, Prioritäten und Ziele gebe jedoch die Landesregierung vor. Zum Grundgehalt der Landesbediensteten sei im Koalitionsvertrag eine Überprüfung vorgesehen. Man wolle insbesondere am Einstiegsgehalt arbeiten. Wenn sie, so Amhof, die Vertragsagentur als Kompetenz übertragen bekomme, werde sie das eine oder andere Mal an den Kollektivvertragsverhandlungen teilnehmen. Man lehne den Antrag ab.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) betonte in ihrer Replik u.a., dass die Erhöhung des Grundgehaltes wesentlich sei, weil sonst die öffentliche Hand keine Mitarbeiter mehr finden werde. Im Sanitätsbetrieb dürfe man die Berufsgruppen nicht gegeneinander ausspielen; es brauche alle, damit der Betrieb laufe – man müsse darauf achten, wie man gesamt die Verträge verhandle.

Der Beschlussantrag Nr. 5/23 Einrichtung ständiger Verhandlungstische für Kollektivvertragsverhandlungen wurde mit 16 Ja und 18 Nein abgelehnt.

Es wurde dann die gestern vertagte Behandlung des Beschlussantrags Nr. 1/23 Maßnahmen gegen die Altersarmut in Südtirol: 1.000 Euro Grundrente und Landesinflationsanpassung (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 14.11.2023; Ersetzungsantrag vom 29.11.2023; Änderungsantrag zum Ersetzungsantrag vom 07.03.2024, Erstunterzeichnerin LRin Pamer, mitunterzeichnet von Leiter Reber) fortgesetzt: Mit einem Änderungsantrag zum Ersetzungsantrag (Erstunterzeichnerin LRin Pamer, mitunterzeichnet von Leiter Reber) wurden nach den Punkten 1 und 2 im beschließenden Teil die folgenden Punkte hinzugefügt: 3. das derzeit bestehende Förder- und Beitragssystem, mit dem Ziel, eine Grundsicherung für Südtiroler Rentenberechtigte zu garantieren, zu überprüfen. Dies bedingt, dass eventuelle Anpassungen zur Garantie der Grundsicherung folgen. Dies mit dem Ziel einer ganzheitlichen Betrachtung der Altersarmut und zielgerichtete Interventionen zu garantieren; 4. bei den zuständigen Ministerien und beim INPS/NIFS zu intervenieren, damit wesentliche finanzielle Unterstützungsleistungen, d. h. die finanziellen Sozialhilfemaßnahmen, welche im Rahmen der Autonomie und aufgrund der erhöhten Lebens-kosten in Südtirol mit Landesgelder finanziert werden, bei den Pensionen und Renten grundsätzlich nicht als Einkommen berechnet werden.

Nach einer Diskussion, wem der Beschlussantrag nach dem Austritt des Einbringers Andreas Leiter Reber aus der Fraktion “Die Freiheitlichen” und der Neugründung der “Freien Fraktion” zuzuordnen sei – der Freien Fraktion oder den Freiheitlichen, ergriff Rosemarie Pamer (SVP) als Erstunterzeichnerin des Änderungsantrags zum Ersetzungsantrag das Wort. Sie unterstrich u.a. die Wichtigkeit des Themas und dass Sozialpolitik keine Gießkannenpolitik sein dürfe, sie wolle soziale Maßnahmen abstimmen. Das Thema müsse aus einer umfassenden Perspektive betrachtet werden und müsse gerecht sein, v.a. gegenüber den jungen Menschen im Land.

Waltraud Deeg (SVP) sagte u.a., jedem im Raum sei bewusst, wie ungerecht es in einer Gesellschaft sei, wenn v.a. ältere Frauen im Alter mit dem Geld nicht bis ans Monatsende kommen. Es sei gut, dass man heute “hier” ein gemeinsames Zeichen zum Thema Altersarmut setze und diese gemeinsam angehen wolle. Die Abgeordnete erinnerte dann an einige Maßnahmen, die in der jüngeren Vergangenheit für den Bereich gesetzt wurden. Man habe jedoch noch einen Nachholbedarf, wo es um die Absicherung der Pflegezeiten gehe.

Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) erklärte u.a., dass mit LRin Pamer die Ergänzung des Antrags um die Punkte 3 und 4 ausgemacht war. In den Punkten 1 und 2 gehe es noch um die 1.000 Euro. Er sei heute früh bereits von mehreren Personen kontaktiert worden, die unterstrichen hätten, wie schwer sie sich täten. Es sei wichtig, dass alle Möglichkeiten genutzt würden, die es gibt. Viele wüssten gar nicht, welche Möglichkeiten sie hätten, weil sie keine Informationen dazu hätten.
Josef Noggler (SVP) sagte u.a., dass für ihn noch nicht klar sei, ob der Antrag angenommen oder nicht angenommen werde. Er wolle Punkt 1 zustimmen, der bereits oft und lange besprochen worden sei. Auch die beiden dazugekommenen Punkte seien bereits mehrmals diskutiert werden, auch diesen wolle er zustimmen. LRin Mair, Mitunterzeichnerin des Antrags, habe gestern gesagt, sie trage den Antrag nicht mit, dabei habe sie seit 2014 acht politische Akte in diese Richtung gemacht.
Ulli Mair (Freiheitliche) erkundigte sich, was das Ansinnen des Kollegen Noggler sei – sie habe gestern deutlich ihre schwierige Situation erklärt. Das Thema und das Ansinnen sei allen in der Mehrheit bewusst, man bemühe sich, Lösungen zu finden. Sie verbitte sich das Verhalten Nogglers.

Er werde den Antrag unterstützen, es sei aber nicht so einfach, so Christian Bianchi (Uniti per l’Alto Adige – Lega Alto Adige Südtirol), die Renten auf 1.000 Euro anzuheben. Es gebe Menschen, die heute die Mindestrente erhielten, aber in ihrem Leben keinen Euro an Beitrag eingezahlt hätten – das könne aus verschiedenen Gründen so sein, auch wegen einer bewussten Entscheidung. Er sei dafür, dass man genau festlege, welche Personen, welche Sparten effektiv diese Hilfe bräuchten. Es wäre aber falsch, dass all jene, die jetzt einige Hundert Euro an Pension beziehen, dann 1.000 Euro erhielten.

LRin Rosemarie Pamer erklärte in ihrer Stellungnahme u.a., dass es klar sei, dass die Lebenshaltungskosten in Südtirol sehr viel höher seien als in anderen Regionen, deshalb sei auch der Beitrag für Wohnungsnebenkosten für Rentner eingeführt worden. Die Beträge für diese Leistung seien im Oktober 2023 um etwa 30 Prozent erhöht worden. Die Diskussion um die Anhebung der Renten sei bereits mehrmals geführt worden; auf technischer Ebene sei aber immer wieder aufgezeigt worden, dass eine einfache Aufstockung nicht möglich sei, weil dadurch ein Teil der staatlichen Leistung verloren ginge. Deshalb sei damals der Beitrag für die Wohnungsnebenkosten als Mittel gewählt worden. Bevor man die Kriterien ändere und den Beitrag für Wohnungsnebenkosten erhöhe, erscheine es sinnvoll, beim zuständigen Ministerium und dem INPS zu intervenieren bzw. mit diesen zu verhandeln. Eine Möglichkeit könnte die Einführung einer Leistung “Landesinflationsanpassung für Rentner” sein. Die Punkte 1 und 2 des Beschlussantrags könne sie nicht annehmen, den Punkten 3 und 4 könne sie zustimmen.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) sagte in seiner Replik u.a., er spreche für das Instrument Beitrag Wohnungsnebenkosten – hier gebe es Möglichkeiten. Es werde mitunter gesagt, dass Maßnahmen nicht treffsicher seien, aber die üblichen Schlauen gebe es immer – das sollte nicht dazu führen, dass man nicht mehr interveniere, um die Situation der Menschen zu verbessern.

Die Prämissen und die einzelnen Punkte des beschließenden Teils des Beschlussantrags Nr. 1/23 Maßnahmen gegen die Altersarmut in Südtirol: 1.000 Euro Grundrente und Landesinflationsanpassung wurden getrennt abgestimmt: Die Prämissen und Punkt 2 wurden jeweils mit 17 Ja, 17 Nein und 1 Enthaltung abgelehnt; angenommen wurden die Punkte 1 (18 Ja, 16 Nein und 1 Enthaltung), 3 und 4 (beide einstimmig mit 35 Ja).

Von: luk

Bezirk: Bozen